MH-17-Untersuchung kommt nicht voran
Der niederländische Staatsanwalt weist auf Schwierigkeiten mit ukrainischen und russischen Behörden, fehlende Zeugen und erforderliche Geduld hin
Mit der Aufklärung des Absturzes von MH17 geht es nicht weiter. Das Gemeinsame Internationale Team (JIT), an dem Ermittler aus Australien, Belgien, Malaysia, den Niederlanden und der Ukraine beteiligt sind, hat nun ein neues digitales Magazin über den Stand der Dinge veröffentlicht. Darin heißt es gleich zu Beginn, man könne nicht sagen, wie lange die Ermittlungen noch dauern werden. Dabei waren die vorläufigen Ergebnisse zu dem Schluss gekommen, dass eine Buk-Rakete von dem von den Separatisten kontrollierten Gebiet abgeschossen wurde, das Buk-System sei von Russland gekommen und nach dem Abschuss wieder zurückgebracht worden (Die Separatisten waren es).
Fred Westerbeke, der verantwortliche niederländische Staatsanwalt, und Wilbert Paulissen, Chef der Abteilung Nationale Ermittlungsverfahren bei der niederländischen Polizei, suggerieren in der Einleitung zwar Fortschritte, es lässt sich aber erkennen, dass die Ermittlungen seit geraumer Zeit stagnieren. Man komme langsam, aber stetig voran, man sei im letzten, aber schwierigsten Stadium, wo man ausfindig zu machen suche, wer für den Abschuss verantwortlich ist, heißt es. Aber die Arbeit sei kompliziert, man dürfe auch nicht Informationen über mögliche Verdächtige veröffentlichen, damit sich diese nicht aus dem Staub machen. Man brauche Geduld. 55 Ermittler seien in den Niederlanden und in der Ukraine tätig. Nach dem Sommer werden sich alle beteiligten forensischen Experten treffen, um die bisher ermittelten Ergebnisse zu analysieren und zu interpretieren. Das klingt nicht nach einem Durchbruch. Eigentlich hat sich seit einem Jahr nichts bewegt (Aufklärung über den Abschuss von MH17 steckt im Informationsnebel fest).
Die Suche nach Zeugen, die man 2016 aufgerufen hat, sich zu melden, kommt nicht voran. Es seien Zeugen befragt worden, aber offenbar fehlen "relevante Zeugen". Das Untersuchungsteam sei zudem in der Ukraine behindert, weil man das Absturzgebiet nicht betreten und aktiv nach Zeugen suchen könne. In der Ostukraine sei die Situation durch den Konflikt weiter "schwierig und gefährlich", aber man hoffe darauf, dass reuige Mittäter sich doch noch entscheiden, die Untersuchung zu unterstützen.
Untersucht würden auch weiterhin die vom ukrainischen Geheimdienst abgehörten Telefonanrufe. Aufgerufen wurde dazu, dass sich diejenigen melden sollen, die eine Stimme erkennen. Auch hier scheint es keine nennenswerten Ergebnisse gegeben zu haben. Zudem wird angedeutet, dass die Übermittlung von Gesprächen, die vor dem 17. Juli 2014 abgehört wurden, rechtlich Probleme bereitet, womöglich sind sich die Ermittler auch nicht sicher, wie authentisch die Telefongespräche sind. Ähnliche Probleme gibt es für die Daten zur Lokalisierung der Telefonierenden.
Angeblich sei es den ukrainischen Behörden nicht gestattet, "alle Telekom-Daten mit dem JIT zu teilen", es seien dazu komplexe rechtliche Verfahren notwendig, was vermutlich im Klartext bedeutet, dass die ukrainischen Behörden manche Informationen nicht übermitteln wollen, was man in der NLTimes.nl unverblümt sagt. Die Beteiligung der Ukraine an dem Ermittlungsteam erweist sich als die Bremse, vor der von Anfang an gewarnt wurde. Und nach bald drei Jahren finde man auch noch weitere interessante Informationen im Internet, auch hier wird nicht genannt, was das sein könnte.
Noch immer wird um die russischen Radardaten gestritten (Gemeinsames Ermittlungsteam kann russische Radardaten nicht lesen). Russland hatte im Oktober 2016 Radardaten übergeben, die angeblich belegen würden, dass zur Zeit des Abschusses keine Buk-Rakete zu sehen ist (Was will Russland mit den angeblich gerade gefundenen Radardaten bewirken?). JIT bemängelte aber, dass die Daten nicht im richtigen ASTERIX-Format eingereicht wurden, das von Eurocontrol entwickelt wurde. Bemängelt wird auch, dass die Russen die Daten mit Software und einer Anleitung auf Russisch übergeben hätten. Allein die Übersetzung habe lange gedauert. Man könne zudem aus den Daten nicht erkennen, ob sie vollständig sind, dazu sei ein international akzeptiertes Format wie eben ASTERIX erforderlich.
Wie immer werden die USA außen vorgelassen. Ex-Außenminister Kerry hatte kurz nach dem Abschuss behauptet, die USA hätten Beweise dafür, wer MH17 abgeschossen habe. Die Beweise wurden aber niemals geliefert, was offen lässt, ob Kerry aus taktischen Gründen gelogen hat oder die USA eventuelle Satellitenbilder/ Radardaten nicht herausgeben wollen ("Wir haben die Bilder vom Raketenabschuss").
Für die Ukraine könnte es nun teuer werden. Offenbar wollen sich eine Reihe von Angehörigen von MH-17-Opfern der Klage des Juristen und Luftfahrtexperten Elmar Giemulla anschließen. Er vertritt die Angehörigen der deutschen Opfer vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Ukraine. Das Land hätte angesichts der in der Ostukraine stattfinden Kämpfe und nach dem Abschuss von Militärflugzeugen durch die Rebellen den Luftraum für die zivile Luftfahrt sperren müssen, so die Klage. Giemulla fordert 300 Millionen US-Dollar an Entschädigung, 1 Million mindestens für jedes Opfer. So viel habe die Ukraine verdient, den Luftraum offenzuhalten.