Selbstjustiz?

Website will Namen, Adressen und Bilder verurteilter Kinderschänder veröffentlichen

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Kindermißbrauch ist schlimm, und viele Kinder, die vermißt werden, können irgendwelchen Sexualstraftätern in die Hände gefallen sein. Keine Frage ist, daß den betroffenen Eltern die Mühlen des Gesetzes oft zu schwerfällig, die Strafen zu gering und die Präventionsmaßnahmen zu schwach ausfallen.

Rainer Wolf ist ein Vater, dessen Sohn Manuel Schadwald seit sechs Jahren vermißt wird. Er moniert, es sei "schon lange mehr als auffällig, daß viele Ermittler in den verschiedensten Behörden den Mißbrauch von Kindern und das Verbreiten von Kinderpornographie als Bagatellfälle zu betrachten scheinen." Der Handel etwa mit Kinderpornographie habe längst die Formen der organisierten Kriminalität angenommen. Deswegen hat er, angeblich zusammen mit einer "Interessenvereinigung von Personen, die sich mit derzeitigem Status Quo der Verfolgung von Sexualstraftaten an Kindern nicht mehr abfinden wollen, die Website STOLEN-LIVES eingerichtet. Man verstehe sich als "Anwalt der mehr als 700 jährlich langzeitvermißten Kinder", kündigt aber auch bedenkliche Wege an, die in Richtung einer Selbstjustiz weisen.

Natürlich ist Wolf für eine Erhöhung der Strafen und für eine Abschaffung der Bewährungsstrafen. Die Gerichte werden als zu lasch kritisiert. Auch die Helfershelfer müsse man hart bestrafen: "Wie zum Beispiel jüngst der in Berlin verurteilte Kinderarzt Dr. Ludger Wicht. Etwa 10 000 kinderpornografische Bilder hortete dieser auf seinem PC - teilweise Folterungen und sodomistische Darstellungen mit Kindern. Diese stellte er auch mir seinem zum FTP-Server hochgerüsteten Computer im Internet zur Verfügung. Für diesen scheinbaren "Kavaliersdelikt" erhielt Kinderarzt Dr. Ludger Wicht ganze zwei Jahre Freiheitsentzug - selbstverständlich unter Verzicht, ihn umgehend in Haft zu nehmen."

Kritisch wolle man das Ermittlungsverhalten der Behörden beobachten und Fehlverhalten öffentlich machen. Ein Mail-Server sei eingerichtet worden, der eingehene Mails von Informanten anonymisiert. Man will auch eine kostenlose 0800-Telefonnummer für Hilfesuchende einrichten, die den Gang zu den Behörden scheuen, um den Rat von Fachpsychologen anzubieten. Eine weitere Nummer als Notrufnummer fungieren, über die man im Schutz der Anonymität Vorfälle melden kann. Bilder von vermißten Kindern werde man veröffentlichen. Mit Bildern seines Sohnes hat er bereits begonnen.

Ausdrücklich weist Wolf zwar darauf hin, daß man keine Selbstjustiz betreiben wolle und daß die Net-Hunter nicht unterstütze, die im Internet angeblich nach Pornographie suchen. Doch habe es sich STOLEN-LIVES zur Aufgabe gemacht, "Täter zum Schutz unserer Kinder öffentlich zu machen." Und er droht an: "Künftig wird jeder bekanntgewordene Täter, welcher Sexualstraftaten gegen Kinder begangen hat und dafür verurteilt wurde von STOLEN-LIVES öffentlich gemacht. Mit Namen, Bild und Adresse." Von Ludger Wicht und Peter Schnaubelt kann man bereits jeweils ein Foto finden, nicht aber deren Adresse.

Damit wolle man nur die Eltern warnen, und schließlich seien im amerikanischen Bundesstaat Virginia, nachdem man begonnen hatte, die Namen und Adressen von Sexualstraftätern im Internet zu veröffentlichen, die Verbrechen von Wiederholungstätern drastisch zurückgegangen: "Wenn es die deutschen Gesetze zur Zeit nicht gestatten, zum Schutze der Bevölkerung insbesondere unserer Kinder, einschläg vorbetrafte Täter öffentlich zu nennen, dann ist ziviler Ungehorsam gefragt. Solange, bis diese Gesetze weg vom Wohle der Täter, hin zum Schutz der Kinder geändert werden."