Pentagon denkt über Geheimprogramm zur Manipulation der öffentlichen Meinung in befreundeten Ländern nach

Schon einmal musste das Pentagon ein geplantes Propagandabüro zur Medienmanipulation wieder beerdigen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Was macht man, wenn das eigene Verhalten nicht einmal bei den Freunden so ankommt, wie man dies gerne hätte? Man könnte auf die Kritik hören, ins Gespräch kommen oder eventuell auch das Verhalten ändern. Man könnte aber auch versuchen, wenn man sich im Recht glaubt und nichts verändern will, das Verhalten besser zu verpacken und dafür zu sorgen, dass es günstiger dargestellt wird. Das scheint noch immer die Perspektive des Pentagon zu sein, denn offenbar überlegt man dort schon wieder (oder immer noch), mit verdeckten Operationen, also heimlich, die öffentliche Meinung auch in neutralen und befreundeten Ländern zu manipulieren.

Im Februar erst musste ein verärgerter Verteidigungsminister kundtun, dass das die geplante Propaganda-Abteilung "Office for Strategic Information" nicht eingerichtet wird. Seiner Zeit war geplant, beispielsweise auch ausländischen Medien in befreundeten Ländern Berichte zuzuspielen, um für eine freundliche Stimmung gegenüber dem Pentagon zu sorgen. Das aber heißt nichts anderes, dass die Menschen in den befreundeten Ländern manipuliert werden sollen. Und wenn eine der Grundlagen einer Demokratie die freie Presse ist, dann würde das Pentagon, angeblich im Dienste von Freiheit und Demokratie, diese zu Desinformationskampagnen zu instrumentalisieren suchen.

Vorbild CIA in den Tagen des Kalten Kriegs?

Bekanntlich hatte die CIA im Kalten Krieg just eine solche Manipulation der Medien heftig betrieben. Es wurden zahlreiche Intellektuelle und Journalisten heimlich bezahlt, um für amerikanische Interessen einzutreten. Im Zentrum dieser Manipulationskampagne stand in den 50er und 60er Jahren der "Kongress für kulturelle Freiheit", der Angestellte in 35 Ländern beschäftigte, Dutzende von Zeitungen veröffentlichte, Ausstellungen und Konferenzen veranstaltete, Kulturpreise verlieh und eine Nachrichtenagentur betrieb. Ziel war auch damals vornehmlich Westeuropa, das es damals von allen Sympathien zum Kommunismus zu befreien galt.

Ende der 60er Jahre wurde der auch anderweitig oft glücklos operierende Geheimdienst ein wenig mehr in Schranken verwiesen. Auch die Anordnung von Präsident Ford 1974, dass Regierungsangehörige sich nicht an Morden politischer Gegner beteiligen dürfen, rührt aus dieser wilden Zeit der Geheimdienste. Das Militär hatte sich eher von solchen Manipulationen ferngehalten - schließlich gibt es dafür ja die Geheimdienste - und "Informationsoperationen" in feindlichen Ländern durchgeführt. Solche Informationsoperationen reichen von der Beeinflussung der Menschen über Rundfunksendungen oder dem Abwerfen von Flugblättern bis hin zur Zerstörung von Medien und Kommunikationseinrichtungen, wie dies auch in Afghanistan oder im Kosovo-Krieg praktiziert wurde.

Schlechte Erfahrungen mit durchgesickerten Informationen

Daher war auch im Pentagon die Einrichtung eines Propagandabüros umstritten, das die öffentliche Meinung in befreundeten Ländern (und damit möglicherweise auch die eigenen Medien) gezielt beeinflussen sollte (Das Pentagon will für bessere Propaganda sorgen). Genau wie dieses Mal sickerten Informationen an die Medien. Rumsfeld gab sich genervt, sprach von Übertreibungen, versicherte, dass das Pentagon stets die Wahrheit sage (Rumsfeld: Pentagon lügt nicht), und behauptete, dass damit das Projekt gestorben sei, weil das Propagandabüro nach all der Medienaufmerksamkeit nicht mehr effektiv arbeiten könne (Aus für die Propaganda-Abteilung des Pentagon).

Dass damit aber nicht unbedingt auch die Versuche beendet werden, die Meinungsbildung in befreundeten Ländern zu beeinflussen, war zu erwarten, zumal die Stimmung seitdem, was vor allem den möglichen Waffengang gegen den Irak angeht, in vielen Ländern nicht besser wurde. Der Anti-Amerikanismus scheint weltweit, vor allem aber auch in den befreundeten muslimischen Ländern, zuzunehmen. Selbst in Südkorea ist die Stimmung nach dem Unfall umgeschlagen, bei dem zwei Mädchen von einem amerikanischen Militärfahrzeug getötet wurden. Dass geheime Propagandakampagnen, wenn sie denn durchgeführt werden sollten, indem man beispielsweise Journalisten bezahlt, auch in Deutschland stattfinden würden, läge auf der Hand. Hier ist, wie in vielen anderen Ländern, nicht nur ein Großteil der Menschen gegen einen Krieg, sondern hat sich auch die Regierung dagegen ausgesprochen, auch wenn sie jetzt Schritt für Schritt die forsche Haltung zurücknimmt und immer mehr Konzessionen machen will.

Noch allerdings ist, wie die New York Times berichtet, das Programm nicht offiziell von Verteidigungsminister Rumsfeld bewilligt worden, der sicherlich auch dieses Mal nicht über das Durchsickern der Informationen froh sein wird. Angeblich gibt es auch noch keine Pläne, wie die Informationsoperationen zur Manipulation der öffentlichen Meinung im einzelnen vonstatten gehen könnten.

Krieg und Propaganda

Mehr Glück hatte das Außenministerium, das sich schon früh eine Werbefachfrau geholt hatte (Zur Aufrüstung der Wahrheit), um das Image der USA im Ausland, vornehmlich in den muslimischen Ländern, zu verbessern. Und weil man offenbar allerorten der Meinung ist, dass die Botschaft der US-Politik zwar gut ist, sie nur nicht richtig vermittelt wird, scheint man auch im Weißen Haus selbst darüber nachzudenken, sich eine eigene Propaganda-Abteilung einzurichten (Das Weiße Haus will auch ein Propagandabüro). Die Welt ist schließlich alles, was in den Medien erscheint.

Mit dem Bekanntwerden von immer neuen Manipulationsversuchen dürfte die US-Regierung sich wohl keine neuen Freunde machen - auch nicht unter den Regierungen der befreundeten Länder. Und ob der Ansatz überhaupt tragfähig ist, mit PR-Mitteln ein offenbar nicht wirklich auf dem Meinungsmarkt im Ausland durchschlagendes "Produkt" wie die militärische Supermachtspolitik der US-Regierung besser verkaufen zu können, ist überdies sehr zweifelhaft.

Aber offensichtlich scheint die Bush-Regierung auch hier gerne die Praxis wieder aufzugreifen, die im Kalten Krieg entwickelt wurde, als es noch einen klaren Feind und sein Reich des Bösen gegeben hat. Bekanntlich wurde John Poindexter, der ehemalige Sicherheitsberater von Ronald Reagan - der damalige Vizepräsident war Bush sen. -, der wegen des Iran-Contra-Skandals aus der Armee entlassen wurde, just zur Zeit, als das Office for Strategic Information gegründet werden sollte, zum Leiter des Information Awareness Office bei der DARPA, das mit einer anderen Informationsoperation beauftragt ist: der Entwicklung eines weltweiten Schnüffelsystems namens "Total Information Awareness" (TIA).