Schützen wir das christliche Abendland
Seite 8: Verbannung
Höhepunkt des Unaufdringlichen ist die Hintergrundmusik im Esslokal, in dem Dumas dem Reporter von CROC erzählt. Es ist, leicht zu überhören, die Stimme von Mikis Theodorakis, die da aus dem Lautsprecher kommt. Costa-Gavras wollte ihn unbedingt als Komponist für Z haben, weil damit sofort die Verbindung zu Griechenland im Allgemeinen hergestellt war, und zu Grigoris Lambrakis im Speziellen. Theodorakis war (und ist) mehr als der Folkloreonkel, der den griechischen Tavernen in aller Welt einen von ihm erfundenen Volkstanz zur Beschallung der Gäste geschenkt hat. Durch seine persönlichen Erfahrungen zum - eher skeptischen und undogmatischen - Marxisten geworden, kämpfte er gegen die deutschen Besatzer, gegen die Briten, die Griechenland die Rückkehr zur Monarchie verordneten und sich dabei auf alle stützen, die sich ihnen als Royalisten und Antikommunisten empfahlen, und im Bürgerkrieg schloss er sich der (kommunistisch dominierten) Volksbefreiungsarmee EAM an.
Theodorakis wurde mehrfach verhaftet, in Kerker und Konzentrationslager gesperrt, schweren physischen und psychischen Folterungen unterworfen. Er war einer von denen, die am von Lambrakis (einem engen Freund) initiierten Friedensmarsch von Marathon nach Athen teilnahmen, bis sie von Sicherheitskräften verprügelt und abgeführt wurden. Theodorakis war der erste Vorsitzende einer nach dem Attentat von Thessaloniki gegründeten, nach Lambrakis benannten Jugendorganisation, und 1964 wurde er als Abgeordneter von Piräus in das griechische Parlament gewählt (wie der ermordete Lambrakis vor ihm). Als Musiker in einem Land mit einer stark rechtslastigen Justiz war er einer rigiden (politischen) Zensur unterworfen. 1967 setzten die Obristen sein gesamtes Werk auf eine schwarze Liste. Es war verboten, seine Musik in der Öffentlichkeit zu spielen, sie per Tonträger oder in Notenform zu verbreiten, auf Schallplatte zu kaufen oder auch nur anzuhören.
Nach dem Militärputsch forderte Theodorakis zum Widerstand auf und ging in den Untergrund. Im August 1967 wurde er erneut verhaftet, wieder gefoltert und nach fünf Monaten im Gefängnis in das Bergdorf Zatouna verbannt, von dem Vassilis Vassilikos einmal gesagt hat, dass es dort 30 Häuser gab, 200 Einwohner und 400 Polizisten. Die Kontaktaufnahme war also schwierig. Costa-Gavras erinnert sich, dass er seine Frau schickte, und es gibt die Geschichte von Jacques Perrin, der sich mit der Frau von Theodorakis und seinem Anwalt heimlich in einer Herberge oder einer Kneipe in der Nähe des Hauses traf, in dem der Komponist festgehalten wurde. Nach dem Treffen wurde Perrin von der Polizei angehalten und mit der Aufforderung, sich nie mehr blicken zu lassen, zum Flughafen gefahren. Theodorakis das Drehbuch zukommen zu lassen erwies sich als unmöglich. Schließlich unterschrieb er ein Stück Papier, mit dem er Costa-Gavras die Erlaubnis gab, bereits existierende, teils veröffentlichte und teils unveröffentlichte (und dann von Bernard Gérard für den Film arrangierte) Musikstücke zu verwenden, die er für geeignet hielt.
Mit Mikis Theodorakis geht es demnächst weiter, im dritten und letzten Teil von Drive-by-Killing in Thessaloniki: "Name, Vorname, Beruf."
Wir werden dann auch erfahren, welch verschlungene Wege die Kultur mitunter geht, wie die Musik die griechischen Volkshelden Nikos Beloyannis und Grigoris Lambrakis mit Michael Collins verbindet, dem einem Attentat zum Opfer gefallenen Vater der Republik Irland, und was das mit Mauthausen zu tun hat, einem Konzentrationslager in Österreich. Z ist der Schlüssel.
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