Putin die Stirn bieten – aber nicht mit neuen fossilen Projekten

Warum es ein Energie-Embargo gegen Russland braucht, über kurzfristige Alternativen, die Blindheit der Zivilgesellschaft und groteske Klimapolitik: Interview mit Sebastian Rötters von "Urgewald".

Die Umweltorganisation Urgewald arbeitet seit Jahren dafür, dass der klimaschädlichen Fossilwirtschaft einfach die Finanzierungsgrundlage entzogen wird. Ihre laufend aktualisierten Datenbanken Global Coal Exit List (GCEL) und Gas and Oil Exit List (GOGEL) – also etwa "Globale Ausstiegsliste Kohle" und "Globale Ausstiegsliste Gas und Öl" – dienen vielen Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und anderen institutionellen Anlegern als wichtige Grundlage dafür, ihre Gelder aus der Fossilwirtschaft abzuziehen oder sie gar nicht erst dort zu investieren.

Doch inwiefern ist dieser klare Ansatz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine unter Druck? Gibt es in dieser Situation nicht auch "gute" fossile Projekte, nämlich sofern sie dabei helfen, so schnell wie möglich ohne russische Energieträger auszukommen?

Sollte man vielleicht sogar wieder auf Atomstrom setzen – oder doch lieber auf Einsparungen und die Erneuerbaren? Sebastian Rötters von Urgewald, dort zuständig für Energie- und Kohlekampagnen, hat dazu klare Ansichten.

"Wir haben von Anfang an ein Energieembargo gefordert"

Herr Rötters, wie ist Ihre Sicht auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine?
Sebastian Rötters: Russland führt einen verbrecherischen Angriffskrieg, den wir durch unsere Importe von Gas, Kohle und Öl wesentlich mitfinanzieren. Das lässt sich nicht rechtfertigen – nicht, wenn man die Menschenrechte ernst nimmt. Wir haben deshalb tatsächlich von Anfang an ein Energieembargo gefordert. Das ist leider nicht gekommen.
Solchen entschiedenen Positionen wird gern vorgeworfen, sie würden im heimeligen Schaukelstuhl fernab des Geschehens formuliert.
Sebastian Rötters: Wir arbeiten seit Jahren mit dem russischen Umweltaktivisten Vladimir Slivjak (Träger des Alternativen Nobelpreises 2021) und seiner russischen Nichtregierungsorganisation Ecodefense zusammen. Er positioniert sich seit vielen Jahren sehr kritisch gegenüber dem russischen Regime und musste 2021 das Land verlassen, weil er sonst mittlerweile wohl bereits im Gefängnis säße. Seit dem 24. Februar arbeiten wir auch intensiv mit einer ganzen Reihe ukrainischer Nichtregierungsorganisationen zusammen.
Doch die Forderung nach einem Embargo ergibt sich auch mit Blick auf unsere eigene Lage. Mir scheint, dass die EU und insbesondere Deutschland ja nur noch reagieren. Man hofft nur noch, dass uns Putin nicht den Gashahn zudreht; und dieses Prinzip Hoffnung gegenüber einem solchen Aggressor ist natürlich einerseits naiv und andererseits auch gefährlich, weil es die eigene Handlungsfähigkeit untergräbt.
Angenommen, es wäre zu dem von Ihnen geforderten Embargo gekommen – dann wäre der Bedarf nach sehr kurzfristigem Ersatz für die russischen Lieferungen ja noch dringender. Unterstützen Sie also die entsprechenden Bemühungen der Bundesregierung?
Sebastian Rötters: Ich halte es für fatal, dass wir noch nicht mal im Ansatz alle Sparmöglichkeiten ausgeschöpft haben, aber gleichzeitig schon Langfristverträge mit Katar oder anderen Staaten schließen – denken Sie etwa auch an die Partnerschaft mit Aserbaidschan, deren Aufbau Kommissionspräsidentin von der Leyen bekannt gegeben hat. Das heißt, solche Deals werden jetzt geschlossen für viele Jahre, und Klimaziele werden dabei über Bord geschmissen.
Aber natürlich auch die Menschenrechte. Scholz telefoniert mit dem kolumbianischen Präsidenten und sagt: "Hey, es wär super, wenn Ihr uns mehr Steinkohle liefert." Das heißt, Menschenrechte werden einfach so weggewischt und es wird versucht, nur den einen Lieferanten fossiler Energieträger durch andere zu ersetzen.

