Peer Steinbrück und die Initiative Finanzstandort Deutschland
Neben Banken wie Lehman Brothers und der Deutschen Bank waren auch das Finanzministerium und die Deutsche Bundesbank Mitglied der Initiative, die nach Steinbrück 2008 die "Regulierungen im Finanzsektor" begleiten sollte und sich dann plötzlich in Luft auflöste
Peer Steinbrück forderte noch im Dezember 2008, die europäische Finanzmarkt- und Bankenregulierung durch eine inzwischen untergetauchte Initiative ohne Rechtsform beraten zu lassen. Im Juli 2008 versuchte die Initiative, Regulierungen und Auflagen durch das BCBS (Basel Kommitee) zu verhindern. Deren Mitglieder luden Steinbrück anschließend zu Vorträgen ein (dazu siehe auch: Peer Steinbrück. Eine Laudatio auf unseren Cicero).
Peer Steinbrück forderte im Dezember 2008 als Finanzminister, zwei Monate nach der Verabschiedung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes, dass eine "IFD" (Initiative Finanzstandort Deutschland) die nun notwendigen "Regulierungen im Finanzsektor" und die "europäische Integration im Bankensektor" als Politikberater begleiten sollte - dies geht aus einem Telepolis vorliegenden Entwurf für eine Pressemitteilung der IFD hervor. Bei einem Treffen am 10. Dezember 2008 dankte Josef Ackermann für die IFD Peer Steinbrück für das Finanzmarktstabilisierungsgesetz und versprach: "IFD nimmt die Herausforderungen der globalen Finanzmarktkrise in ihr Aufgabenprofil auf."
Noch im Juli 2008, zwei Monate vor dem Ausbruch der Finanzkrise, hatte die Initiative in einer Erklärung an das BCBS (Basel Kommitee der Bankenaufsicht), das im April 2008 alle Nationalbanken vor unkontrollierbaren Finanzrisiken durch Derivate warnte, Regulierungen und Meldepflichten über Bankrisiken in einer Telepolis vorliegenden Erklärung abgelehnt. Da das Deutsche Finanzministerium sowie die Deutsche Bundesbank gemeinsam u.a. mit Lehman Brothers, Deutscher Bank, Morgan Stanley und Goldman Sachs als Absender der Erklärung zeichneten, erschien sie als offizielle Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland - obwohl die IFD keinerlei Rechtsform und Mandat für so eine Erklärung besaß.
Die 2003 gegründete IFD wies Lehman Brothers noch im Dezember 2008, also drei Monate nach deren Insolvenz, als assoziiertes Mitglied aus. Weitere Mitglieder der Initiative: Goldman Sachs, JP Morgan, UBS, Citigroup und Merill Lynch. Nach Telepolis vorliegenden Informationen sammelte Morgan Stanley als offizielles Mitglied der Initiative die Beiträge der assoziierten Mitglieder ein. Deren Höhe ist nicht bekannt, da die Initiative keine offizielle Rechnungsführung unterhielt.
Die IFD-Mitglieder Finanzministerium und Deutsche Bundesbank zahlten selbst keine Beiträge in der Initiative, die weder eine Satzung, noch eine Rechtsform hatte. Betreut wurde sie von der CNC-Communications und Network Consulting AG, die der ehemalige Tabak-Lobbyist Christoph Walter gegründet hatte. Ein Partner der CNC war und ist der ehemalige SPD-Staatssekretär Siegmar Mosdorf. Dieser wurde in den Aufsichtsrat des Hauptempfängers der SoFFin-Mittel, der Hypo Real Estate, berufen.
Die sogenannten "Sherpas", die Initiatoren der Initiative, versuchten noch im Juli 2008, neue Auflagen für Banken mit einem Brief an die Basel Bank of Settlements zu verhindern. Wie Telepolis bereits 2011 berichtete, verschwand die Webseite der Initiative urplötzlich unter dubiosen Umständen und die Initiative wurde aufgelöst (Das plötzliche Verschwinden der Initiative Finanzstandort Deutschland).
Die CNC-Communication, nach eigenen Angaben eine führende, weltweite tätige Kommunikationsagentur, veröffentlichte seit 2007 selbst nur sechs Pressemitteilungen. In der letzten Pressemitteilung vom 11. Juli 2012 wurde bekanntgegeben, dass die CNC von einer der weltgrößten Kommunikationsagenturen, der in Frankreich börsennotierten Publicis-Group übernommen wurde.
Die CNC führt die IFD, der mit Axel Weber, Thorsten Albig und Jörg Asmussen auch führende deutsche Finanzbeamte als Sherpas angehörten, bis heute nicht unter ihren Referenzen auf.
Wie das hier erstmals veröffentliche Foto von dem Initiatorentreffen 2008 zeigt, versammelte sich in der IFD ohne jede öffentliche oder private Kontrolle - die IFD besaß auch keinen Aufsichtsrat - fast die gesamte deutsche Finanzelite.
In der Liste der Vortragskunden von Peer Steinbrück tauchen u.a. die IFD-Mitglieder JP Morgan (zweimal), Deutsche Bank (dreimal), Sparkassen (fünfmal), Volks- und Raiffeisenbanken (fünfmal) und Citigroup (einmal) auf.