"Palästinensische Terroristen und die Nevada-Anleitung für einen Anschlag auf Atommüll"

Die Netzseite des Staates Nevada wäre zur Planung von Terroranschlägen geeignet

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Es gibt 1000 Gründe vor Wut in die Luft zu gehen. Oder etwas in die Luft zu jagen. Beispielsweise: eine Steuernachzahlung, das Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft, das Windows-Betriebssystem, der Bierpreis oder Johannes B. Kerner. Und ein tolles Ziel für solch einen Wutausbruch ist ohne Zweifel ein Atommülltransport - allein schon wegen der damit einhergehenden medialen Aufmerksamkeit.

Doch wie stellt man so etwas genau an? Nun, wer einen Anschlag oder Überfall auf einen Atommülltransport plant, der sollte sich schnell mal im Netz genau umschauen. Auf einer Website ist nämlich ein 17-seitiges Dokument veröffentlicht wurden, das Tipps zum richtigen Waffenkauf enthält. Natürlich wird auf der entsprechenden Seite die Durchschlagkraft der in Frage kommenden Waffen vorgestellt ­ unsere Favoriten sind übrigens: RPG-7 Anti-tank Missile, die sich schon in Afghanistan bewährt hat, oder die Superdragon Anti-tank Missile, die ist zwar etwas klobig, aber macht bestimmt große Löcher.

In dem Dokument abgebildetes Foto eines "Milan Anti-tank Missile", das sich für einen Anschlag eignen würde

Zusätzlich findet man in dem Dokument detaillierte Hinweise über die Behälter, die für Atommülltransporte verwendet werden. Und auch der Grad der Verseuchung, der durch einen Anschlag entstehen würde, wird dort neben allerlei anderen für Nachwuchsterroristen wichtigen Dingen genannt.

Dass so etwas überhaupt im Netz veröffentlicht und für jeden frei zugänglich ist, mag absurd klingen. Aber die Geschichte wird noch absurder, weil die Dokumente keineswegs auf einer Website irgendeiner Verschwörer- oder Terroristenorganisation zu finden sind, sondern auf den offiziellen Netzseiten des amerikanischen Bundesstaates Nevada (Endlich ein Endlager). Und verfasst wurden sie Ende der 90er Jahre von der staatlichen Agency for Nuclear Projects, die damals die möglichen Folgen eines Angriffs von Terroristen auf Atommülltransporte detailliert untersucht hat.

Eigentlich hätte man ja nach den Anschlägen vom 11. September erwarten können, dass die Dokumente offline gehen. Das sind sie aber bis heute nicht ­ wie eine kurze Google-Suche ergab. Auch der Hinweis der pro-israelischen Initiative Internet-Haganah auf die potentielle Gefährlichkeit dieses Papiers verpuffte 2003 offensichtlich in den Tiefen der staatlichen Bürokratie. Und nun hat Weisbud von der Internet-Haganah noch mal genau hingeschaut und dabei gleich mehrere palästinensische Organisationen gefunden, die auf ihrer Website einen Link gesetzt haben, der direkt zu dem Dokument führt. Außerdem ist die entsprechende Netzseite die meist besuchte im gesamten offiziellen Online-Angebot des Staates Nevada.

Für Haganah ist dieser Vorgang ein Riesenskandal, und um dies deutlich zu machen, haben sie dem Dokument den Namen verpasst: "Palestinian terrorists and Nevada's guide to attacking high-level nuclear waste" und rufen gleichzeitig dazu auf, Protestbriefe und ­mails an den zuständigen Gouverneur zu schicken. Dass Haganah den Link zu diesem "Handbuch für Terroristen" auf seiner Seite nicht veröffentlicht hat, ist zwar verständlich. Aber leider sinnlos. Da Auszüge aus dem Papier dort nachzulesen sind, findet jeder halbwegs erfahrene Googler die entsprechende Seite im Handumdrehen. Und mit ein bisschen Geschick steht dann einer eigenen aufregenden Karriere als Terrorist endlich nichts mehr im Wege.