Kurzfristige Alternativen zu russischen fossilen Energieträgern

Sie haben für verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen in Lateinamerika gearbeitet, nicht zuletzt auch zum Thema "Blutkohle" aus Kolumbien.
Sebastian Rötters: Ja. Die Steinkohleförderung in Kolumbien geht seit vielen Jahren mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher und das ist auch seit langem bekannt. Doch nicht deshalb hatte sich Deutschland überwiegend zurückgezogen. Man hatte sich nach Russland bewegt – übrigens ungeachtet erheblicher Menschenrechtsprobleme auch dort1 –, weil es schlicht billiger war.
Aber das zeigt natürlich auch, wie wenig verantwortlich die Energieversorger da gearbeitet haben. Keines der wiederholt angesprochenen Probleme dort wurde auch nur ansatzweise gelöst. Wenn deutsche Energieversorger jetzt wieder verstärkt in Kolumbien einkaufen, muss auch die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die Menschenrechtsverletzungen endlich angemessen adressiert werden.
Gäbe es denn ansonsten andere fossile Projekte bzw. Lieferanten, die man – um die russischen Lieferungen kurzfristig zu ersetzen – einigermaßen bedenkenlos vorantreiben bzw. nutzen könnte?
Sebastian Rötters: Aus meiner Sicht ist das schwierig. Wenn wir zunächst bei den Menschenrechtsproblemen bleiben, die sich mit bestimmten Förderstätten verbinden: Selbst in Kanada gehen die ökologisch katastrophalen fossilen Projekte wie die Coastal GasLink Pipeline oder die Trans Mountain Pipeline Expansion und erst recht die Ölgewinnung aus Teersanden nicht zuletzt auch mit massiven Verletzungen der Menschenrechte der Ureinwohner:innen einher.
Was die Klimaproblematik angeht, ist ja ohnehin jede Verstromung, jede Verbrennung fossiler Energieträger mittlerweile ein Problem; und darum sollte man sich auch durch die Berechnung irgendwelcher "Restbudgets" nicht herummogeln.
Aber gut, Sie haben nach kurzfristigen Alternativen zu russischen fossilen Energieträgern gefragt. Hier ist mit Blick auf das Klima aus meiner Sicht entscheidend, dass kein Neuaufschluss von Lagerstätten stattfindet, denn dafür sind Anfangsinvestitionen nötig, die ihrerseits eine bestimmte Mindestlaufzeit voraussetzen.
UN-Generalsekretär Guterres hat es ja schon gesagt: Es darf keine Ausweitung der Förderung geben, keine neue Erschließung von Förderstätten. Das geht einfach wegen des Klimas nicht, und das sollte auch vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine nicht in Vergessenheit geraten.
Das heißt: Sofern Einsparungen und der Ausbau der Erneuerbaren kurzfristig nicht reichen, muss man schauen, ob man für begrenzte Zeit bestehende Förderstätten vielleicht etwas schneller ausbeuten kann.
Heißt das auch, dass man die deutschen Atomkraftwerke ruhig ein wenig später abschalten sollte, um uns über den Winter zu retten?
Sebastian Rötters: Ich persönlich habe da gar keine besonders dogmatische Positionierung, halte das aber eher für eine Nebelkerze. Der Vorrang muss ganz klar auf der Energieeinsparung und dem Ausbau der Erneuerbaren liegen. Übrigens exportieren wir gerade eine Menge Strom nach Frankreich, weil dessen AKW wegen Sicherheitsmängeln reihenweise stillstehen.

