Nichtrauchergesetze mit Nebenwirkungen
Warum man Rauchen in abgegrenzten Bereichen erlauben und dafür auf der Straße verbieten sollte
Seit letzten Monat ist in fast allen Bundesländern das Rauchen nicht nur in öffentlichen Einrichtungen, sondern auch in Gaststätten verboten. Doch gesetzgeberisches Handeln hat oft unintendierte Konsequenzen, die manchmal sogar das Gegenteil dessen bewirken, was in der Absicht der Urheber lag.
Ein Beispiel dafür, wie diese Nebeneffekte möglicherweise schädlicher sein können, als das, was ursprünglich bekämpft wird, findet sich im Schulzentrum an der Münchner Schlierseestraße: Dort ist der große Pausenhof seit der Durchsetzung eines für das ganze Schulgelände geltenden Rauchverbots weitgehend leer. Offenbar verabschiedeten sich nicht nur die Raucher, sondern auch deren nichtrauchende Freunde aus dem Bereich, der ursprünglich dafür gebaut wurde, damit die Schüler beaufsichtigt werden können und keine Verkehrswege verstopfen. Dafür drängen sich jetzt über eine Länge von etwa 50 Meter Schüler auf dem Bürgersteig und dem Radweg, der nicht nur kaum ein Durchkommen zulässt, sondern Fußgänger und Radfahrer auch zum unfreiwilligen Genuss gewaltiger Nikotinwolken zwingt. Ob die Schüler auf der Straße weniger rauchen, darf getrost bezweifelt werden – allein deshalb, weil nun der Weg zum Zigarettenautomaten noch etwas kürzer wurde.
In allen Bundesländern, die ausnahmslose Nichtraucherregeln für ihre Schulen verabschiedeten, ergaben sich die gleichen Probleme: Auch in Nordrhein-Westfalen, wo seit 1. Januar ein Nichtraucherschutzgesetz das Rauchen auf allen Schulgrundstücken verbietet, verlassen zahlreiche Schüler in den Pausen das Schulgelände – zu Lasten der Anwohner. Diese müssen nun nicht nur den unmittelbar durch die Zigaretten entstandenen Dreck wegräumen, sondern auch Kaffeebecher und Nahrungsmittelverpackungen. Doch ihre Proteste scheiterten bisher an einer Bürokratie, die das Rauchverbot offenbar eher als Prinzipien denn als der Verhältnismäßigkeit unterworfene Frage sieht: Als das Siegener Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung nach Anwohnerbeschwerden das Rauchen hinter den Hausmeistergaragen erlaubte, schritt die Bezirksregierung Arnsberg dagegen ein, deren Pressesprecher Jari Wieschmann der örtlichen Tageszeitung mitteilte, dass am absoluten Rauchverbot "nicht zu rütteln" sei.
Was ist gesundheitschädlicher – und was vermeidbar?
Noch sehr viel mehr Belästigungs- und Gesundheitsschädigungspotential liegt im Rauchverbot in Gaststätten: Diese sind unter anderem deshalb eine sinnvolle Einrichtung, weil durch sie nächtlicher Lärm gebündelt und von anderen Menschen ferngehalten wird. Seit dem Rauchverbot verlagern sich gesellige Zusammenkünfte zunehmend in Privatwohnungen, wo weiterhin geraucht werden darf (vor allem auf Balkons und an offenen Fenstern). Die Kosten (sprich: der Lärm) werden auf andere Personen externalisiert, die nicht (wie in Gaststätten) einfach nach Hause gehen können – weil sie schon zu Hause sind. Raucher, welche weiterhin Gaststätten aufsuchen, versammeln sich zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse vor der Tür – wodurch es nicht nur durch das "Smirting" zu Lärmbelästigungen für die Anwohner kommt, sondern auch durch lautstarke Auseinandersetzungen unter Betrunkenen.
Mit den nun steigenden Temperaturen steigt auch das Belästigungspotential, das sich durch die rigorosen Regelungen entfaltet. Aus Baden-Württemberg, wo ein Rauchverbot seit letztem Sommer gilt, gibt es bereits entsprechend negative Erfahrungen. Hierbei entstehende Schäden können nicht oder nur schwer eingeklagt werden – auch wenn Lärm durchaus gesundheitsschädlicher sein kann als Passivrauchen. Anwohnern bleibt praktisch nur der Umzug – in Städten mit knappem Wohnraum und hohen Mieten nicht für jeden eine Option. Deshalb ist es möglicherweise nur eine Frage der Zeit, bis der erste Anwohner nicht nur zur relativ wirkungslosen Selbsthilfe mittels Wasserballon, sondern zur Waffe greift.
Im Gegensatz zu diesen negativen Auswirkungen des Rauchverbots sind die positiven durchaus begrenzt: In Gaststätten muss sich im Allgemeinen niemand aufhalten, der das nicht will. Zumindest dann, wenn er entweder Gast oder Wirt ist. Ein gewisses Problem stellen die dort tätigen Arbeitskräfte dar – allerdings könnte es dadurch erheblich entschärft werden, dass niemand gegen seinen Willen von den Arbeitsagenturen gezwungen werden darf, dort eine Tätigkeit aufzunehmen. Eine andere Möglichkeit wäre, anstatt eines generellen Rauchverbots ein Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz zu gewährleisten. Für Gaststätten könnte das so aussehen, dass in Raucherräumen nicht mehr bedient werden darf – eine "Belastung", die viele Raucher im Vergleich zu den derzeitigen Verbotsregeln wahrscheinlich als durchaus verhältnismäßig ansehen würden.