Seit zwei Jahren wächst die Gewalt in den amerikanischen Städten

Nach einer Schieeßerei in Chicago 2016. Bild: Supaflyrobby/CC By-SA-4.0

Nach Angaben des FBI sind Gewaltverbrechen und Morde 2016 angestiegen, der Trend scheint sich auch 2017 fortzusetzen, auch wenn Donald Trump Recht und Ordnung wieder herstellen wollte

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In den USA nimmt die Gewalt weiter zu. Nach Angaben des FBI stieg die Zahl der Gewaltverbrechen 2016 gegenüber dem Vorjahr um 4,1 Prozent und die der Morde um 8,6 Prozent an - und zwar in Städten aller Größe. 17.250 Menschen wurden letztes Jahr ermordet. Bereits 2015 waren Gewaltverbrechen um 3,9 Prozent und Morde sogar um 10,8 Prozent gestiegen. Dagegen sank die Zahl der Eigentumsdelikte.

In den Jahren davor waren die Zahlen für Gewaltverbrechen noch weiter zurückgegangen. Seit 2013 sind Vergewaltigungen allerdings schon jedes Jahr mehr geworden. Die Zahlen sind Schätzungen, die das FBI aufgrund von Polizeibehörden freiwillig weiter gegebenen Daten macht.

Zwar liegen die absoluten Zahlen für Straftaten und Gewaltverbrechen noch weit unter dem Ausmaß in den 1980er und 1990er Jahren, aber ein Anstieg in zwei aufeinanderfolgenden Jahren scheint einen beunruhigenden Trend anzudeuten, dass es in der Gesellschaft rumort. Das würde zum Aufstieg von Donald Trump passen, der stark von Menschen gewählt wurde, die sich von der Politik und der politischen Klasse abgewendet haben, vom Wirtschaftsaufschwung nicht profitierten und einen starken Präsidenten wollten, der Sicherheit versprach.

Trump hatte während des Wahlkampfs 2016 angekündigt, er werde Recht und Ordnung im Land wiederherstellen, versprach er im Juli 2016. Vor allem in Städten wie Chicago, Baltimore oder Charlotte sei die Mordrate so hoch, wie seit 45 Jahren nicht mehr. Er beschwor auch die angebliche wachsenden Gefahren für die Sicherheit durch Einwanderer und Flüchtlinge. Er sprach von der "andauernden Kriminalitätskatastrophe in unseren Innenstädten. Unsere Städte sind von Verbrechen überfüllt." Man habe die Innenstädte vernachlässigt, "zu viele Amerikaner sind in Angst, Verbrechen und Armut gefangen".

Die Gewaltepidemie hängt auch mit dem steigenden Drogenkonsum und der "Opioid-Epidemie" durch verschreibungspflichtige Schmerzmittel zusammen, die Trump nach dem Bericht einer von ihm eingesetzten Kommission inzwischen zum medizinischen Notstand erhob (Bekämpfung der "Opioid-Epidemie" in den USA: "Ein gewinnbarer Krieg". Justizminister Session hatte erst vor ein paar Tagen gesagt, dass die USA mit der "tödlichsten Drogenkrise" konfrontiert sei. Über 60.000 Menschen seien durch Drogenmissbrauch, einschließlich Opiod-Missbrauch, gestorben. Das sei die bislang höchste Zahl an Drogenopfern.

Auch 2016 wuchs die Gewaltkriminalität vor allem in manchen Städten, allen voran Baltimore, Las Vegas oder Chicago. Bei Amtsantritt hatte Trump versprochen, die Bundespolizei nach Chicago zu schicken, um die Gewalt zu beenden. Er hatte die Stadt als "Kriegsgebiet" bezeichnet. Geschickt hat er die "Kavallerie" nicht, aber im Brustton der Überzeugung hatte er im August erklärt, viel mehr als alle Regierung zuvor für die Wiederherstellung der Ordnung in den Städten getan zu haben, obgleich davon kaum etwas erkennbar ist und er viele Sozialprogramme streichen will.

Trumps Law-and-Order-Politik scheint nicht zu greifen

Nach dem Bericht der Bericht der Major Cities Chiefs Association ist im ersten Halbjahr 2017 die Zahl der Gewaltstraftaten und der Morde weiter angestiegen, was den Trend zu bestätigen scheint (In amerikanischen Städten steigt die Mordrate an.

Zumindest bislang hat der von Trump und Justizminister Session eingeschlagene Weg, schärfer gegen Kriminelle vorzugehen, höhere Strafen zu verhängen und kriminelle Einwanderer abzuschieben, offenbar keine Wirkung zeigt. Trump hat die gestiegene Gewaltkriminalität vor allem Drogenbanden und der illegalen Einwanderung zugeschrieben, um so den geplanten Bau der Mauer zu Mexiko und die Massenabschiebungen von illegalen Einwanderern zu begründen.

Kritiker der Law-and-Order-Politik Trumps wenden allerdings ein, dass die Gewaltrate weiterhin relative niedrig sei. Es gebe zwar Orte mit erhöhter Gewalt im Land, so Adam Gelb von Pew Charitable Trusts, aber es gebe keine Hinweise darauf, dass es eine Kriminalitätswelle in den USA gebe, weswegen es auch keine Rechtfertigung, zu den falschen Verbrechensbekämpfungsstrategien der Vergangenheit zurückkehren. Die haben die Gefängnisse gefüllt, weil auch geringe Vergehen schnell mit Gefängnisstrafen belegt wurden. Die USA haben weiterhin die weltweite höchste Gefangenenpopulation.

Die weitaus überwiegende Zahl der Morde geschah mit Schusswaffen, aber in den USA sind Einschränkungen des Schusswaffenbesitzes ebenso unmöglich wie in Deutschland eine Geschwindigkeitsbegrenzung auch auf Autobahnen. Vertreten wird die Meinung, dass der Anstieg der Gewalt auch mit dem rüden Vorgehen der Polizei zu tun haben könnte, die schnell schießen, vor allem wenn es sich um junge schwarze Männer handelt, was zahlreiche Videos in den letzten Jahren belegten. Dadurch würde das Misstrauen der Menschen in den Stadtvierteln gegenüber der lokalen Polizei zunehmen und die Kooperation sinken, weswegen Straftäter damit rechnen können, nicht belangt zu werden. In diesem Jahr wurden bereits über 1100 Menschen von einem Polizisten mit einer Schusswaffe getötet, 2016 wurden im gesamten Jahr 963 Menschen von Polizisten getötet.