Pegida: "Wir wollen keine Revolution"

Nach dem Verbot in Dresden ruft Pegida die Anhänger zur Teilnahme in Leipzig auf

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Pegida will sich angesichts der noch einmal durch die Terrorwarnung gesteigerten Aufmerksamkeit offenbar ein wenig normalisieren. Man nutzte die Gelegenheit, um nach dem Auftritt "unserer mutigen Kathrin Oertel" bei Günther Jauch heute noch eine Pressekonferenz zu veranstalten. Die Lügenpresse war natürlich präsent und wurde von Oertel auch ganz artig mit "liebe Medienvertreter" begrüßt. Sie versicherte auch gleich, dass Pegida keine Revolution wolle, "sondern ein anderes Verhältnis zwischen Politik und Volk".

Oertel meinte, man sei nicht "bockig", sie wünsche sich aber, dass es einen anderen Umgang der Medien mit Pegida gebe, "ein Miteinander von uns und auch von der medialen Seite". Man wolle sich mit Politikern treffen, mit welchen blieb aber unklar. Bei Jauch wurde noch einmal klar, dass sich die AfD um Nähe bemüht. Man sieht dort nicht nur Wählerpotential, sondern würde wohl die außerparlamentarische und sich als parteiunabhängig gebende Bewegung gerne vereinnahmen. Um Einfluss rangeln auch rechtsextreme und rechtspopulistische Organisationen und Parteien, jetzt kommen womöglich noch etablierten Parteien wie die CDU oder die SPD hinzu, die bislang die kalte Schulter zeigten oder gar wie Bundeskanzlerin Merkel vor der Teilnahme an den Umzügen warnte. Daher zeigte sich Alexander Gauland von der AfD besonders werbend um Pegida-Frau Oertel und ihre vagen Äußerungen, aber auch CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn und Wolfgang Thierse (SPD) waren voll des Lobs über den notwendigen Dialog.

Pegida-Chef Lutz Bachmann, gegen den sich angeblich die Anschlagsdrohung richtete, versicherte, die Bewegung werde trotz der Terrorbedrohungen weitermachen. Man lasse sich das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit nicht nehmen, erklärte er, was offenbar aber nicht gegen die Polizei gerichtet war, die mit der Pegida-Demonstration auch die Anti-Pegida-Demo und alle anderen Versammlungen bis Montagabend 24 Uhr verboten hat. Auch Oertel sagte, man lasse sich nicht mundtot machen. Pegida und die Polizei würden Sicherheitskonzepte erarbeiten, aus "taktischen Gründen" könne er nichts Näheres dazu sagen, so Bachmann.

Wir haben es geschafft, dass in der Politik nach 50 Jahren Totschweigens in Sachen Zuwanderung endlich Themen auf den Tisch kommen, welche bisher nur unter vorgehaltener Hand und in Hinterzimmern am Volke vorbei diskutiert wurden, weil sie zu unbequem sind. Wir sind Thema in sämtlichen Gazetten und Nachrichtensendungen der Welt, wir sind Thema der Weihnachts- und Neujahrsansprachen unserer politischen Elite, welche zwar unter aller Sau waren aber immerhin.

Aus der Rede von Lutz Bachman bei der letzten Montagsdemo
Bachmann ruft zur Teilnahme an der Legida-Demo in Leipzig auf

Nach der Pressekonferenz traten Bachmann und Oertel noch einmal mittels eines Videos auf, um die Anhänger darum zu bitten, nicht nach Dresden zu fahren, keine Spontandemos und "Einzelaufzüge" zu machen, weil das zu gefährlich sei, sondern lieber Pegida-Demos an anderen Orten zu besuchen, allen voran in Leipzig: "Ich kann nur alle Menschen einladen, am Mittwoch zu Legida nach Leipzig zu fahren." Zunächst hatte sich Pegida von Legida abgesetzt, u.a. weil dort in dem Thesenpapier gefordert wurde, den "Kriegsschuldkult" zu beenden. Das wurde zwar gestrichen, heißt aber nun: "Würdige Erinnerung an unsere Geschichte, jedoch keine Generationenhaftung." Alle "offiziellen" Pegida-Ableger in anderen Städten müssen das Pegida-Positionspapier unterschreiben, was Legida gemacht hat, schließlich bleibt da auch viele offen.

