Musicnet-Premiere vor US-Kongress

Die Technik ist da, Lizenzprobleme weiterhin ungeklärt

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Auf einer Anhörung des US-Kongresses zur Zukunft der Musik im Netz führte Real Networks-CEO Rob Glaser gestern erstmals den Musicnet-Aboservice vor. Deutliche Differenzen gab es zwischen Komponisten und Plattenfirmen zu Vergütungsfragen.

Rob Glaser nutzte die gestrige Anhörung, um der Öffentlichkeit erstmals eine Demo-Version der Musicnet-Software vorzuführen. Diese wird Streaming und beschränktes Downloaden von Musiktiteln der drei beteiligten Plattenfirmen EMI, AOL Time Warner und Bertelsmann erlauben. Musicnet will seine Inhalte allerdings nicht direkt vermarkten, sondern an andere Plattformen und Anbieter Lizenzieren.

Interessant war, dass Glaser Musicnet mehrmals mit Napster verglich. So soll der Subscription-Service auch eine Peer-to-Peer-Komponente enthalten. Unklar ist allerdings, ob dabei wirklich auch Songs oder nur Empfehlungen für die von Musicnet gehosteten Inhalte ausgetauscht werden können. Fest steht hingegen bereits, dass Musicnet-Songs sich nicht auf CDs brennen und nicht auf mobile Player übertragen lassen werden. Außerdem werden Downloads nur zeitlich limitiert auf dem PC der Nutzer verfügbar sein. Ist ein Song mehr als einen Monat alt, bekommt man beim Abspielversuch eine Fehlermeldung:

"Ihre Lizenz ist ausgelaufen. Drücken sie Play, um die Lizenz zu erneuern."

Ob der Titel damit noch einmal komplett heruntergeladen werden muss, sagte Glaser nicht.

Disput um Lizenzen

Eigentlich sollte es bei der gestrigen Anhörung aber nicht so sehr um die Musicnet-Technik, als vielmehr um die für solche Dienste nötigen Lizenzen gehen. Dazu hatte der Justiz-Unterausschuss des US-Kongresses neben Glaser den Universal-Chef Edgar Bronfman, den Musiker und Songwriter Lyle Lovett, MP3.com-Präsident Robin Richards und den Komponisten Michael Stoller eingeladen. Im Zentrum der Auseinandersetzungen stand mal wieder die leidige Frage nach den Lizenzen, die Internet-Unternehmen für die Nutzung von Musik zu zahlen haben. Richards wiederholte zu diesem Anlass MP3.coms Klagen darüber, dass man nicht mit allen Rechteinhabern einzeln verhandeln könne. Die derzeitigen Gesetze seien darauf ausgelegt, im Jahr ein paar hundert solcher Rechte zu klären. Er brauche aber "eine Million bis Dienstag." Richards schlug deshalb vor, für eine Übergangszeit die Nutzung auch ohne geklärte Rechte zu erlauben und diese dann nachträglich zu vergüten, wenn das Copyright-Office neue Wege und Gebühren definiert habe.

Deutlichen Widerspruch erntete er dafür von Lyle Lovett und Michael Stoller, die als Repräsentanten der Verwertungsorganisationen Ascap und Nmpa geladen waren. Stoller erklärte dazu:

"Es geht ihnen nicht um Lizenzen, sondern darum, wie wenig sie dafür bezahlen müssen."

Anhörung zu technischer Slide-Show verkommen?

Edgar Bronfman von Universal wollte allerdings viel lieber über das Musicnet-Konkurrenzprodukt Duet sprechen, das seine Firma gemeinsam mit Sony auf die Beine stellen wird. Im Wesentlichen sähe dies aus wie Musicnet, so Bronfman. Man werde mit Streams anfangen und später auch Downloads anbieten. Auf mehrmalige energische Nachfragen musste Bronfman zugeben, dass man nicht beabsichtige, dem Kosumenten diese Downloads permanent zur Verfügung zu stellen. Wer nur 30 Tage abonniere, der dürfe sie auch nur 30 Tage nutzen.

Schon im Vorfeld der Anhörung war der Vorwurf aufgetaucht, durch die Musicnet-Präsentation verkomme die Veranstaltung zu einer technischen Slideshow, mit der die Beteiligten von den rechtlichen Problemen ablenken wollten. Tatsächlich gab es wenig Neues im Streit um die Lizenzen, aber immerhin ein paar amüsante Ereignisse am Rande. So sorgte ein Abgeordneter für Verwirrung, als er Glaser fragte, ob Musicnet auch über die Porno-Website Teenfilth.com vermarktet werde. Glaser war das Angebot unbekannt, mit Musicnet habe dies nichts zu tun. Aber der Fragende beharrte darauf, diese in Real Networks Real Guide-Katalog gefunden zu haben. Was Kongressabgeordnete nicht alles so in ihrer Arbeitszeit tun ...

Für unfreiwillige, wenn auch dezentere Erheiterung sorgte auch Michael Stoller, als er zu der unterschiedlichen Bewertung von Downloads und Streams sowie der Frage, wie man denn nun temporäre Kopien auf dem jeweiligen Server bewerten solle, um seine Meinung gebeten wurde. Stoller dazu:

"Ich bin kein Techie. Ich weiß nicht, wie all diese Streams und Downloads funktionieren, aber ich weiß, dass sie passieren. Und zwar in den meisten Fällen illegal."