Sicherheitsrisiko de Maizière?

Seite 2: Radikale Gegenöffentlichkeit

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Auch solche Fragen hat "Linksunten" im Gegensatz zu vielen gestellt. Sie steht für radikal-kritische Gegenöffentlichkeit, die Antifaschisten organisiert und vernetzt und zur Gegenmobilisierung in die Lage versetzt. Ein Minister, der dies verbietet, ist ein strukturelles Risiko für die Demokratie. Es ist im Interesse der Demokratie, dieses Risiko so stark wie möglich einzuhegen.

Immerhin FAZ-Journalisten bereitete der Minister eine Freude: "Wer wollte, konnte sich auf der Seite jedenfalls seit langem ein Bild davon machen, dass das Problem des organisierten Linksextremismus nicht, wie etwa die SPD-Politikerin Manuela Schwesig gerne betont, übertrieben wird ... Dabei gibt es bei der gewaltbereiten Linken ebenso wenig etwas zu verharmlosen wie bei Neonazis oder Islamisten. Nicht in den Medien, nicht in der Politik, nicht im Wahlkampf", war von Michael Hanfeld am Samstag zu lesen (Printausgabe, "Im Rausch der linken Gewalt").

"Sicher: Große Teile von "indymedia" waren einfach nur eine Ausstellung hirnrissiger Ideen", räumte auch die WamS heute ein. Und weiter: "Sicher: Einige Links und Informationen waren für die Ermittlungsbehörden (und Journalisten) eine Quelle für Recherche. Insgesamt aber hatte "indymedia" nur ein Ziel: die rechtsstaatliche Ordnung zu beschädigen."

Genau da liegt der Irrtum. Eine rechtsstaatliche Ordnung ist nämlich nur nötig, wenn und weil sich nicht alle an sie halten. Im Gegenteil: Es ehrt die rechtsstaatliche Ordnung, dass wir in ihr die Möglichkeit haben, alle unsere hirnrissigen Ideen auszustellen. Das Recht, wohlgemerkt, das einklagbare Recht. Nicht die Gnade der Macht dazu.

Eure "Ordnung" ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird sich morgen schon "rasselnd wieder in die Höh' richten" und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: "Ich war, ich bin, ich werde sein!'

Rosa Luxemburg (1871-1919; "Die Ordnung herrscht in Berlin", in Die Rote Fahne Nr. 14, 14. Januar 1919

Weiterführende Literatur:

Markus Metz/Georg Seeßlen: "Freiheit und Kontrolle. Die Geschichte des nicht zu Ende befreiten Sklaven"; Suhrkamp Verlag, Berlin 2017