Reform der Öffentlich-Rechtlichen: "Verlorengegangenes Vertrauen kann wettgemacht werden"
- Reform der Öffentlich-Rechtlichen: "Verlorengegangenes Vertrauen kann wettgemacht werden"
- Mehr Transparenz der Politik und Gremienarbeit der öffentlich-rechtlichen Medien
- Für eine Reform der Rundfunk- und Fernsehräte
- Inklusivere Hauptprogramme und barrierefreie Zugänge zu Medienangeboten
- Unbegrenzte Verweildauer von Sendungen im Internet
- Archive der Rundfunkanstalten müssen geöffnet werden
- Ethische Richtlinie eines Publikumsrats
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Telepolis dokumentiert: "Erlanger Erklärung" für die Gründung eines Publikumsrats für gebührenfinanzierte Medien. Kritik an Struktur der Rundfunk-, Fernseh- und Verwaltungsräte. Ziel sind partizipativen Strukturen für moderne Gesellschaft.
Ende Februar 2014 veröffentlichten Medienwissenschaftler den folgenden Text, der Wege zur demokratischeren Kontrolle öffentlich-rechtlicher Medien aufzeigt. Verfasst wurde die Erklärung anlässlich der ersten öffentlichen Diskussion zum Thema, veranstaltet von der Initiative Publikumsrat, dem Institut für Medienverantwortung sowie dem Förderkreis des IMV in Erlangen. Es diskutierten auf dem Podium Dr. Christine Horz, Walter Oberst M.A., Koordinator des medienpolitischen Arbeitskreises des Fachbereichs Medien ver.di Bayern, und Horst Arnold, Jurist und MdL (SPD). Es moderierte Dr. Sabine Schiffer (IMV).
Die Initiative für einen Publikumsrat setzt sich dafür ein, dass Zuschauer:innen und Hörer:innen stärker als bisher in Programm- und Haushaltsfragen der öffentlich-rechtlichen Medien einbezogen werden. Sie hat ihre Arbeit mit der Einführung des neuen Rundfunkbeitrags ("Haushaltsabgabe") Anfang 2013 aufgenommen.
Seither ist grundsätzlich jeder Haushalt verpflichtet, die öffentlich-rechtlichen Medien finanziell mitzutragen, so dass prinzipiell alle Bürger zum Stakeholder (Anspruchsberechtigten) wurden. Aufgrund der Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung sicherzustellen, positioniert sich die Initiative für einen Publikumsrat explizit gegen Beitragsverweigerer.
Im Vergleich mit rein privat-kommerziellen Medienmodellen können öffentlich-rechtliche Medien Meinungspluralismus und Qualität im Journalismus sichern. Allerdings haben die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland Vertrauen bei ihren Hörer:innen und Zuschauer:innen eingebüßt.
Der Einkauf teurer Sportrechte, die Ausdünnung politischer Magazine sowie die mangelnde Transparenz bei wichtigen senderinternen Entwicklungen sind häufig genannte Kritikpunkte. Zudem geraten die Sendeanstalten durch kommerzielle Medien, welche den Rundfunkbeitrag aus rein marktwirtschaftlichen Erwägungen als wettbewerbsverzerrend bezeichnen, zusehends unter Druck.
Die Initiator:innen beziehen bereits existierende Expertisen ein und schließen sich deshalb den Empfehlungen der High Level Group on Media Freedom and Pluralism der EU-Kommission aus dem Jahr 2013 an. Ein Publikumsrat kann als Mittler eine Dialog- und Informationsplattform zwischen Publikum und öffentlich-rechtlichen Medien darstellen.
Er soll nicht nur die Erwartungen des Publikums nach größerer Beteiligung in einer Ombudsmann-Funktion erfüllen. Zu seinen Aufgaben sollte auch gehören, mehr Transparenz der Politik der Rundfunksender sowie der bestehenden Gremien einzufordern und zu evaluieren.
Die Rundfunkanstalten könnten von einer nachhaltigen Nähe zum Publikum profitieren und sich neue zukunftsfähige Legitimationsgrundlagen und Funktionen erarbeiten. Verlorengegangenes Vertrauen kann wettgemacht und die Leistungen können der öffentlich-rechtlichen Medien in der Demokratie verständlich gemacht werden.
Die Neuordnung des Rundfunkbeitrags kann demnach nur ein Baustein auf dem Weg zu einer Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein, zu dem auch die Nutzerpartizipation gehört.
Rundfunkbeitragszahler in die Programmgestaltung einzubeziehen
Der Initiative für einen Publikumsrat ist bewusst, dass den Rundfunkanstalten nach dem Gebot der Staatsferne die Autonomie über die Programmgestaltung obliegt. Dennoch sollten im Zuge der Haushaltsabgabe Beitragszahler:innen endlich eine unabhängige Anlaufstelle erhalten, welche ihre Kritik und Anregungen zum Programm in der Funktion eines Medien-Watchdogs kompetent bündelt, auswertet, und diese als Mittlerin zwischen Zuschauer:in und Rundfunkanstalt transparent macht.
Dazu zählt auch das Angebot der systematischen Programmbeobachtung, welches diese zu gründenden Publikumsräte gemeinsam mit den Zuschauer:innen und Hörer:innen in regelmäßigen Abständen durchführen.