Serien vor der Serienblüte

Survivors. Bild: BBC

Wenn die Tage kürzer und die Staffeln schlechter werden, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit

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Die Blütezeit großer Serien, die in den 1990er Jahren mit Oz und den Sopranos begann, könnte ihren Höhepunkt überschritten haben. Zumindest zeigte sich eine gewisse Qualitätsdelle in der erste Hälfte der siebten Staffel von Game of Thrones, der achten Staffel von The Walking Dead und den letzten Staffeln von House of Cards (auch wenn ein kompletter Fall ins Bodenlose wie bei der fast bei Degeto angelangten dritten Staffel von Broadchurch noch selten ist). Lediglich der Breaking-Bad-Spinnoff Better Call Saul und Ozark können das Niveau auch in der aktuellen Staffel noch halten.

So wie der Qualitätsabfall in der Popmusik vor 35 Jahren eine Gelegenheit bot, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen (vgl. Northern Soul im Netz: Die Demokratisierung bezaubernder Musik), so gibt es auch Serien aus der Zeit vor der Serienblüte, deren Ansehen sich auch heute noch lohnt. Manchmal sind sie bekannter - wie beispielsweise The Prisoner (deutscher Titel: Nummer 6), den Hans Schmid bereits ausführlich pries (vgl. Die Welt ist ein Dorf), manchmal unbekannter, wie im Fall der nicht mit dem ähnlich betitelten Reality-TV-Trash und dem Remake von 2008 zu verwechselnden Terry-Nation-Serie Survivors.

Survivors

Die BBC-Produktion aus den Jahren 1975 bis 1977 (auf deren Idee auch der Avengers- und Professionals-Autor Brian Clemens Anspruch erhob) wurde bislang weder im deutschen Fernsehen ausgestrahlt noch synchronisiert, was man als Gnade sehen kann, wenn man bedenkt, welche Rolle dort die Soziolekte und Akzente zum Gesamtgefüge beitragen. Ausgangspunkt der Serie des Erfinders der Daleks in Dr. Who ist ein Bio-Kampfstoff, der seinen Weg in die freie Wildbahn findet und einen Großteil der Bevölkerung auslöscht. Der überlebende Rest ist gezwungen, seine Ökonomie umzustellen und sich sozial neu zu organisieren, was zwar ohne Zombies, aber dafür glaubhafter geschieht als in The Walking Dead.

Serien vor der Serienblüte (17 Bilder)

Survivors

(Bild: BBC)

Survivors ist nicht die einzige ausgezeichnete britische Produktion, die damals an den Einkäufern von ARD und ZDF vorbeiging: Andere Beispiele sind die walisische Mystery-Serie The Owl Service, (die sich durchaus mit Netflix' Requiem messen kann), die SF-Mystery-Kombinationen Children of the Stones, The Stone Tape und The Changes oder das BBC-Original von House of Cards, das aus drei jeweils vierteiligen Miniserien besteht und mit seinem Hauptdarsteller Ian Richardson näher am Horrorfilm liegt als die Netflix-Adaption.

Kozure Okami

Außerhalb Großbritanniens produzierte man in den 1970er Jahren unter anderem in Japan großartige Serien - neben den bekannten Rebellen vom Liang Shan Po (die 1980 einen Aufschrei der damaligen Tugendwächter auslösten, als sie - überraschend liebevoll synchronisiert, aber massiv zensiert - im deutschen Fernsehen liefen) auch die unbekanntere aber mindestens ebenso gewaltsurreale Serie Kozure Okami, in der ein herrenlos gewordener Samurai seinen Sohn in einem Kinderwagen durch Japan schiebt.

Shaka Zulu

In Südafrika produzierte man in den 1980ern das Historienmeisterwerk Shaka Zulu, das mit seinen Massenpfählungsszenen Kozure Okami an Gewaltsurrealismus kaum nachsteht und zeigt, dass die spannendsten Plots von der Geschichte selbst geschrieben werden können. Und, was heute kaum zu glauben ist: Selbst in Deutschland entstanden damals sehenswerte Serien wie beispielsweise Alpha Alpha, über die in Telepolis bereits Steffen Hantke geschrieben hat (vgl. Ein deutscher Studienrat rettet die Welt). Noch vergessener, aber ebenfalls sehenswert ist Omaruru, eine Serie, die die deutsche Kolonialzeit in Namibia behandelt und von der bislang nur die erste Staffel auf DVD veröffentlicht wurde.

Sucht man US-Serien, die vor Oz und den Sopranos von den bekannten Strickmustern abweichen, lohnt es sich, einen Blick auf Miniserien wie Masada zu werfen. Hier waren die Drehbuchschreiber schon damals weniger Zwängen ausgesetzt als bei den regulären Serien, die sich in jeder Episode an relativ starre Regeln halten mussten. Trotzdem gibt es auch hier Höhepunkte, die sich in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre sogar bei Shows wie Saturday Night Live finden, von denen man das angesichts ihres heutigen Zustands kaum erwarten würde.

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