"Auch die Zivilgesellschaft hat nicht genau genug hingeschaut"

Inwiefern könnten denn Einsparungen in der jetzigen Situation wirklich einen nennenswerten Beitrag leisten? Gibt es da vielleicht sogar konkrete Berechnungen?
Sebastian Rötters: Wir sind jetzt im Sommer, fast ein halbes Jahr seit Anfang des Krieges. Es gab schon letzten Sommer Stimmen aus der Ukraine, aus den USA, aus verschiedenen Ländern, die die deutsche Bundesregierung und die Energieversorger darauf hingewiesen haben: Leute, hier läuft etwas grundlegend falsch, hier ist Gefahr im Verzug.
Das ist damals weggelächelt worden mit dem altbekannten Argument, Russland war auch in Zeiten des Kalten Krieges immer ein zuverlässiger Geschäftspartner. Man hat also da schon die Chance vertan; und zudem muss man selbstkritisch sagen.
Auch die Zivilgesellschaft hat hier sicher nicht genau genug hingeschaut, obwohl der russische Krieg gegen die Ukraine ja schon seit 2014 im Gang ist und auch mittel- und osteuropäische Länder permanent gewarnt haben, Stichworte Nordstream 2, Rückgang der Gaslieferungen usw.
Dann die Ausweitung des Krieges seit dem 24. Februar. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ich mir gewünscht, dass die Bundesregierung auch in ihrer Rhetorik nach außen klar anzeigt: Wir befinden uns eigentlich in einem unausgesprochenen Kriegszustand und brauchen in dieser Situation besondere Maßnahmen – um die weitere Finanzierung der russischen Kriegsverbrechen so umfassend und so schnell wie möglich zu reduzieren, aber auch mit Blick auf die eigene Energieverfügbarkeit.
Das Sondervermögen für die Bundeswehr wurde bereits nach drei Tagen präsentiert, dabei hilft es den Menschen in der Ukraine überhaupt nicht.
Im Energiebereich hingegen hat man viele Monate verplempert, in der eine Menge fossiler Energie hätte eingespart werden können. Man hat aber im Grunde auf Business as usual gesetzt und gehofft, dass es dann doch nicht so schlimm kommt.
Ob man Berechnungen habe für den Fall eines Embargos, werden NGO dann gern gefragt. Dazu möchte ich anmerken, dass es jede Menge Studien gibt, die entweder sagen, es geht, oder eben es geht nicht. Genauere Berechnungen scheitern vermutlich an zwei Dingen: Erstens an fehlenden Daten, weil diese gar nicht öffentlich zugänglich sind, und zweitens an der Frage, wie ernsthaft überhaupt versucht wird, den Verbrauch zu verringern, sprich: Wie ernst nehmen wir diese Krise bzw. diesen Krieg?
Jetzt gerät Uniper nach vielen Jahren verheerender Russlandstrategie in eine wirtschaftliche Schieflage und wir alle dürfen uns an der Rettung beteiligen, ohne dass es eine konsequente Aufarbeitung gibt, welche Abhängigkeiten und Verträge denn dieses Dilemma überhaupt ausgelöst haben.
Gleichzeitig gibt es natürlich einige Indikatoren, die darauf hindeuten, dass die Verbrauchsreduktion bislang eher nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" verliefen. Es gibt ja noch nicht einmal ein Tempolimit, obwohl dies Öleinsparung zum Nulltarif bedeutete. Außerdem verbrennen wir immer noch sehr viel Gas für die Stromerzeugung. Das hätte man längst auf ein absolutes Minimum herunterfahren können – gerade so viel, dass bestimmte Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung weiterarbeiten können.
Wenn wir von Anfang an diese Herausforderung als das angenommen hätten, was sie ist, nämlich ein Angriff eben auch auf Europa, beschränkte sich die Diskussion sicher nicht bloß auf die Wassertemperatur öffentlicher Schwimmbäder. Dann erschienen womöglich auch andere Dinge als im Augenblick eigentlich nicht so wichtig, etwa die Produktion bestimmter Industrieprodukte wie Plastik oder was weiß ich, wo ja möglicherweise doch eine ganze Menge eingespart werden könnte.
Kurz: Anstatt unseren Lebensstil anzupassen, sorgen wir uns allein um Ersatzlieferanten zur Stillung unseres Hungers nach fossilen Energieträgern.
Und ausgerechnet die FDP hebelt mit dem Tankrabatt die ansonsten so heiligen "Preissignale" aus ...
Sebastian Rötters: Ja, genau. Dass man den Leuten hilft, ist sicher richtig. Es gibt wohl niemanden in Deutschland, jedenfalls aus den unteren und mittleren Einkommensschichten, der keine Angst vor der nächsten Heizrechnung hat. Das geht mir ganz genauso. Aber dieser Tankrabatt war natürlich grotesk ...
Gerade die FDP fordert ja immer, in der Klimapolitik brav auf CO2-Preise statt etwa auf Verbote bestimmter Verfahren oder Produkte zu setzen.
Sebastian Rötters: Eben. Die sozialpolitische Antwort auf verschärfte Knappheiten infolge des Krieges wie der Klimakatastrophe müssen Hilfen für die unteren Einkommen oder meinetwegen Pauschalbeträge für alle sein, aber nicht die künstliche Senkung von Marktpreisen. Das ist eine komplett verkehrte Maßnahme, weil sie das fürs Sparen unerlässliche Preissignal künstlich nach unten verschiebt.

