Scientology kritisiert deutsche Regierung

Der Druck auf Microsoft wegen des Programms eines Scientology-Firma in Windows 2000 wird als Erpressung verstanden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nach langem hin und her über eine Sicherheitsüberprüfung von Windows 2000 durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) haben das Bundesinnenministerium und Microsoft eine Einigung erzielt. Die in das Betriebssystem integrierte Defragmentier-Software, die von der Scientology nahestehendes kann deinstalliert werden. Mit dieser Lösung ist natürlich Scientoilogy nicht einverstanden.

Microsoft konnte mit der gefundenen Lösung umgehen, dem BSI zur Prüfung Einblick in den Quellcode des Scientology-Programms zu geben. Nachdem die Zusammenarbeit der Scientology-Firma mit Microsoft für das Programm bekannt geworden war, wurden von den Kirchen, aber auch von Firmen und Regierungsbehörden Sicherheitsbedenken geäußert.

"Während der laufenden Gespräche über Art und Umfang dieser Überprüfung", so das Bundesministerium für Inneres, "hat Microsoft ein Verfahren entwickelt, getestet und im Internet publiziert, mit dem das Tool komplett aus Windows 2000 entfernt werden kann. Damit hat jeder Windows-Anwender die freie Wahl, welchen der am Markt erhältlichen Defragmentierer er unter Windows 2000 nutzen will. Aufgrund der gefundenen pragmatischen Lösung sind das BMI und Microsoft übereingekommen, auf die aufwendige Überprüfung zu verzichten." Möglicherweise werde das BMI in Zukunft auch Einblick in den Quellcode von Microsoft-Betriebssystemen gewährt und man werde "auf dem Feld der digitalen Signatur und Verschlüsselung enger zusammengearbeitet, u.a. durch Mitwirkung von Microsoft am Projekt Sphinx, mit dem die Sicherheit und Vertraulichkeit des E-Mail-Verkehrs in und mit Behörden gewährleistet wird."

Microsoft hatte am Freitag gesagt, das Problem komme daher, "Menschen und die Medien" hätten bemerkt, dass das Programm von der Firma Executive Software stammt, die einem Scientology-Mitglied gehört. In Deutschland sei man sehr vorsichtig mit diesen Dingen, weswegen man Microsoft geraten habe, dieses Programm nicht für Windows 2000 zu verwenden.

Scientology, schon lange im Kampf gegen die angebliche Diskriminierung in Deutschland, beschwerte sich jetzt, berichtet die New York Times, dass Microsoft aufgrund des Drucks deutscher Behörden das Programm der kalifornischen Executive Software International zum Entfernen anbietet: "Religiöse Intoleranz ist unter Regierungsbeamten in Deutschland weit verbreitet", sagte CEO Craig Jensen. Eine Deinstallation würde ebenfalls einen Sicherheitsmechanismus entfernen, der Windows 2000 vor Viren, Hackerangriffen oder anderen Gefährdungen schützt. Das Programm habe nicht nur viele Preise erzielt und werde überall auf den Märkten verkauft, sondern auch die deutschen Kunden und Firmen würden "unsere Produkte schätzen".

"Amerikanische Unternehmen stehen nun der Möglichkeit gegenüber, dass sie erpresst und ihre Produkte boykottiert werden können, wenn die Deutschen entscheiden, dass sie die Religion ihrer CEOs nicht mögen", warnt Jensen und verweist darauf, dass deutsche Behörden angeblich bereits zum Boykott amerikanischer Filme aufgerufen hätten, weil dort prominente Schauspieler, die wie Tom Cruise oder John Travolta Scientologen sind, aufträten. In einer Kampagne versucht Scientology, in Deutschland nicht als Kirche anerkannt, die amerikanische Regierung deswegen unter Druck zu setzen. Jensen malt das dramatisch aus: "Jetzt ist ihr Ziel die amerikanische Computersoftware. Als nächstes werden es amerikanische Autos, Bücher, Hardware, Kleider, Lebensmittel usw. sein."