Links das Bier und rechts die Fernbedienung

Interaktives Fernsehen für den couch potato

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Nach einer Befragung von Forrester Research wird sich interaktives Fernsehen nur dann wirklich durchsetzen, wenn es an die Gewohnheiten der herkömmlichen Fernsehzuschauer angepaßt wird. "Lazy interactivity" nennt Forrester die Strategie, die für den Fernsehzuschauer mit der kurzen Aufmerksamkeitsspanne und dem schnellen Griff zur Fernbedienung, um bei geringster Langeweile ins nächste Programm zu zappen, angesagt sei.

Faul und zerstreut wie sie sind, werden die herkömmlichen Fernsehzuschauer keineswegs die Strapazen der aktiven Netzbenutzer auf sich nehmen. Ein Web-Surfer gleicht zumindest heute noch keineswegs einem TV-Zapper, der auf dem Sofa lümmelt und mitunter nebenbei etwas anderes macht. Web-Surfer müssen mit neuen Technologien herumspielen wollen, während Fernsehzuschauer Fertiges vorgesetzt haben wollen. Freilich sind mitunter auch beide Seelen in einer Brust und verfolgt man eben zweierlei Interessen. Wer fernsehen will, der kann auch bislang kaum aktiv sein, wenn die Sender denn einmal eingestellt und eventuell der Videorecorder programmiert ist. Das aber müßte ja nicht so bleiben, andererseits will man ja auch gerne einmal "faul" und nicht immer "interaktiv" sein. Schließlich handelt es sich zwei sehr verschiedene Haltungen: interaktiv wird man bestenfalls in ein Geschehen verwickelt, während man zuschauend bestenfalls ein konzentrierter und mitfühlender Beobachter ist. Aber so genau will es denn Forrester ja auch nicht wissen, denn es geht ja um die Chancen der Durchsetzung des interaktiven Fernsehens, das bislang noch keine großen Erfolge vorweisen kann.

Interaktive Angebote müssen, so Forrester, für einen Zuschauer gemacht werden, der die Bierdose in der einen und die Fernbedienung in der anderen Hand hält. Die Fernbedienung - und die leichte Bedienung - sollen denn auch im Mittelpunkt des interaktiven Fernsehens stehen, keineswegs aber das Internetmodell für den Computernutzer. Die interaktiven Fernseher wollen nämlich nur mal schnell einen Knopf auf der Fernbedienung drücken, um sich etwas zu kaufen, ihre Meinung bei einer Umfrage kundzutun oder sich sonst irgendwie klickend zu beteiligen. Gefragt sind also Kleinstanwendungen, die lediglich eine Erweiterung des bisherigen Verhaltens der Couch Potatoes seien und kaum Anstrengung oder Mitdenken erforderlich machen. Durch derartige "Point-and-Click"-Angebote würde das Fernsehen wieder an Attraktivität gewinnen und die weitere Auswanderung vieler Menschen ins Netz verhindern. WebTV und andere Angebote, die Fernsehen auf dem Computer ermöglichen, würden dann keinen andauernden Erfolg haben, wenn das digitale, Zwei-Wege-Fernsehen diese Form "lazy interactivity" ermöglicht. Forrester denkt dabei an kurze Unterbrechungen eines Programms, bei dem der Zuschauer mal kurz klicken darf. Fernsehen könnte also noch nerviger werden, als es bislang schon mit den Unterbrechungen durch Werbung ist.