Putins Krieg und wir

Seite 2: Wladimir Putin, der Aggressor

"Das ist Putins Krieg", so hat es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Rede vor dem Bundestag am vergangenen Sonntag treffend auf den Punkt gebracht.

Ebenso wenig ist von der Hand zu weisen, was der Fraktionsvorsitzende der Unionsparteien, Friedrich Merz, ergänzt hat. Er sagte, dass "so einen Krieg nicht einer allein" befiehlt, und eine solche Situation auch nicht ohne ein entsprechendes politisches Umfeld entsteht.

Das verantwortliche System um ihn (Putin) herum ist ein Geflecht aus Geheimdienstoffizieren und erprobten Meistern der politischen Propaganda wie etwa seinem Außenminister Lawrow, ein Geflecht aus einer großen Gruppe hemmungsloser Oligarchen, die sich die Ressourcen dieses Landes unter den Nagel gerissen haben, und vor allem aus einem repressiven Staatsapparat, der ohne jeden Anflug von Rechtsstaatlichkeit beliebig verhaftet, vergiftet, in Lager steckt, Familien zerstört und auch nicht davor zurückschreckt, mitten in den Ländern Westeuropas Auftragsmorde zu vollstrecken.

Zugegeben, es hat schon etwas Befremdliches, wenn man hier jemanden wie Merz zitiert, um Dinge klarzustellen. Aber wer wollte dem widersprechen?

Ja, es ist richtig, dass die Verantwortlichkeit für das, was wir gerade hilflos in den Nachrichten mitverfolgen müssen, für das Leid, das in diesem Augenblick Menschen keine zwei Flugstunden von uns entfernt zugefügt wird, allein bei den genannten Akteuren liegt. Nicht bei Ukrainern, nicht bei uns im westlichen Europa und nicht in den USA.

Notwendige Einsichten

Sahra Wagenknecht ist als Erste aus dem Umfeld der Linken mit der selbstkritischen Einsicht an die Öffentlichkeit getreten, Wladimir Putin und die russische Außenpolitik falsch eingeschätzt zu haben. Folgerichtig verurteilte sie den Überfall auf die Ukraine als nicht akzeptabel.

In den letzten Tagen sind weitere Äußerungen in diesem oder ähnlichem Tenor aus dem Umfeld von Linken und der SPD zu vernehmen gewesen.

In der Tat muss man sich eingestehen, dass Perspektiven, die darauf gerichtet waren, die russische Sicht der Dinge mit Verständnis zu reflektieren, übersehen haben (wollten?), wie sich gleichzeitig mit zunehmend aggressiverer Rhetorik die russische Außenpolitik zu einer Expansionskampagne ausgeweitet hat.

Auch wurde geflissentlich ausgeblendet, wie Putin über die Jahre über beharrlich, entschlossen und rücksichtslos sein repressives System installiert und somit Russland zu einem autoritären System umgebaut hat. Dabei war ihm jede Geheimdienstfinte recht, hat er vor Mord nicht zurückgeschreckt.

Das alles sollte aus der Perspektive seiner Fürsprecher nicht sein. Im guten Glauben ist man den russischen Vorwürfen gefolgt, der Westen verstoße gegen die Nato-Grundakte von 1997, würde Versprechungen hinsichtlich der EU-Osterweiterungen brechen und latent eine Bedrohung für Russland aufbauen.

All dies ist jetzt nicht plötzlich falsch, aber seit dem 24. Februar in einem anderen Licht zu betrachten. Seit diesem Tag weiß die Welt, dass Putins Russland alles andere als einen Satellitenstaat nach dem Muster Belarus oder Kasachstan nicht akzeptiert. Es geht nicht um Neutralität und Sicherheitsabstand zum Westen, es geht um hegemoniale Ansprüche.