Russlands Krieg und der Westen: Freiheit oder Tod!
- Russlands Krieg und der Westen: Freiheit oder Tod!
- Politikversagen in der Krise: Abwahlreferenden jetzt!
- Ukraine-Krieg: Droht der Konflikt einzufrieren?
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Themen des Tages: Im Westen fühlt man sich im Krieg moralisch auf der richtigen Seite, global betrachtet aber relativiert sich das Bild. Politikversagen in Krisen. Und der neue Hang zur Deglobalisierung.
Liebe Leserinnen und Leser,
1. Putins Krieg soll ja auch für den zunehmenden Hunger verantwortlich sein. Sehen das die Hinterbliebenen von Hungertoten auch so?
2. Was das Versagen von CDU und SPD im Ahrtal mit Politikverdrossenheit zu tun hat – und wie ein Ausweg aussehen könnte.
3. Warum und wo die Globalisierung von Regierungsebene aus rückgängig gemacht werden soll.
Doch der Reihe nach.
Welche moralischen Fragen der Ukraine-Krieg aufwirft
Mit den Werten im Ukraine-Krieg ist das so eine Sache: Im Westen, vor in den Mitgliedsstaaten des Nordatlantikpaktes, wird der notwendige Sieg gegen die russischen Invasoren mit einem bedingungslosen moralischen Impetus verteidigt.
Es gehe um Freiheit und Demokratie, um unsere Zukunft. Die Zielsetzung – der militärische Sieg gegen Russland und nebenbei der politische Sieg über Putin – wird zu einem derartigen Imperativ erhoben, als ob es keinen Morgen gäbe, wenn man hier scheitert.
Für eine zunehmende Gruppe von Menschen aber gibt es schon aufgrund des fortlaufenden Krieges keinen Morgen, denn sie sind tot. Verhungert infolge der schweren weltwirtschaftlichen Probleme, auf die der Ukraine-Krieg Russlands wie ein Katalysator wirkt.
"Der Krieg in der Ukraine hat die verschiedenen Krisen noch einmal massiv verschärft", schrieb am Donnerstag die Welthungerhilfe. Der aktuelle Welthunger-Index zeige, dass sich bewaffnete Konflikte, der Klimawandel und die Corona-Pandemie gegenseitig verstärken und dazu geführt haben, dass 2021 bis zu 828 Millionen Menschen hungern mussten.
Besonders dramatisch ist die Lage am Horn von Afrika, wo die schlimmste Dürre seit vier Jahrzehnten herrscht. In Somalia erleben Menschen in einigen Regionen bereits eine lebensbedrohliche Hungersnot.
Welthungerhilfe
Angesichts der Bilder aus Ländern des Globalen Südens stellt sich die moralische Frage grundsätzlich neu: Machen wir es uns nicht zu bequem, wenn wir dem russischen Aggressor schulterzuckend die Schuld zuschieben? Welchen Anteil hat der Westen mit seinem Versagen der letzten drei Jahrzehnte, einen sicherheitspolitischen Ausgleich mit Russland zu finden? Und derzeit auf einen diplomatischen Ausweg zu drängen?
Wessen Familie, wessen Kinder in Afrika südlich der Sahara oder in Südasien verhungern, dem ist der Ukraine-Krieg und die Schuldfrage egal. Dass dies im Westen zu wenig wahrgenommen oder dass dem mitunter sogar mit aggressiver Ablehnung begegnet wird, ist Ausdruck eines grundsätzlichen Missverhältnisses zur globalisierten Welt. Und vielleicht sogar eines immanenten Rassismus, der eigene abstrakte Werte in Europa vor tote Menschen in Afrika und Asien zu stellen scheint.
Zwei bedeutende Abstimmungen gab es in der UN-Vollversammlung zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Anfang März forderten 141 Staaten einen "sofortigen Waffenstillstand" und einen "sofortigen, bedingungslosen Rückzug" der russischen Truppen. 35 Staaten enthielten sich, darunter die Weltmächte China und Indien.
Vor wenigen Tagen verurteilten 143 Staaten die Annexion ostukrainischer Gebiete durch Russland, wieder enthielten sich 35 Staaten. Ein fast unverändertes Bild.
These 1: Die Selbstinszenierung der USA als Verfechter der UN-Charta und die Darstellung des jüngsten Abstimmungsergebnisses als Fanal gegen Russland ist mehr propagandistisch motiviert als eine ehrliche globalpolitische Bestandsaufnahme.
These 2: Die Probleme infolge des Krieges nehmen zu. Und sie sind außerhalb Westeuropas und des Nordatlantikpaktes sehr viel konkreter zu spüren.
Darauf hinzuweisen, ist kein Whatsaboutism und keine Relativierung der russischen Völkerrechtsverstöße, wie das – auch im Telepolis-Forum von einigen Usern – behauptet wird.
Auf der anderen Seite steht aber auch eine journalistische Pflicht zur Präzision in dieser Frage. Wir haben deswegen über unserem Bericht zu den Reden auf der jüngsten UN-Vollversammlung die Headline "Ukraine-Krieg: Was die Länder der Welt jetzt fordern" in "viele Länder" geändert.
Artikel zum Thema:
Redaktion Relepolis: Ukraine-Krieg: Was viele Länder der Welt jetzt fordern
Radha Stirling: Ein Großteil der Welt steht ambivalent zum Ukrainekrieg. Und das zu Recht
Meinhard Creydt: Armut und imperiale Lebensweise
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