Rheinmetall-Aktie im Höhenflug: Dieser Kriegsgewinner steht schon fest

Neue Waffen wollen ausprobiert werden. Hier der Rheinmetall-Panzer Panther KF51. Foto: Rheinmetall Defence / CC-BY-SA-4.0

Zumindest eine Branche boomt durch den Ukraine-Krieg – und durch die indirekte Beteiligung westlicher Staaten. Welche Rolle spielt Lobbyismus?

Wenn darüber geklagt wird, dass der Ukraine-Krieg der deutschen Wirtschaft schade, dann ist zumindest eine Branche nicht gemeint: Die deutsche Firma Rheinmetall und andere Rüstungsriesen gehören schon jetzt zu den Gewinnern dieses Krieges.

Am Beispiel der Rheinmetall-Aktie lässt sich dies besonders gut ablesen: Mit 367,30 Euro erreichte sie an diesem Dienstagmorgen ein neues Rekord-Hoch und lag am frühen Nachmittag mit 362,10 immer noch deutlich über dem Vortageswert.

Anlass könnte der feierliche Spatenstich für die neue Munitionsfabrik des Rheinmetall-Konzerns mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) am Montag im Landkreis Celle gewesen sein.

Munitionsfabrik als Ausdruck internationaler Verantwortung?

Nach Einschätzung der ARD-tagesschau sah die Bundesregierung "den Spatenstich für die Munitionsfabrik auch als Signal an die Verbündeten, dass Deutschland international Verantwortung übernimmt – und bei den Hilfen für die Ukraine voran geht". Scholz selbst war voll des Lobes für den Konzern und seine Mitarbeitenden.

Abschreckung: Die Logik des neuen Wettrüstens

Wir leben nicht in friedlichen Zeiten. Wer Frieden will, muss erfolgreich abschrecken und braucht zur Verteidigung eine solide industrielle Basis. Dafür steht das erweiterte Rheinmetall-Werk für Munition in Unterlüß. Danke an alle, die dieses Werk so schnell vorangebracht haben!

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag auf der Plattform X

Rund 500 neue Arbeitsplätze sollen hier entstehen. Das Unternehmen gibt eine Investitionssumme von rund 300 Millionen Euro an und spricht von einer "Stärkung der nationalen Sicherheitsvorsorge".

Das Geschäftsmodell der Rüstungsindustrie und ihre Lobbyisten

Doch nicht nur Papst Franziskus hat das Geschäftsmodell der Rüstungsindustrie auf allen Seiten scharf kritisiert: "Es ist ein Markt. Man führt Krieg, verkauft die alten Waffen und probiert die neuen aus", befand er.

Der deutsche Verein LobbyControl – Initiative für Transparenz und Demokratie e.V. recherchiert regelmäßig, wie unter anderem Waffenproduzenten Einfluss auf die Politik nehmen – und kritisiert zum Beispiel, dass der Rheinmetall-Konzern ihm genehme Politiker nach Ende ihrer Amtszeit mit Posten belohne, um deren gute Vernetzung mit aktiven Politikern zum eigenen Vorteil zu nutzen.

Als 2014 der ehemalige Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) von Rheinmetall als Cheflobbyist eingestellt wurde, berichteten darüber auch renommierte bürgerliche Medien kritisch.

Davon ließ sich aber drei Jahre später der Ex-Verteidigungsminister und Bundestagsabgeordnete Franz-Josef Jung (CDU) nicht abschrecken: 2017 wurde er in den Aufsichtsrat der Rheinmetall AG gewählt.

Panzer-Talk: An einem Tisch mit Rheinmetall und Co.

2022 stand die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann als Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik sowie beim Förderkreis Deutsches Heer in die Kritik: Diesem Förderkreis gehören sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen an, darunter die Rheinmetall AG und mehrere Tochtergesellschaften.

Während LobbyControl Strack Zimmermanns Engagement in diesen Vereinen für "schlecht vereinbar mit ihrer Tätigkeit als Ausschussvorsitzende" hielt, betonte seinerzeit der CDU-Politiker Henning Otte – selbst Vizepräsident des Förderkreises Deutsches Heer – dass dort alle Bundestagsparteien mit Ausnahme der Linken und der AfD vertreten seien. Und natürlich hielt er es für unproblematisch.

Strack-Zimmermann hatte sich besonders vehement für die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine eingesetzt.

München: Sicherheitskonferenz mit militärischem Schwerpunkt

Neben anderen namhaften Rüstungsproduzenten der westlichen Welt wie Lockheed Martin, Airbus und MBDA sowie der deutschen Hensoldt AG gehört Rheinmetall auch seit Jahren zu den Sponsoren der Münchner Sicherheitskonferenz, die am kommenden Wochenende zum 60. Mal stattfindet.

Dass dort Rüstungsbosse direkt mit Spitzenpolitikern aus Nato-Staaten und ihrer Verbündeten ins Gespräch kommen und auch Geschäfte anbahnen, ist ein offenes Geheimnis.

Im vergangenen Jahr war Rheinmetall-Vorstand Armin Papperger auf der Konferenz im Luxushotel Bayerischer Hof ein "gefragter Mann", wie im Anschluss das Nachrichtenportal des Vereins Deutscher Ingenieure berichtete.

Proteste gegen Rüstungs-Lobbyismus und Krieg

Eines der Hauptargumente des antimilitaristisches Bündnisses, das in diesem Jahr erneut Proteste gegen die Konferenz organisiert, sind eben diese Anbahnungsgespräche – schon die Rolle der Rüstungsproduzenten bei dem Treffen verhindere, dass dort unvoreingenommen auch über nicht-militärische Lösungsansätze und das Primat der Diplomatie gesprochen werden könne.

Diese Kritik wird bei den Protesten seit Jahren in Bezug auf alle Kriege geäußert, nicht erst seit dem Ukraine-Krieg, den das Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz als "sinnlosen Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland" bezeichnet.

Anlässlich des Spatenstichs in Unterlüß wurde auch am Montag mit einer Mahnwache gegen "Rüstungs- und Kriegspolitik" protestiert, wie die Initiative "Rheinmetall entwaffnen" mitteilte. Protestierende Bauern mit Traktoren wollten dort aber wohl teilweise Scholz noch in einer anderen Angelegenheit zur Rede stellen: Es gehe um den Agrardiesel, sagt ein Beteiligter in einem im Netz kursierenden Video.