Polizeiforum als Protest gegen Polizeirazzien gehackt

Beim Hack des Polizeiforums ging es um eine - fragwürdige - politische Aktion, bei einem auf der Documenta-Website kurzzeitig aufgetauchten Bondage-Video wohl um eine - fragwürdige - PR-Aktion

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Hacken von Websites ist schon lange eine Form, im öffentlichen Raum des Web auf sich aufmerksam zu machen. Nach der bundesweiten Razzia gegen linke und alternative Projekte im Umkreis der G-8-Gipfelgegner wurde aus Protest ein Polizeiforum gehackt, um in der dort publizierten Mitteilung einmal den rhetorischen Spieß umzudrehen. Am Dienstag und Mittwoch tauchte ein Porno- oder Kunst-Video kurzzeitig an Stelle aller anderer Inhalte auf der Website der Documenta auf. An einen Hack mag man hier aber nicht so recht glauben.

Fragen ließe sich auf dem Hintergrund der gestrigen Razzien, ob diese "Computersabotage" des Polizeiforums http://www.german-police.org/ nach § 129a bereits dazu berechtigen würde, die Täter als "terroristische Vereinigung" zu verfolgen - wenn es denn mehr als zwei gewesen sein sollten. Diese Verfolgungslücke will aber die Bundesregierung bald schließen.

Wer auch immer die Seite überschrieben hat, versuchte die Aktionen und Verlautbarungen von Sicherheitspolitikern ins Absurde zu ziehen, wenn nun die Globalisierungsgegner zu denjenigen stilisiert werden, die sich der Befugnisse annehmen, um präventiv gegen terroristische Gefahren vorzugehen, die vom Staat ausgehen könnten. Parodiert und reproduziert wird dabei vor allem die Online-Durchsuchung, in diesem Fall wurden allerdings die auf der Website gefundenen Daten nach der "Beschlagnahmung" vom "Generalbundesdatenantifaschist Hagbard Celine" der interessierten Öffentlichkeit zum Herunterladen zur Verfügung gestellt. Nachdem das defacement von german-police.org entfernt wurde, findet man die Daten, d.h. die im Forum veröffentlichten Einträge, mittlerweile auf anderen Seiten.

Dieses Forum wurde präventiv vor dem G8-Gipfel beschlagnahmt.

Es gibt ernstzunehmende Hinweise, das sich Teile der Polizeibeamtenschaft im Rahmen des G8-Gipfels staatsterroristisch (gemäs 129a) betätigen wollen, daher sahen wir uns im Namen der Bundesdatenantifa gezwungen umfassende Masnahmen einzuleiten, um dieser Bedrohungssituation Herr zu werden.

Wir setzen dabei auf die aktive Mithilfe aller Burgerinnen und Burger bei der Auswertung der beschlagnahmten elektronischen Daten um vergangene Straftaten aufzuklären und zukunftige Straftaten im Rahmen des G8-Gipfels zu verhindern.

Insbesondere erhoffen wir uns Namen und Anschriften von bisher unbekannten Straftätern zu ermitteln, um diese an die Exekutivorgane der Antiglobalisierungsbewegung weiterzuleiten und eine umfassende präventive Uberwachung zu gewährleisten.

Neben dem aktiven Ermittlungshintergrund dieser Durchsuchungsmasnahme sehen wir auch die Moglichkeit besseren Einblick in Polizeistrukturen zu erlangen und die organisierte kriminelle Polizeiszene besser zu analysieren. Einer unserer Ermittler Vorort sagte dazu: "Wir haben in den Busch geschossen, nun sehen wir weiter, was und wer sich dort bewegt"

Vielen Dank geht an dieser stelle an Bundesinnenminister Schäuble, der die legislative Grundlage fur die hier angewandte Form der Online-Durchsuchung masgeblich mit geschaffen hat.

Da die Auswertung der Daten aufgrund ihrer Masse noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen wird, haben wir uns dazu entschlossen den Burgerinnen und Burgern eine vorab Version in Form von SQL-Daten zu Verfugung zu stellen. Als bequemere Alternative stellen wir Ihnen eine ältere Version der beschlagnahmten Daten im HTML-Format zum Download bereit.

Generalbundesdatenantifaschist Hagbard Celine

Was hat die Documenta mit YouTube zu tun?

Bis vor kurzem rumorte es noch viral im Web. Heute hat Holger Liebs aber in der Süddeutschen darauf hingewiesen, dass kurzzeitig am Dienstag und am Mittwoch auf der Homepage der Documenta ein Bondage-Video zu sehen war. Er rätselt, ob die Website nun gehackt wurde oder es sich um eine gezielte Aktion gehandelt hat. Möglicherweise ist vielleicht aber auch nur irgendetwas schief gelaufen.

Es hat sich um ein Video mit dem Titel "Lovely Andrea" von Hito Steyerl gehandelt, das vermutlich für die Documenta gemacht und irgendwie auf YouTube gelandet ist. Mittlerweile wurde es wieder von der Website entfernt. Liebs macht sich Gedanken, ob sich die Documenta durch einen Hack "der Nobilitierung durch die Web 2.0-Gemeinde rühmen" dürfte, als ob es ein Privileg sei, gehackt zu werden. Fraglich auch, warum denn ausgerechnet dadurch die "Web 2.0-Gemeinde" als "neue Klientel" der Documenta ihre Aufmerksamkeit schenken wird. Wäre das Auftauchen des Videos jedoch eine Werbestrategie gewesen, so sei das ein "recht kurzatmiger Hype", der zudem die Documenta in die Nähe von Bondage-Pornos rücke.

Gerüchteweise verbreitet Heman Chong die "Information", was dann doch vielleicht Aufmerksamkeit auf die Website der Documenta lenken könnte, dass nach "Insidern" das Video immer wieder mal auftauchen könne. Das führt zwangsweise zur Vermutung, ob er nicht auch Teil des viralen Marketing ist, an dem nach der Süddeutschen nun auch Telepolis teilnimmt:

Apparently, according to my insider sources, the video will be up for a couple of hours each day for the next couple of days. So it might be worth it to troll around your computer to catch a glimpse of it.

As much as I would like to critique the whole cheezy-ness of the phenomeon, I must say, this is much more fun than another write-up or another photo log of someone putting their leftover lunches in a metal box. And damn, it's just about as close to bare life as you can get.