Macron: "Wir brauchen keine neuen Gasverbindungen"

Seite 2: Die größte Flüssiggas-Infrastruktur in ganz Europa

Denn auf der iberischen Halbinsel, vor allem in Spanien, findet sich ein Drittel der Regasifizierungskapazität Europas, etwa 30 Prozent davon allein in Spanien.

"Wir besitzen die größte Flüssiggas-Infrastruktur in ganz Europa", erklärte deshalb stolz Ministerpräsident Sánchez. Er bot Deutschland und anderen Ländern an, eben diese Kapazitäten zu nutzen.

Denn die spanischen Anlagen sind alles andere als ausgelastet. Er bot also die Möglichkeit an, Flüssiggas per Schiff hier anzulanden, um es in das europäische Gasnetz einzuspeisen. Das kann aber, weil es bisher nur zwei kleine Pipelines durch das Baskenland gibt, in großer Menge nicht über die Pyrenäen fließen.

Angelandet wird in Spanien derzeit allerdings besonders viel und umweltschädliches LNG-Frackinggas aus den USA. Das ist sogar noch klimaschädlicher als Kohle ist, weil viel Methan freigesetzt wird, das 120 Mal schädlicher als Co2 ist. Das sollte für Grüne eigentlich eine No-Go-Zone sein, aber da Habeck nun auch beim Atomausstieg umfällt, wundert einen das auch nicht.

Vor Augen halten sollte man sich auch, dass Flüssiggas-Lieferungen über Tanker eine begrenzte Kapazität haben. Dazu dauert die Entladung lange. Für die Entladung eines LNG-Frachters und die Regasifizierung braucht es etwa zwei Wochen. Das ist dann gerade einmal der deutsche Gasbedarf für einen Tag.

Eigentlich würde auch die MidCat-Pipeline nur einen Sinn machen, auch das aber bestenfalls erst in drei Jahren, wenn wieder viel Gas aus Algerien über die zwei bestehenden Pipelines aus Algerien nach Spanien fließt. Doch Spanien hat es sich, mit Unterstützung der grünen Baerbock aus Berlin, mit dem einst größten Gaslieferanten verscherzt.

Man hat sich, gegen das Völkerrecht in der Westsahara-Frage auf die Seite von Marokko geschlagen. Auch dafür wird die zweifelhafte Wasserstoff-Strategie zur grünen Bemäntelung genutzt.

Bis im vergangenen Dezember war noch Algerien der größte Gaslieferant Spaniens. Da Madrid den Algeriern aber ein ums andere Mal vor das Schienbein getreten hat, sogar den Rivalen Marokko nun mit Gas beliefert, droht das Land den Spaniern sogar, den Gashahn völlig abzudrehen.

Längst machen die USA das große Geschäft mit dem umweltschädlichen und teuren LNG-Frackinggas. Absurderweise, angeblich will man sich doch aus der Abhängigkeit von Russland befreien, hat Spanien seine Importe aus Russland zudem massiv gesteigert.

Wurden früher zehn Prozent importiert, waren es im Juni sogar schon fast 25 Prozent. So viel Gas hat Spanien noch nie aus Russland importiert.

Russland ist hinter den USA nun auf den zweiten Rang bei Gaslieferungen vorgerückt. Soll also russisches Gas per Schiff in Spanien angelandet werden, um es in Spanien aufwendig zu regasifizieren, um es dann über die Pyrenäen-Pipeline in Richtung Deutschland zu leiten? Absurder geht kaum, wenn man an die beiden Nord Stream-Pipelines denkt.

Deshalb ist die große Frage, woher das Gas überhaupt kommen soll, dass über MidCat fließen soll. Dass es Wassersstoff nicht sein wird, ist schon geklärt. Es ist dann aber auch die Frage, ob es Sinn macht, weiter an einer Pipeline zu basteln, die frühestens in drei Jahren fertiggestellt werden würde und dann auch für den Transport von Wasserstoff eigentlich ungeeignet ist. Auch deshalb beißen Berlin und Madrid in der Frage in Paris auf Granit.

Die Wirklichkeitsnähe Macrons

Macron sagte kürzlich unmissverständlich vor einem Gespräch mit Bundeskanzler Scholz: "Wir brauchen keine neuen Gasverbindungen." Und man kann einen Fakt nicht bestreiten, den Frankreichs Präsident auf den Tisch gelegt hat. Nicht einmal die beiden kleinen Pipelines über Larrau in den Bergen oder über Biriatu an der Atlantikküste sind ausgelastet.

