Plankton erhöht CO2-Aufnahme mit steigendem CO2-Gehalt in der Luft

Die Kieler Wissenschaftler, die die Studie durchgeführt haben, warnen aber gleichzeitig vor erheblichen Risiken für Ökosysteme bei erhöhter CO2-Aufnahme

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Die ersten Unternehmen wurden bereits gegründet, um beim lukrativen Emissionshandel von Kohlendioxid-Zertifikaten mit dem Meeresdüngen ganz vorne zu stehen. Gerade erst hat die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) ihre Bedenken vor solchen großen Eingriffen zur Klimaveränderung geäußert und angekündigt, derartige Versuche zu regulieren (Kritiker der kommerziellen Meeresdüngung zur Klimakontrolle erzielen ersten Erfolg). Ein Wissenschaftlerteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel hat nun eine Studie vorgelegt, nach der das Meeresdüngen effizienter sein könnte, als man bislang angenommen hat.

Mikroalgen unter dem Mikroskop: CO2-Fresser im Ozean, A. Stuhr, IFM-GEOMAR

Etwa die Hälfte der von den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen sind von den Meeren aufgenommen worden, wodurch der pH-Wert der Meeresoberfläche reduziert wurde. Dabei spielen Algen, das so genannte Phytoplankton, eine große Rolle, Sie nehmen zur Photosynthese CO2 auf, geben Sauerstoff ab und lagern einen Teil des aufgenommenen Kohlenstoffs, wenn sie absterben und zu Boden sinken, am Meeresgrund ab, was man die biologische Kohlenstoffpumpe nennt. Ob die Meere weiterhin bei wachsenden Emissionen in selbem Ausmaß CO2 aufnehmen können, ist umstritten. Erst kürzlich berichteten Wissenschaftler, dass die Aufnahme in den letzten Jahren bereits zurückgegangen sei. Unbekannt ist auch, welche Folgen eine weitere Absenkung des pH-Werts des Wassers haben könnte.

Bei einem Versuch in einem norwegischen Fjord südlich von Bergen haben die Wissenschaftler des unter Leitung des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften mit ihren Kollegen 2005 neun "Mesokosmen" eingerichtet, wie sie in Enhanced biological carbon consumption in a high CO2 ocean, veröffentlicht in der Zeitschrift Nature (doi:10.1038/nature06267), schreiben. Dabei handelt es sich um 10 Meter tiefe und 27 Kubikmeter Wasser fassende Schläuche. Der CO2-Gehalt der Luft in diesen "Mesokosmen" wurden unter den gegenwärtigen Bedingungen sowie unter den für 2100 und 2150 prognostizierten Werten simuliert.

Zwei der im Fjord eingebrachten Mesokosmen. Bild: IFM-GEOMAR

Bei dem erhöhten CO2-Gehalt der Luft nahm das in den Schläuchen befindliche Phytoplankton auch ohne Düngung bis zu 39 Prozent mehr Kohlenstoff auf, das am Ende der Planktonblüte mit den absterbenden Algenzellen zu Boden sank. Die Wissenschaftler beobachteten die Reaktionen allerdings nur für eine Zeitspanne von 24 Tagen. Während des Experiments wurde frisches Wasser und auch Phosphor und Nitrate zugeführt. Mit der Algenblüte veränderte sich auch Zusammensetzung der dominanten Algenarten, sondern mit dem vermehrten Wachstum wurden die übrigen Nährstoffe (Nitrate, Phosphate, Silikate) auch schneller verbraucht. Nach etwa 12 Tagen war der Höhepunkt der Algenblüte.

Die Wissenschaftler sagen, sie seien überrascht gewesen, in welchem Ausmaß das Phytoplankton auf die veränderten CO2-Werte reagiert haben. Die steigende Aufnahme von CO2 könnte die Projekte der Unternehmen stützen, die Meere in nährstoffarmen Regionen zu düngen, um so mehr Kohlenstoff aus der Luft auf den Meeresboden zu pumpen. Allerdings warnen die Wissenschaftler vor "erheblichen Risiken und Nebenwirkungen". So würde durch eine größere CO2-Aufnahme durch das Phytoplankton die Versauerung auch der Tiefsee verstärkt. Zudem würde den tieferen Wasserschichten mehr Sauerstoff entzogen. Und die Veränderung des Phytoplaktons durch stärkere CO2-Aufnahme könnte auch deren Funktion für das Nahrungsnetz verändern. Frühere Studien hätten darauf hingewiesen, dass Kleinkrebse, die mit Kohlenstoff reicheren Mikroalgen gefüttert wurden, reagierten mit geringerer Wachstumsrate und vermindertem Erfolg bei der Fortpflanzung.