Neuer CO2-Rekord

Plantage mit jungen Ölpalmen und Wald in Sumatra, Indonesien. Bild: Clifton Sabajo

Die Energie- und Klimawochenschau: Von schwierigen Koalitionsverhandlungen, sauren Ozeanen und den Emissionen der Schifffahrt

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Die Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen bleiben aus klimapolitischer Sicht spannend, aber nicht besonders hoffnungsfroh. Bislang scheint es nicht einmal einen Konsens zu geben, bisherige Klimaschutzziele anzuerkennen.

Die Grünen machen ein klares Bekenntnis aber zur Voraussetzung. Sollten sie davon abrücken, würden sie sich wiederum gegenüber ihren Wählerinnen und Wählern komplett unglaubwürdig machen. Und während das Einhalten des deutschen Klimaziels für 2020 für den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner immerhin noch "wünschenswert" ist, bleibt der Begriff Kohleausstieg wohl ein rotes Tuch, nicht nur für die FDP, sondern auch für den Verhandlungsführer der Union für Klima, Energie und Umwelt, Armin Laschet.

Die Forderung an die etwaigen Koalitionäre, einen Kohleausstieg zu vereinbaren, ist in den vergangenen Wochen von verschiedenen Seiten ausgesprochen worden, am letzten Donnerstag nochmals von Erneuerbare-Energien- und Bürgerenergievereinen. "Einen zeitlich fixierten und klar definierten Kohleausstieg verstehen wir im Zusammenhang mit dem Atomausstieg als das politische Signal für eine Solaroffensive, welche die solare Transformation der Energieerzeugung insgesamt ernst nimmt. Nach der erfolgreichen Pionier- und Entwicklungsarbeit sind die solaren Technologien längst Stand der Technik und müssen eingesetzt werden."

Der Ausbaudeckel für Erneuerbare sowie die Ausschreibungsverfahren sollten abgeschafft werden, ebenso die Eigenverbrauchsabgabe. Speichertechnologien müssten gefördert werden, während der CO2-Ausstoß teurer werden müsse.

Tatsächlich zeigt sich an windreichen Wochenenden wie dem vergangenen immer wieder die Diskrepanz zwischen Atom- und Kohlekraftwerken und Erneuerbaren Energien im Stromsystem. Laut IWR haben die deutschen Windenergieanlagen am Samstag in der Spitze Strom mit einer Leistung von 39.200 MW produziert und in das Netz eingespeist.

Mit den beiden Herbststürmen Xavier und Herwart könnte sich der Oktober 2017 auch als der bislang produktionsstärkste Monat für die Windkraft in Deutschland erweisen. In solchen Spitzenzeiten der Erneuerbaren kommt es immer wieder zu erheblichen Stromüberschüssen, die nicht unbedingt sein müssten.

Bereits im Mai hieß es in einem vom niedersächsischen Umweltministerium beauftragten Gutachten, dass die Leistung der konventionellen Kraftwerke um die Hälfte reduziert werden könnte, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. So sorgt der Überschuss an Kohle- und Atomstrom aber immer wieder dazu, dass Strom aus Erneuerbaren abgeregelt werden muss, damit die Netze nicht überlastet werden. Da die Erneuerbaren eigentlich Vorrang bei der Einspeisung haben, müssen die Erzeuger für Abregelungen entschädigt werden.

Einige Medien wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Focus und Bild schieben die Schuld für den teuren Missstand aber lieber auf eine Überproduktion von Windstrom statt auf die anhaltende Überproduktion der konventionellen Kraftwerke.

Starker Anstieg der CO2-Konzentration 2016

Im Vorfeld der am 6. November beginnenden Klimakonferenz in Bonn berichtet die Weltwetterorganisation WMO über einen besonders starken Anstieg von Kohlendioxid in der Atmosphäre im Jahr 2016.

Von 2015 bis 2016 ist die CO2-Konzentration von durchschnittlich 400 ppm auf 403,3 ppm gestiegen. Menschengemachte CO2-Emissionen hätten sich 2016 auf einem Rekordlevel befunden, auch wenn sie scheinbar weniger stark anstiegen oder gar ein Plateau erreicht hätten. Zu der hohen CO2-Konzentration im Jahr 2016 haben außerdem durch das Wetterphänomen El Niño bedingte Emissionen beigetragen.

Dabei ist der CO2-Gehalt in der Atmosphäre erdgeschichtlich nie so schnell gestiegen wie in den letzten 150 Jahren. Geologische Daten weisen auf ein ähnlich hohes Kohlendioxidniveau vor 3 bis 5 Millionen Jahren hin, eine Zeit, in der das Klima um zwei bis drei Grad wärmer war und die Eisschilde auf Grönland und in der Westantarktis nicht vorhanden, während der Meeresspiegel um 10 bis 20 Meter höher war als heute.

