"Man kann nur gewinnen, wenn man bereit ist zu verlieren"

Seite 3: Jemand muss gegen die bösen Jungs aufstehen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Stellt sich auch die Frage, ob man den Walfang anders als mit Rammen und ähnlichen aggressiven Methoden bekämpfen und schließlich unterbinden kann?

Peter Brown: Greenpeace folgte jahrelang diesen Walfangschiffen und schoss unzählige Fotos. Nun, das hat Greenpeace viel Geld eingebracht, aber es hat nicht einen einzigen Wal gerettet. Das half nichts. Man muss die bösen Jungs, wie ich sie nenne, konfrontieren oder aber sie werden dich überrennen. Einer muss es einfach tun. In China auf dem Tian'anmen-Platz gab es diesen einen Jugendlichen, der vor dem Panzer nicht auswich. Es gibt diese berühmte Fotografie, die zeigt, wie die Studenten auf dem Platz erschossen werden und ein Jugendlicher blieb vor den Panzern stehen und konnte sie aufhalten. Jemand muss gegen die bösen Jungs aufstehen oder sie werden ewig so weitermachen. Auf den Weltmeeren findet man keine Polizei. Es müsste welche dort sein, aber ist nicht.

Sea Shepherd arbeiten viel mit Freiwilligen. Wie sind diese bei den Aktionen einzusetzen? Braucht man für den Betrieb eines Schiffes auf hoher See nicht auch entsprechend geschultes Personal?

Peter Brown: Zu Beginn arbeiteten wir nur mit Freiwilligen und wir fuhren auf Schiffen, die eigentlich besser verschrottet werden sollten. Schrottkutter, die eigentlich den Hafen nicht verlassen sollten. Wir fuhren mit den Schiffen aber 2000 Meilen auf die Meere hinaus. Lieber fahre ich mit engagierten Freiwilligen als mit irgendwelchen Profis.

Ein Schiff zu steuern, ist keine Hirnchirurgie, wie ich das immer sage. Ich bin gelernter Kameramann und TV-Regisseur. Ich kann ein Schiff steuern und ich lernte auch, wie man es ankert. So wahnsinnig schwer ist das gar nicht. Die Maschinen laufen mit Diesel. Wenn du mit engagierten klugen Leuten zusammenarbeitest, kannst du fast alles erreichen. Seit letztem Jahr bezahlen Sea Shepherd alle Crewmitglieder an Bord. Das war ein Grund, warum ich mich verabschiedete. Ich wollte nicht bezahlt werden und ich denke auch nicht, dass dadurch die Mannschaft besser wurde. Ganz im Gegenteil finde ich, die Crews wurden schlechter. Es gab mehr Beschwerden, die Leute fingen an, mehr zu meckern und zu stöhnen, es gab mehr Leute, die nicht ihren Job erledigten.

Ich wiederhole es nochmals: Wenn du mit einer Mannschaft von engagierten und klugen Leuten arbeitest, kannst du fast alles erreichen. Sea Shepherd wurde die ersten 25 Jahre auf genau diese Weise geführt. Es sind sogar fast 30 Jahre. Seit der "Whale Wars"-TV-Serie floss das Geld, so dass sie anfingen, ihre Mitglieder zu bezahlen.

wir hatten damals keinen Beruf, sondern einen Auftrag, eine Mission

Man braucht das Geld dann wohl auch für die Instandhaltungskosten.

Peter Brown: Vielleicht. Aber wir reparierten die Schiffe selbst. Obwohl eigentlich reparierten wir die kaputten Schiffe gar nicht. (lacht) Damals hofften wir, dass wir nach unseren Aktionen verhaftet würden, so dass sich die Regierungen um unsere Schiffe kümmern mussten. Unsere Schiffe damals kosteten uns praktisch kaum was. Einmal sollten wir, glaube ich, 70.000 Dollar zahlen und ich handelte den Preis auf 30.000 Dollar runter. Wir hatten billiges Essen mit uns.

Mein neuer Dokumentarfilm wird dieses Thema behandeln: In der Vergangenheit konnten wir mit so geringen Mitteln so viel erreichen. Heute haben sie Millionen von Dollar und sie haben weniger Erfolg, weil sie häufig verklagt werden - und sie fürchten den Verlust der Schiffe. Ich wollte damals das Schiff gerne verlieren, denn ich wollte wieder nach Hause gehen. Jeder wollte wieder nach Hause zurückkehren. Es gab keine Planungen, was wir wohl nächstes Jahr veranstalten sollten. Das hört sich doch ganz wie ein Beruf an, aber wir hatten damals keinen Beruf, sondern einen Auftrag, eine Mission.

… für die man wieder viel Zeit und Engagement investieren muss. Ich kann mir vorstellen, dass mit einer Bezahlung auch der Umgang mit der Mission ein anderer wird.

Peter Brown: Aus diesem Grund bin ich ausgestiegen. Ich wäre so was von verärgert, wenn ich die Leute über die Pläne fürs nächste Jahr reden hörte. Für mich gibt es kein nächstes Jahr. Wir befinden uns hier an Ort und Stelle, um sie jetzt aufzuhalten! Ich muss wieder nach Hause. Muss Geld verdienen, weil ich zwei Kinder habe, die beide auf dem College sind. Ich sagte ihnen: Habe keine Zeit, rumzualbern. Nun sind sie aber alle angestellt, so dass sie das ganze Jahr über auf dem Schiff bleiben. Und ich finde, aber das ist meine Meinung, dass sie an Inspiration und Engagement verloren haben, wenn ich das mit der Lage vor 30 Jahren vergleiche. Mein neuer Film behandelt einige dieser Entwicklungen.