"Es gibt noch ganz viel, was gemacht werden könnte"

Steht es bei der Förderung der erneuerbaren Energien besser?
Sebastian Rötters: Ich glaube, es gibt noch ganz viel, was gemacht werden könnte. Wie sieht's denn aus mit Programmen für eine unbürokratische Entfesselung der Solarenergie – damit mein ich sowohl Photovoltaik wie auch Solarthermie? Warum gibt es da keine groß angelegten Programme?
Natürlich ist es aktuell schwierig – viele Lieferketten sind unterbrochen, Handwerker sind rar. Klar. Aber es rächt sich eben jetzt, dass da 16 Jahre lang relativ viel geschlafen wurde. Doch angehen könnte man es ja trotzdem.
Dabei geht es aber natürlich auch nicht nur um Förderprogramme. Es muss auch einfach für jeden Investor ganz klar sein: Den Fossilen verbleibt nur noch eine sehr begrenzte Restzeit. Dann kann sich jeder und jede überlegen: Investier ich jetzt noch in irgendein großes Projekt, das, um rentabel zu sein, eine Laufzeit von mindestens 15, 20 Jahren braucht? Oder lenk ich meine Investitionen lieber in die Erneuerbaren?
Wenn es für diese Erneuerbaren dann auch noch Unterstützungsprogramme gibt, sollte die Antwort eigentlich klar sein, zumal die Erneuerbaren für die die lokale Versorgung ja meist schon ohne Unterstützung voll konkurrenzfähig sind.
Klingt einfach – aber auch so, als ob der Zug gerade in die falsche Richtung fährt.
Sebastian Rötters: In der Tat. Aktuell ist das Signal doch wieder: Fossile Energien? Die werden wir – Klimakrise hin oder her – noch ziemlich lange nutzen. Zwanzigjährige Lieferverträge, wie sie jetzt von Habeck in Katar abgeschlossen werden – da fehlen mir die Worte.
Welche Signale setzt das eigentlich nicht nur für Investoren, sondern auch für die internationale Zusammenarbeit, ohne die sich die Klimakatastrophe ja nicht angehen lässt?
Sebastian Rötters: Das kann man sich an den Fingern einer Hand abzählen. Der globale Süden schaut nach Europa und fragt sich, Moment mal, wieso sollen wir denn dann jetzt die Probleme lösen?
In Afrika ist die Situation übrigens besonders grotesk: Obwohl man dort aus Klimagründen eigentlich keine fossilen Projekte für die Energieversorgung Afrikas mehr finanzieren wollte – was ich klimapolitisch grundsätzlich begrüße –, betreibt man jetzt den Ausbau der Förderung für die Lieferung nach Europa. So fährt man die internationale Klimapolitik natürlich an die Wand.
Wäre es vielleicht besser gelaufen, wenn die EU in den Fragen, die wir hier besprochen haben, eine aktivere Rolle gespielt hätte? Bei Corona haben ja auch die Mitgliedstaaten zunächst individuell gehandelt, bevor sie dann zu einer halbwegs gemeinsamen, europäischen Antwort zusammengefunden haben.
Sebastian Rötters: Ich hielte es für wünschenswert, wenn die EU da generell eine stärkere Federführung übernommen hätte, aber es hängt natürlich immer von den Mitgliedstaaten ab. Nach fünf Monaten hat die EU-Kommission endlich ein Einsparmaßnahmenpaket präsentiert. Warum muss man immer erst so lange warten, bis die Krise kaum noch händelbar ist?