Bild: WMO

Dass auch Landnutzungsänderungen bei der Entwicklung der Treibhausgasemissionen eine wichtige Rolle spielen, zeigen aktuelle Daten aus Brasilien und Indonesien. In Brasilien berichtet das Climate Observatory über die jährliche Entwicklung der Emissionen pro Sektor. 2016 stiegen die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Vorjahr um fast 9 Prozent, wobei der größte Teil der Emissionen auf Landnutzungsänderungen zurückzuführen war. Diese sind gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen.

Auf der indonesischen Insel Sumatra wirkt sich die Abholzung von Wäldern für Ölpalmen- und Gummiplantagen auch regional auf das Klima aus, wie Wissenschaftler der Universität Göttingen herausgefunden haben. Die Forscher maßen von 2000 bis 2015 die Temperaturen über unterschiedlich genutzten Flächen. Über jungen Ölpalmenplantagen war es 6 Grad wärmer als über ursprünglichen Wäldern, über ausgewachsenen Plantagen noch 0,8 Grad. Insgesamt sind die Temperaturen in der untersuchten Provinz Jambi in den 15 Jahren um 1,05 Grad gestiegen.

"Die Landoberflächentemperatur des Waldgebiets ist lediglich um 0,45 Grad Celsius angestiegen, was nahelegt, dass mindestens 0,6 Grad Celsius des Gesamtanstiegs Landnutzungsänderungen geschuldet sind", erklärt der Bioklimatologe Alexander Knohl. Die höheren Temperaturen könnten wiederum Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere haben sowie Teile des Landes anfälliger für Flächenbrände machen.

Folgen der Ozeanversauerung

Etwa ein Drittel des von Menschen seit Beginn der Industrialisierung emittierten Kohlendioxids findet sich gar nicht in der Atmosphäre wieder, sondern wurde von den Ozeanen aufgenommen. Dies hat zu einer allmählichen Versauerung der Meere geführt, die zusammen mit den wärmeren Wassertemperaturen Stress für viele Meereslebewesen bedeutet.

Im Verbundprojekt BIOACID haben 20 deutsche Forschungsinstitute zu den Folgen der Ozeanversauerung gearbeitet. Die wichtigsten Ergebnisse haben sie nun in einer Broschüre veröffentlicht. Deutlich wird darin, dass Veränderungen bei den kleinsten Lebewesen Einfluss auf die gesamten Nahrungsketten hat und nicht nur die Meeresökosysteme, sondern auch die Ernährungsgrundlagen von Menschen betrifft. Viele Meeresorganismen bis hin zu Mikroalgen bilden Schalen oder Skelette aus Kalk. In einem saureren Milieu ist dies aber nicht mehr so gut möglich. Kalkbildende Arten wie Korallen oder die einzellige Alge Emiliania Huxleyi sind in ihrer Entwicklung behindert. Emiliania huxleyi etwa bildet einen Großteil der Biomasse der Ozeane, Korallen wiederum sind Lebensraum zahlreicher Fischarten und tragen zum Küstenschutz bei.

Wie schlimm es um die Zukunft der Korallenriffe steht, macht folgender Satz deutlich: "Etwa die Hälfte der tropischen Korallenriffe kann erhalten werden, wenn Kohlendioxidemissionen so begrenzt werden, dass die globalen Temperaturen um nicht mehr als 1,2 Grad Celsius ansteigen. Hierbei sind aber zusätzliche Risiken etwa durch Ozeanversauerung noch nicht einbezogen." Auch aus der Perspektive des Meeresschutzes besteht also dringender Handlungsbedarf bei der bevorstehenden Klimakonferenz.

Eine wichtige Gruppe von Emittenten, die bislang überhaupt nicht ins Pariser Abkommen einbezogen wurde, bewegt sich selbst auf den Meeren. Der globale Schiffsverkehr trägt derzeit mit etwa drei Prozent zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei. Der Anteil könnte laut einem Bericht des europäischen Parlaments von 2015 auf 17 Prozent bis 2050 anwachsen, wenn eine Regulierung ausbleibt.

Regeln für die internationale Schifffahrt muss die UN-Meeresorganisation IMO beschließen. Die IMO hatte zum Pariser Klimagipfel keine Reduktionsverpflichtung eingereicht. Eine Strategie soll erst bis 2018 entwickelt werden, umgesetzt würde sie dann ab 2023. InfluenceMap, ein soziales Unternehmen, das Daten zum Einfluss von Unternehmen auf die Klimapolitik sammelt, beklagt, dass die Lobby der Schifffahrtsindustrie einen sehr großen Einfluss auf die Entscheidungen der IMO hätte.

Vertreter der Reedereien hätten sowohl über die großen Berufsverbände als auch über die Delegationen der einzelnen in der IMO vertretenen Staaten großen Einfluss auf die Gespräche der UN-Organisation. Nur einige wenige Reedereien sprechen sich bislang für eine ambitioniertere Klimapolitik aus. Der Generalsekretär der IMO hat den Vorwurf des Lobbyeinflusses unterdessen zurückgewiesen. Die IMO würde von NGOs mit verschiedensten Interessen beraten, darunter Umweltorganisationen, Seeleuten, Schiffsbauern und Reedern.