Oscar Romero und die Militärkirche

Seite 3: Ein deutscher Militärbischof und ein sexueller Gewalttäter mit Kardinalshut spielen auch eine Rolle

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Der deutsche Militärbischof und Essener Oberhirte Franz Hengsbach (1910-1991), den ich aufgrund trauriger Erkundigungen als einen Beschützer pädosexueller Straftäter betrachte, war schon ab 1975 am Feldzug gegen die Kirche der Armen in Lateinamerika beteiligt. Hierbei arbeitete er Hand in Hand mit dem kolumbianischen Bischof Alfonso López Trujillo zusammen, der wegen seiner antikommunistischen Verdienste wie er selbst später mit der Kardinalswürde belohnt wurde.

Trujillo geriet immer wieder in die Schlagzeilen als führender Familienideologe des Vatikans, engagiert natürlich auch in Joseph Ratzingers hysterischer Kampagne gegen "homosexuelle Personen", Kondome undsoweiter.

Wer solche Freunde besaß wie Militärbischof Franz Hengsbach, sollte heute von den Kirchenhistoriker noch etwas eingehender beleuchtet werden. Denn seit Ende 2019 hat die Weltöffentlichkeit auf der Grundlage u.a. von Interviews für Frédéric Martels Investigationen ein neues Bild von dem rechten Saubermann-Kardinal Alfonso López Trujillo, der den Luxus wie zu Renaissance-Zeiten liebte und ebenso Küsse auf seinen Bischofsring.

Bereits als Hirte des Bistums Medellin, so tragen Zeitzeugen vor, ließ er sich in einer geheimen Zweitwohnung junge, von ihm abhängige Theologiestudenten für (kaum freiwilligen) Sex zuführen - und ansonsten auch männliche Prostituierte (aus den Familien der Armen), die er dann nach dem Akt und vor der spärlichen Bezahlung gewalttätig züchtigte.

Die Sexualneurose des fundamentalistischen Flügels in der Kirche ist für unser Thema durchaus von Belang! Eine implizite These zu homosexuellen Kirchenfürsten, die sich aus der Darstellung Frederic Martels ergibt, lautet: Sich selbst hassende, zugleich heuchlerische und nach außen homophob agierende Kleriker (mit homosexueller Ausrichtung) tendieren zu rechts-autoritären Weltbildern und zur Bekämpfung der Kirche der Armen. Dagegen gehörte zu den Bewunderern Romeros ein Kardinal wie Basil Hume (1923-1999), der noch in vatikanischer Eiszeit ohne Ängstlichkeit Schönes über homosexuell Liebende zu sagen wusste.

Auf der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz in Puebla 1979 hätte Alfonso López Trujillo den Salvadorianer Romero am liebsten unsichtbar gemacht. Er gehörte dann bis zu seinem gerüchteumwitterten Tod zu jenen kirchlichen Machthabern, die auf besonders grobe Weise Romero noch nach seiner Ermordung verfolgten, und hat - vermutlich als die Schlüsselfigur der Blockaden - über viele Jahre im Vatikan eine Seligsprechung Romeros verhindert.

Wann endet die Schande der staatskirchlichen Militärseelsorge?

Das Militärkirchenwesen hat - bis heute - der Kirche noch immer Schande eingebracht. Der hochrangige us-amerikanische Militärbischof und Pacelli-Günstling Kardinal Francis Spellman, ebenfalls aufgrund von Homosexualität vermutlich eine sehr leicht erpressbare Persönlichkeit, versuchte auf dem II. Vatikanischen Konzil nicht ganz ohne Erfolg, die Verdammung der Atombombe abzuschwächen.

Hierzulande gelang es dem Militärkirchenkomplex zuletzt Ende 2019, die Evangelische Synode davon abzuhalten, Herstellung und Besitz von Atomwaffen in Treue zum christlichen Bekenntnis als Sünde zu bezeichnen.

Derweil schweigen sich auch die katholischen Bischöfe in Deutschland aus, wenn wieder einmal offensiv Militärdoktrinen zugunsten deutsch-nationaler Wirtschafts- und Machtinteressen propagiert werden.

Wann endlich endet der Spuk der staatskirchlich organisierten Militärseelsorge und wird ersetzt durch eine staatsunabhängige Seelsorge für Soldaten - außerhalb der Kasernen oder Schlachtreihen? Heiliger Oscar Romero, hilf der Christenheit!

Zwei Neuerscheinungen informieren u.a. über die innerkirchliche Verfolgung Romeros:<

Peter Bürger: Oscar Romero, die synodale Kirche und Abgründe des Klerikalismus. Zum 40. Todestag des Lebenszeugen aus El Salvador. Norderstedt: BoD 2020. (ISBN: 9783750493773)

Oscar Romero und die Kirche der Armen. Sonderband der edition pace. Frei abrufbare Internetfassung hier.