Beim Gas lagen ja am Anfang durchaus verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. Ich weiß zum Beispiel, dass aus dem ukrainischen Energieministerium der Vorschlag kam, auch an die deutsche Bundesregierung herangetragen: Wenn Ihr Euch nicht zu einem endgültigen Embargo durchringen könnt, dann zahlt doch wenigstens nur auf ein Treuhandkonto. Dann hätten die Gaslieferungen also erst einmal weitergehen können, aber Russland käme erst nach dem Krieg an sein Geld, wenn es etwa Reparationen geleistet hätte.
Warum sollte sich Russland darauf einlassen, anstatt die Gaslieferungen dann eben einzustellen?
Sebastian Rötters: Hätte man sich gleich am Anfang dazu entschieden, wäre Russland in einer sehr schwierigen Situation gewesen, weil man die Gaslieferungen nicht so einfach abstellen kann. Das geht nicht wie mit einem Lichtschalter. Wenn ich die Lieferung dauerhaft unterbreche, muss ich das Gas irgendwo speichern. Zugleich gibt es weder die Pipeline- noch die LNG-Kapazitäten, um das dann so auf die Schnelle nach Asien zu liefern.
Das heißt, man hätte es irgendwo in Russland speichern müssen, die Speicher wären relativ schnell voll gewesen. Russland hätte wahrscheinlich einen signifikanten Teil der Förderkapazitäten eingebüßt.
Diese Chance wurde vertan. Es gab übrigens auch den Vorschlag, eine Steuer auf russisches Gas zu erheben, um die Gewinne Russlands zu schmälern. Auch das wäre sicherlich nützlich gewesen, wenn es EU-weit koordiniert geschehen wäre.
Und natürlich hätte die Kleinstaaterei in Bezug auf die Verhandlungen mit Russland, aber meinetwegen auch mit anderen Gaslieferanten, verhindert werden sollen. Warum hat man nicht versucht, hier mit einer Stimme zu sprechen und die Beschaffung gemeinschaftlich zu organisieren? Warum hat jeder sein eigenes Süppchen gekocht? Warum haben die einen gesagt, wir zahlen nicht in Rubel, und sind von Russland abgeklemmt worden, und die anderen haben dann doch irgendwelche Konten eröffnet und bekommen weiterhin Gas?
Das ist ja alles andere als solidarisch, was da geschehen ist, und für den europäischen Zusammenhalt Gift gewesen.
Gibt es sonst noch irgendwas, was Sie noch was wir noch nicht besprochen haben oder aus Ihrer Sicht noch zu dem Thema gehörte?
Sebastian Rötters: Ich glaube, zusammengefasst, ist es dringender denn je, dass Deutschland und Europa sich wirklich zu einem Embargo durchringen, allein schon um wirklich die Initiative zurückzuerlangen, und nicht jeden Tag wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen und ängstlich auf den Gaszähler zu schauen – läuft noch was oder nicht mehr?
Das ist doch keine Situation, aus der man eine sinnvolle mittelfristige Strategie entwickeln kann. Man bleibt freiwillig in dieser Abhängigkeit gefangen, in die man sich über all die Jahre begeben hat, statt da endlich zu einem Befreiungsschlag überzugehen, und zu sagen: Auch wenn es weh tut, mit einem solchen Partner kann man nicht zusammenarbeiten, und das beenden wir jetzt.