Praktisch nicht unterscheidbar

Konservative US-Politiker und US-Justizminister wollen neues Gesetz gegen virtuelle Kinderpornographie

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Vor zwei Wochen hat der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten das Verbot "virtueller Kinderpornographie" mit einer Begründung aufgehoben, die auch interessant für ein mögliches Verbot von Computerspielen sein könnte. Nun versuchen einige konservative Politiker, schnell Ersatz für das Gesetz zu finden. Kritiker geben dem neuen Gesetzentwurf jedoch kaum Chancen.

Der US Supreme Court hatte vor zwei Wochen entscheiden, dass der Child Pornography Prevention Act von 1996 gegen die von der Verfassung zugesicherte Meinungsfreiheit verstößt (siehe auch: Es gibt einen Unterschied zwischen Simulation und Wirklichkeit). Bereits unmittelbar nach der Entscheidung hatte der republikanische US-Senator Orrin G. Hatch angekündigt, bald Ersatz für das Gesetz zu schaffen. Mit dem nun vorgestellten Child Obscenity and Pornography Prevention Act lassen seine konservativen Mitstreiter nun Taten folgen.

Hauptanliegen beider Gesetze ist das Verbot so genannter "virtueller Kinderpornographie" - also von Bildern und Filmen, die sexuelle Handlungen von Minderjährigen darstellen, diese aber nicht tatsächlich abbilden. Auch Werbung für Pornographie, die den Anschein erweckt, es handele sich Kinderpornographie war durch den CPPA verboten und soll es nun wieder sein. Der wesentliche Unterschied zwischen dem neuen Gesetzentwurf und seinem Vorgänger ist, dass nun Darstellungen verboten werden sollen, die "praktisch nicht [von Kinderpornografie] unterscheidbar" sind. Im alten Gesetz hatte es noch geheißen, die Bilder müssten lediglich "den Anschein erwecken", unter Mitwirkung Minderjähriger entstanden zu sein.

"Der Unterschied besteht in leeren Worthülsen", meint Douglas Mirell von der US-Anwaltskanzlei Loeb & Loeb zu den beiden Gesetzestexten. Mirell ist Rechtsbeistand der American Civil Liberties Union (ACLU), die gemeinsam mit der von der Erotik-Industrie gegründeten Free Speach Coalition gegen den CPPA geklagt hatte. Er glaubt, dass der Gesetzgeber den neuen Entwurf verabschieden wird, ist sich aber eben so sicher, dass er damit abermals beim Supreme Court scheitern wird. Das einzige, was damit erzielt werde, sei Zielgruppenberuhigung. Die Politik wolle damit lediglich zeigen, dass sie aktiv sei. "Das ist wirklich dumm", so Mirell.

Pornographie-Gegner haben in der Diskussion um virtuelle Kinderpornos immer wieder argumentiert, Pädophile könnten sich auch von solchen Darstellungen zu Kindesmissbrauch anleiten lassen, deswegen müsste der Gesetzgeber einschreiten. Mirell will das jedoch nicht gelten lassen. Nur wenn es um tatsächlichen Missbrauch gehe, müsse der Staat handeln. Die visualisierte Idee allein reiche dafür aber noch nicht aus. Wenn der Staat hier eingreife, mutiere er zur Gedankenpolizei: "Es gibt eine dünne aber wichtige Linie, die niemals überschritten werden sollte: Die Linie zwischen Handlungen und Gedanken."