Militärisch-Industrieller Exzess: Was Kriege wie in der Ukraine wirklich kosten

Seite 2: Lobbyisten, globale Konfrontation und Sehnsucht zum Tod

Dahinter steckt auch millionenschwerer Lobbyismus. So sind deutsche Rüstungsfirmen mit großen Lobbybüros in Berlin vertreten und halten enge langjährige Beziehungen zu Ministerialbeamten und Abgeordneten, wie das Lobbyregister zeigt. Zudem gibt es den sogenannten "Drehtür-Effekt", bei dem Vertreter von Waffenherstellern in die Politik wechseln und andersherum.

In den USA haben Anwaltskanzleien und PR-Firmen Lobbyarbeit pro bono, also umsonst, für die Ukraine betrieben, während sie gleichzeitig Millionenhonorare von Auftragnehmern des Pentagon erhalten, die wiederum große Gewinne durch den andauernden Krieg in der Ukraine generieren.

Die Pro-Bono-Lobbyisten für die Ukraine in den Vereinigten Staaten profitieren also indirekt von ihren Lobby-Kunden aus der Rüstungsindustrie. Sie arbeiten einerseits daran, die US-Politik auf die Beschaffung von mehr Waffen für Kiew zu lenken, vertreten andererseits aber zugleich auch Waffenhersteller.

Die Kosten der Kriege sind nicht nur humanitär und monetär. Seit der russischen Invasion haben die Falken sowohl in Russland, als auch in den USA und Europa an politischem Einfluss gewonnen.

Innerhalb der Putin-Administration sind Hardliner wie Jewgeni Prigoschin zu treibenden Kräften hinter Wladimir Putins Kriegseskalation geworden. Prigoschin ist bekannt für seine Wagner-Söldnerfirma und die Rekrutierung von Gefängnisinsassen für den Kampf in der Ukraine.

Seine jüngsten Angriffe auf die russische Kriegsführung und Elite zeigen, wie Russlandkenner Anatol Lieven und George Beebe argumentieren, Prigoschins Ambition auf das Präsidentenamt, was zu Kämpfen und Turbulenzen über Moskau hinaus führen könnte.

Auch in den USA und bei den Verbündeten in Europa sind mäßigende Stimmen im politischen Establishment und in den Leitmedien kaum noch zu hören oder werden an den Rand gedrängt.

Während die USA und die Nato in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland führen, bereiten sich US-Militärstrateg:innen und Hardliner in Washington bereits längst auf einen Krieg gegen China vor, befürchtet Danny Haiphong von der Initiative "No Cold War" in seinem Beitrag für die US-amerikanische Nachrichtenplattform Geopolitical Economy.

Ein weiterer Effekt ist die Untergrabung der dringend benötigten internationalen Kooperationen bei Konfliktlösungen und globalen Fragen wie der Klimakrise, Pandemien und fairem Handel.

Seit dem Ukraine-Krieg stehen die Zeichen aber auf Konfrontation. Das betrifft auch den weiter voranschreitenden Vertrauensverlust von Ländern des Globalen Südens gegenüber den westlichen Industriestaaten.

Schließlich sind Kriege ein Sargnagel für die Klimastabilisierung, die noch in diesem Jahrzehnt vollzogen werden muss und buchstäblich über das Schicksal des homo sapiens entscheidet. Zuerst einmal ist das Militär mit seinen Panzern, Kampfjets und Raketen ein großer Emittent von Treibhausgasen, dessen Anteil am weltweiten Ausstoß auf bis zu fünf Prozent geschätzt wird.

Zugleich lenken Kriege die globale Aufmerksamkeit weg von Menschheitsfragen wie dem drohenden Klimakollaps. Und schließlich können die kriegerischen Konflikte, die oft vom Zugang zu Ressourcen wie Öl oder Gas motiviert sind, die Jagd auf fossile Brennstoffe verstärken.

Das ist beim Ukraine-Krieg zu beobachten. Länder, die auf russisches Öl und Gas angewiesen sind, haben im Zuge des Kriegs und der westlichen Sanktionen ihre fossilen Energieimporte diversifiziert, wie die Wissenschaftler:innen des Bulletin of Atomic Scientists feststellen. Was dazu geführt hat, dass Staaten mit fossilen Ressourcen ihre Investments in Erdgas nun erhöhen, anstatt sie wie nötig abzusenken.

In Europa, Nordamerika, Asien, Australien, aber auch vermehrt in Afrika, ist die Suche nach und Förderung von fossilen Energieträgern noch einmal ausgeweitet worden. Insbesondere neue Gasfelder wurden erschlossen, in einer Zeit, in der die Klimakrise und der Klimanotstand eskalieren.

Daher stiegen die Treibhausgas-Emissionen global weiter an. Sie erklommen im letzten Jahr einen neuen Rekordstand, wie auch die Kohlenstoffkonzentration in der Atmosphäre.

In Anbetracht der enormen Kosten von Kriegen, vor allem des laufenden in der Ukraine, sollte es sich von selbst verstehen, so schnell wie möglich einen Weg zu finden, sie zu beruhigen und zu beenden. Das ist nicht leicht, aber weiter machbar. Wenn da nicht die Profite und Profiteure wären sowie jene Regierungen, die Geopolitik über Menschen stellen.

Friedens- und Klimabewegungen, aber auch alle, die über Meinungsmacht verfügen, sollten daher gemeinsam auf die ungeheuren Kosten und Zerstörungen des Kriegs verweisen und ihre Regierungen derart drängen, den Kurs Richtung Diplomatie zu ändern.

Schließlich sind da noch Brasilien und China. Sie könnten mit ihren Verhandlungsangeboten am Ende den Unterschied machen.