Oertel erklärte dann, dass man heute Abend damit rechnen müsse, dass in Dresden "wieder gewaltbereite Linksradikale durch die Gegend ziehen". Die Anhänger sollen die alles machen lassen: "Wir sind gewaltfrei." Die Anhänger sollen sich nicht "zu Dingen hinreißen lassen, die uns dann auf die Füße fallen". Bescheiden ist man auch nicht, man sieht sich bereits als europäische Bewegung, jedenfalls rief Bachmann dazu auf, um 18:30 zu hupen - in ganz Europa.

Legida übernimmt

Legida erwartet am Mittwoch in Leipzig bis zu 60.000 Teilnehmer, es wird auch zahlreiche Gegenveranstaltungen geben, etwa von "NoLegida", "Willkommen in Leipzig" und das "8. Mai". Das Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz" ruft zu Sitzblockaden auf, das Ziel sei es: "Legida läuft nicht."

Seltsamerweise erwartet die Polizei in Leipzig keine Gefährdungen. Ein Polizeisprecher sagte: "Die Bedrohung in Dresden bezog sich auf eine konkrete Person, etwas Vergleichbares haben wir in Leipzig nicht vorliegen." Das lässt nochmals das Demonstrationsverbot in Dresden merkwürdig aussehen. Wenn die Bedrohung sich also tatsächlich nur gegen eine Person richtete, dann hätte es ohne Zweifel möglich sein sollen, diese zu schützen und die Demonstration stattfinden zu lassen.

Jürgen Elsässer rührt - ebenso wie die NPD - für die Mittwochsdemo von Legida die Werbetrommel. Er hofft, dass dann, wenn in Leipzig viele mitmarschieren, der Funken von Dresden übergesprungen ist: "Wenn in Leipzig am kommenden Mittwoch über 10.000 auf der Straße sind, ist sonnenklar, dass Dresden kein Sonderfall ist, sondern nur die Initialzündung für ein nationales Lauffeuer war." Schön verschwörungstheoretisch meint Elsässer: "Machtkartell und Monopolpresse" würden versuchen, Pegida als "Dresdner Sonderfall" darzustellen. Der Rechtspopulist versucht, die von Pegida vorgegebenen Inhalte zu erweitern. Legida habe beim Aufruf zur Demo bereits erste Vorgaben gemacht:

Wir sind nicht der Spielball der Mächtigen dieser Welt, wir sind nicht das Auffangbecken für Flüchtlinge, die die amerikanische Kriegspolitik produziert! Wir wollen keinen Parteienfilz, keine Lobbywirtschaft, keine Lügenpresse! Wir wollen keine Altersarmut, keine Kinderarmut, keine Verarmung der Mittelschicht! Wir wollen keine kriminellen Ausländer und Sozialschmarotzer! Wir sind keine Mischpoke, sondern das mündige Volk!

Wir wollen hier JEDEN, der unsere Gesellschaft bereichert, MIT uns lebt und sich mit unserer Kultur und unseren Werten identifiziert.

Aus dem Demo-Aufruf von Legida

Was Oertel bei Günther Jauch nicht schaffte, nämlich die politischen Forderungen von Pegida darzustellen, versuchte Bachmann mit dem Positionspapier mit sechs Punkten zu schaffen, das er nochmals verlas. Man will ein kanadisches oder schweizerisches, aber auch australisches Einwanderungsgesetz, ein im Grundgesetz verankertes Recht auf Integration, aber auch die Pflicht dazu, eine schnelle Ausweisung von straffällig gewordenen Asylbewerbern und Migranten, direkte Demokratie auf Bundesebene, weil Pegida "Wir sind das Volk" für sich beansprucht, mehr Geld für Polizei - und ein "Ende der Kriegstreiberei gegenüber Russland".

Der letzte Punkt ist neu, dürfte aber die "Lügenpresse"-Rufer besänftigen, man bewegt sich ein wenig weg von der Konzentration auf Islamisierung und Islam, will Sicherheits- und Einwanderungspolitik besetzen und vermeidet, über Sozial- und Wirtschaftspolitik zu sprechen, während man die Unzufriedenheit mit "dem System" oder der Parteiendemokratie mit der Forderung nach Volksentscheiden aufzugreifen versucht. Alles in allem ein bisschen dünn und zu wenig markant, um die "Bewegung", die schon zu einem Verein geworden ist, lange am Laufen zu halten, vor allem wenn die Medien sich wieder anderen Themen zuwenden werden und die mediale Aufmerksamkeit geringer wird, durch die Pegida und die Klons und Trittbrettfahrer erst gewachsen sind.