Risiken durch Glyphosat: Deutsche Umwelthilfe klagt gegen Zulassung von Roundup

(Bild: Erich Westendarp, Pixabay)

DUH macht Glyphosat verantwortlich für Rückgang der Artenvielfalt. Ob es krebserregend ist, ist noch nicht geklärt. Wie die Klage begründet wurde.

Das Herbizid Glyphosat scheint für die industrialisierte Landwirtschaft unverzichtbar zu sein, und so kämpfen Landwirte und Pflanzenschutzmittel-Hersteller mit allen Mitteln für eine Verlängerung der in der EU ausgelaufenen Zulassung von Glyphosat. So hat die Glyphosate Renewal Group, ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmen unter Führung der Bayer Agriculture BV, einer Tochter des Bayer-Konzerns, einen Antrag auf Erneuerung der Zulassung gestellt.

Ob der Verzehr von Lebensmitteln, die mit Glyphosat behandelt wurden, beim Menschen zu Gesundheitsschäden oder gar Krebs führen kann, ist bisher nicht nachgewiesen.

Das könnte daran liegen, dass niemand die notwendigen Daten erhoben hat, um diese Frage wissenschaftlich zu beantworten. Oder Studien mit möglichen Aussagen zu dieser Frage sind nicht öffentlich zugänglich. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat deshalb vorerst grünes Licht für eine Verlängerung oder Neuzulassung des Herbizids gegeben.

Dieses industriefreundliche Vorgehen stößt nicht nur auf Zustimmung. Um diese Entwicklung zu stoppen, hat die Deutsche Umwelthilfe Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Diese Klage der Deutschen Umwelthilfe, die fachlich von Foodwatch unterstützt wird, bezieht sich auf die unstrittigen Auswirkungen des Glyphosateinsatzes auf den Rückgang der Biodiversität auf den betroffenen Ackerflächen und deren Umgebung.

Klage gegen Zulassung des glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittels ″Roundup Powerflex″

Im Verwaltungsstreit der Deutschen Umwelthilfe gegen die Bundesrepublik Deutschland wurde am 17. Juli Klage eingereicht und am 25. Juli begründet. Die Klage richtet sich exemplarisch gegen die Zulassung des glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittels "Roundup Powerflex".

In der Klagebegründung heißt es:

Der Einsatz hochwirksamer Breitbandherbizide wie Glyphosat ist eine zentrale Ursache für den in Deutschland zu verzeichnenden drastischen Rückgang der Biodiversität in der Agrarlandschaft. Die Minimierung der sogenannten Unkräuter und Schadinsekten führt zu einer Verarmung der Ackerbegleitflora, wodurch vielen Vogel-, Säugetier- und anderen Tierarten der Agrarlandschaft die Nahrungsgrundlage entzogen wird. Auch der weltweit beobachtete Rückgang von Blütenbestäubern wird in einen Zusammenhang mit dem Rückgang von Blütenpflanzen gestellt. Zudem werden Beeinträchtigungen der Bodenfruchtbarkeit durch Schädigung wichtiger Bodenorganismen befürchtet.1 Hinzu kommen Einträge von Glyphosat in Böden, Oberflächengewässer und Grundwasser sowie der Transport über die Luft.

Das am 19. Dezember 2012 zugelassene "Roundup Powerflex" enthält mit 480 g/l Glyphosat deutlich mehr Glyphosat als andere glyphosathaltige Mittel, die häufig nur 360 g/l Glyphosat enthalten. Es wirkt gegen eine größere Zahl von Pflanzenarten und gefährdet damit die biologische Vielfalt noch stärker als andere selektive Herbizide und als glyphosathaltige Mittel mit geringerer Konzentration.

Die besondere Umweltrelevanz von "Roundup Powerflex" sieht der Kläger in der Bandbreite der zugelassenen Anwendungen. Das Mittel kann nach derzeitiger Zulassung in nahezu allen landwirtschaftlichen Kulturen, im Forst und im urbanen Bereich eingesetzt werden.

In den Zulassungsberichten zu "Roundup Powerflex" wird festgestellt, dass das Mittel mit keinen unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sei. Diese Risikobewertung ist aus Sicht des Klägers im Lichte des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik und neuer normativer Anforderungen überholt.

Derzeit seien verschiedene Maßnahmen zur Risikominderung, insbesondere zum Schutz von Oberflächengewässern, vorgesehen. Diese reichen jedoch aus Sicht des Klägers nicht aus, um unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt zu verhindern. Geeignete Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität fehlten völlig.

Auch das Umweltbundesamt sieht den Einsatz von Glyphosat kritisch

So hat das Umweltbundesamt (UBA) mehrfach erfolglos gefordert, auch indirekte Effekte durch trophische Wechselwirkungen bei der Zulassung zu berücksichtigen und in die nationale Risikobewertung einzubeziehen.

Bereits 2016 äußerte sich das UBA zur Einschränkung der Biodiversität wie folgt:

Für die Bewertung der Effekte auf die Biodiversität wurden die Ergebnisse einer Studie im Auftrag des UBA genutzt, die den aktuellen Erkenntnisstand zu Auswirkungen der Anwendung von PSM (Pflanzenschutzmittel) auf wildlebende Vogel- und Säugerarten zusammenfasst.

Die Studie belegt, dass der großflächige Einsatz von PSM in der Intensivlandwirtschaft insbesondere für Feldvogelarten wie Rebhuhn, Goldammer und Feldlerche eine wesentliche Gefährdungsursache darstellt und für den fortlaufenden Rückgang der Bestände dieser Arten mitverantwortlich ist.

Die intensive Anwendung insbesondere von breitbandig wirkenden Insektiziden und Herbiziden tötet als ungewollter Nebeneffekt ihres Einsatzzwecks – dem Eindämmen spezifischer Schadorganismen – auch Ackerkräuter und Insekten, die wiederum Feldvögeln vor allem während der Brutzeit als Nahrung dienen.

Diese indirekten Effekte durch (Zer-)Störung der Nahrungsnetze treten nicht nur bei der Anwendung von Glyphosat, sondern auch bei anderen Breitbandherbiziden auf. Glyphosat hat aber als das mit Abstand am meisten eingesetzte Herbizid (ca. 1/3 der in der Landwirtschaft angewendeten Menge) den größten Anteil an den beschriebenen Effekten.

Der Druck der Chemie- und Agrarindustrie ist inzwischen offensichtlich so groß, dass man in Europa nun vom üblichen Vorsorgeprinzip zum amerikanischen Modell übergehen will, bei dem der Geschädigte nachweisen muss, dass ein bestimmter Verursacher für seinen Schaden verantwortlich ist.

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