Reform der Öffentlich-Rechtlichen: "Verlorengegangenes Vertrauen kann wettgemacht werden"

Seite 6: Archive der Rundfunkanstalten müssen geöffnet werden

Die Initiative für einen Publikumsrat setzt sich dafür ein, dass Zuschauer:innen und Hörer:innen Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten zu den audiovisuellen Archiven der Sender erhalten. Aus der Sicht der Wissenschaft ist es unhaltbar, dass der Zugang zu den Archiven der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wenn überhaupt, nur punktuell sowie zeitlich und inhaltlich eingeschränkt möglich ist.

In Artikel 5, Absatz (3) des Grundgesetzes werden der Wissenschaft besondere Freiheiten zugestanden. Zum Zwecke wissenschaftlicher Forschung muss der gesamte audiovisuelle Bestand ausgewertet werden können, andernfalls wird – wie bislang – eine Fernseh- bzw. Radioinhaltsorschung auch zukünftig in Deutschland nicht möglich sein, schon gar nicht in historischer Perspektive.

Dieses Defizit steht jedoch in keinem Verhältnis zur staatspolitischen Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Medien und ihres expliziten Bildungsauftrags.

Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag für Publikumsrat nutzen

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) hat errechnet, dass der neue Rundfunkbeitrag zu Mehreinnahmen von 73 Cent pro Haushalt geführt hat. Korrekturen sind demnach notwendig. Wir halten es für geboten, einen Teil der Mehreinnahmen in die stärkere Einbeziehung des Publikums zu investieren, etwa für die Einrichtung von Publikumsräten und Wahlverfahren.

Hiervon können die Zuschauer:innen und Hörer:innen stärker profitieren als von einer Senkung der Beiträge um ca. 0,4 Prozent (73 Cent) oder der Entlastung von Kommunen, Kirchen und Unternehmen.

Förderung der Einflussmöglichkeiten des Publikums

Die Initiative für einen Publikumsrat greift bereits bestehende wissenschaftliche Expertisen zur Publikumsbeteiligung und konkrete Vorschläge zur Umsetzung auf und schließt sich der Forderung an, dass Zuschauer:innen und Hörer:innen zukünftig nicht nur in Programmfragen, sondern auch über die Gestaltung der Programmpolitik des Senders mitbestimmen sollten.

Konkret könnten die Sendeanstalten selbst eine Publikumsvertretung etablieren, wobei ein Problem der Abhängigkeit besteht. Denkbar wäre ein gewähltes Gremium, das aufgrund begrenzter Amtszeiten und Zugangsoffenheit eine möglichst große Bandbreite an Zuschauer:innen und Hörer:innen berücksichtigt, flankiert von einem kleinen Kern an Experten.

Auch eine Beiordnung dieses auf Zeit gewählten Publikumsrats zu den bereits bestehenden Gremien wäre zu erwägen. Die genaue Ausgestaltung von Publikumsräten (in den Bundesländern bzw. in Ergänzung der Rundfunkräte von ARD und Deutschlandradio sowie dem ZDF-Fernsehrat) sollte zeitnah in einer breiten öffentlichen Debatte diskutiert werden, die auch und gerade von den Medien getragen werden kann.