Schuldenfalle in grün
Seite 3: Klima-Impulse aus dem Privatsektor
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Im Fokus der beiden Autoren steht besonders die Glasgow Alliance for Net Zero (GFANZ), der Webb bereits 2021 einen eigenen Artikel gewidmet hat. Die Allianz wurde im April 2021 vom "UN-Sondergesandten für Klima und Finanzen" Mark Carney, dem US-Klima-Sondergesandten John Kerry und der US-Finanzministerin Janet Yellen gegründet. Nein, es dürfte kein Zufall sein, dass sich die beiden letztgenannten auf der COP27 für die "grüne" Reform von Weltbank und IWF ausgesprochen haben (siehe Teil 1).
Den Impuls für ein "neues Bretton Woods" setzen Webb und Davis früher an als IWF-Chefin Georgievas Appell von 2020. Und er kam nicht von der UN, sondern aus dem Privatsektor.
2019 sprach der CEO von BlackRock, dem größten Kapitalverwalter der Welt, bereits von einer solchen Reform, "wenn es uns wirklich ernst ist mit dem Klimawandel". Und zwar auf dem COP26 – in Glasgow. Larry Fink zählt zu den geschäftsführenden "Principals" der GFANZ.
Was Mark Carney angeht, so hat er eine steile Karriere als Chef der Zentralbanken von Canada und der Bank of England sowie als Mitarbeiter von Goldman Sachs hinter sich. Seit Oktober 2020 ist Carney außerdem beim kanadischen Vermögensverwalter Brookfield Asset Management Leiter der Abteilung "Impact Investing". Ein boomender Markt.
In der Selbstverpflichtung der GFANZ, "die Dekarbonisierung der Wirtschaft [zu] beschleunigen" sehen Webb und Davis einen Vorwand, der das altbekannte Vorgehen des Hudsonschen Super-Imperialismus (siehe Teil 2) verschleiern soll: Das eigentliche Ziel liege darin, mit Hilfe von Entwicklungsbanken durch öffentlich-private Projekte Privatkapital in Schwellen- und Entwicklungsländer zu bringen und eine "massive und umfassende Deregulierung" voranzutreiben.
"Blockaden beseitigen" statt Schuldengruben schaufeln
Dieser Text soll nicht suggerieren, dass die Entwicklungszusammenarbeit auf Grundlage der UN-Nachhaltigkeitsziele keine wertvollen Ergebnisse für Mensch und Umwelt hervorbringen kann. Hilfe allerdings, die sich alleine oder übermäßig auf Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen konzentriert, verfehlt die gesellschaftlichen Probleme anzugehen, die nicht selten erst zur umweltschädlichen Lebensweise führen. Oder verschlimmert sie gegebenenfalls sogar.
Neben Reparationszahlungen, die die ansonsten so hilfsbereiten Staaten des globalen Nordens ablehnen, gibt es noch eine weitere Möglichkeit, diesem Zustand ein Ende zu bereiten: den Schuldenerlass.
Ein solcher Schuldenerlass aber hat mit einem Debt-for-Climate-Swap, wie ihn Entwicklungsministerin Svenja Schulze vor kurzem erneut angepriesen hat, nichts zu tun. Zumal dieser in der Tradition der Debt-for-Nature-Swaps steht – also dem "Tausch" von Schulden gegen Naturschutzinvestitionen – die bereits in den 90er-Jahren als Kommerzialisierung der Natur und vor allem: kolonialistische Landnahme gedeutet wurden.
Für einen veritablen Schuldenerlass setzt sich dagegen das 2001 gegründete Bündnis "erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung" ein. "Der Begriff 'Erlassjahr' geht auf ein wirtschaftspolitisches Gebot im Alten Testament zurück", erklärt Mitbegründer Jürgen Kaiser gegenüber Telepolis:
Alle 50 Jahre, einmal pro Generation, sollten die Israeliten einander ihre Schulden erlassen und die Gleichverteilung des Landes wiederherstellen.
Dazu zählte auch, ihnen das Erbland zurückgeben und die Schuldsklaverei aufzuheben. Erlassjahr.de strebt damit auch an, eine globale Schuldenkrise wie in den 1980er-Jahren zu verhindern.
Das bundesweite Netzwerk tritt aber nicht nur für den (in dieser Form bisher einmaligen) Erlass der Schulden nach dem Vorbild der HIPC-(Heavily Indebted Poor Countries)-Initiative 1996 ein. Angestrebt wird außerdem die Etablierung eines Staaten-Insolvenzverfahrens, bei dem eine neutrale Instanz darüber entscheidet, wann ein Land für zahlungsunfähig befunden werden muss. Bisher befinde darüber der sogenannte Pariser Club, ein (völker-)rechtlich nicht legitimiertes "Kartell öffentlicher Gläubiger", wie Kaiser erklärt.
"Schulden waren zweifellos Beherrschungsinstrumente in der Geschichte", sagt der Erlassjahr-Mitbegründer. Die Beseitigung von Schuldensituationen führe nicht automatisch dazu, dass sich die Situation in einem Land verbessere, schaffe aber die Möglichkeiten: "Es beseitigt die Blockade." Kreditbasierte Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmaßnahmen dagegen, so Kaiser "sind zur Erreichung von Schuldentragfähigkeit sicher nicht geeignet".