Macron brachte, anders als die wolkigen Aussagen von Sánchez und Scholz, Wirklichkeitsnähe:

Die Realität ist, dass wir über zwei Pipelines zwischen Frankreich und Spanien verfügen. Die Realität ist auch, dass die sogar in der aktuellen Stress-Situation seit Februar nur zur 53 Prozent ihrer Kapazität genutzt werden.

Emmanuel Macron

Mit Bezug auf Daten aus dem August, merkte Macron auch den Fakt an, dass über diese beiden Pipelines, Frankreich nun sogar wieder Spanien mit Gas beliefert. Das bestätigen auch spanische Medien, die davon berichten, dass die Firmen in dem Land, das angeblich über eine so tolle Gasinfrastruktur verfügt, Gaseinkäufe aus Frankreich über die beiden bestehenden Pipelines verdoppelt haben.

Es werde nun sogar doppelt so viel Gas aus Frankreich importiert wie ein Jahr zuvor, wird mit Daten des Gasnetzbetreibers Enagas berichtet.

Aber es kommt noch besser. Die theoretische Leistung, mit der Gas aus Spanien nach Frankreich und damit nach Deutschland geleitet werden könnte, wurde sogar gerade weiter deutlich gesteigert. In der Grenzstadt Irun hat gerade ein neuer Kompressor den Probebetrieb beendet, wie sogar die spanische Regierung betont hat.

Die Kapazität wurde für die Pipeline Euskadour um 75 Prozent von zwei auf 3,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr gesteigert. Das Gas kann nun schneller und stärker komprimiert durch die Röhre fließen. Insgesamt haben beide Pipelines in Richtung Frankreich nun eine Kapazität von 8,5 Milliarden Kubikmeter.

Angesichts der Tatsache, dass in der Zukunft die Auslastung beider Röhren sogar unter die Marke von 50 Prozent fallen dürfte, stellt sich wahrlich die Frage, ob es nötig und angemessen ist, mit MidCat eine weitere Pipeline zu bauen. Die würde zudem eine nur eher bescheidene Kapazität von gut sieben Milliarden Kubikmeter beisteuern.

Angesichts der Röhrenträume von Scholz und Sánchez stellt Macron auch deren Zeitplan in Frage. Es werde etliche Jahre dauern, bis eine neue Pipeline quer über die Pyrenäen fertig sei, verweist er auf den Widerstand von Umweltschützern.

Deshalb ist es für ihn "absolut falsch", dass über MidCat alsbald die europäischen Gasprobleme gelöst werden könnten. "Ich verstehe das nicht", sagte er. Macron fügte mit Blick auf einen Ausspruch von Charles de Gaulle an: "Ich verstehe nicht, warum wir wie Pyrenäen-Ziegen auf diesem Thema herumspringen müssen, um das Gasproblem zu lösen."

Macron verweist darauf, dass man in Paris bereit sei, alle sinnvollen Netzverbindungen auszubauen. Aber er verweist mit Blick auf MidCat auch darauf, dass eben die Gas-Pipelines nur wenig ausgelastet sind. Wären sie zu 100 Prozent ausgelastet, würde er "Ja" zu der Pyrenäen-Pipeline sagen. Zudem seien aber weder die Gasterminals in Spanien noch die Gaskraftwerke dort ausgelastet.

Letztlich plädiert Frankreich dafür, dass Stromnetz auszubauen, was auch schon geschehen sei, statt aufwendig Gas zu transportieren. Damit argumentiert er allerdings wieder sehr nationalistisch, da im Atomstaat Frankreich oft mit Strom geheizt wird und das Land in diesem Winter ohne große Solidarität aus den Nachbarländern angesichts des altersschwachen Atomparks vor dem Blackout steht, auf den Macron seine Bevölkerung schon einstellt.

Es ist inzwischen ziemlich klar, dass man die vielen kaputten Meiler in Frankreich nicht bis zum Winter ans Netz bringen wird, die unter anderem wegen Korrosion abgeschaltet sind. Der Blackout droht aber sogar, wenn es der EDF gegen alle Voraussagen gelingen würde, alle Meiler wieder in Betrieb zu nehmen.

Denn auch dann würden sie nur bis zu 64 Gigawatt auf die Waage bringen. Als es im Winter im Januar 202 wirklich winterlich kalt wurde, brauchte Frankreich 102 Gigawatt. Diese Lücke ist kaum über die Strom-Solidarität der Nachbarn zu schließen.