Soldaten auf Speed

Nicht nur US-Soldaten stehen unter Drogen bei Kampfeinsätzen, auch das britische Verteidigungsministerium sucht nach Mitteln, die Müdigkeit zu bekämpfen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Soldaten müssen bei Kampfeinsätzen lange wach bleiben. Dazu werden gerne Aufputschmittel genommen, die allerdings Nebeneffekte haben können. Piloten der US-Luftwaffe, die vor vier Jahren Einsätze in Afghanistan flogen und dabei allein vom Stützpunkt in Kuwait und wieder zurück sechs Stunden unterwegs waren, nahmen regelmäßig Amphetamine (Dexedrin). Das aber könnte auch dazu führen, wie man 2002 mutmaßte, dass die Piloten auf Speed aufgrund von Sinnestäuschungen falsch oder vorschnell feuern (US-Kampfpiloten auf Speed). Gelegentlich wird Speed auch für Pilotenfehler verantwortlich gemacht, die beispielsweise zu Abstürzen führen können. Speed, Drogen und Alkohol könnten auch für Massaker wie in Haditha und andere Fehlhandlungen mit verantwortlich sein, die Soldaten im Einsatz begehen.

The restrictions, combined with the omnipresent danger, can cause enormous mental strain. In December, NEWSWEEK interviewed some Army soldiers going home as conscientious objectors. To fight boredom and disgust, said Clif Hicks, who had left a tank squadron at Camp Slayer in Baghdad, soldiers popped Benzhexol, five pills at time. Normally used to treat Parkinson's disease, the drug is a strong hallucinogenic when abused. "People were taking steroids, Valium, hooked on painkillers, drinking. They'd go on raids and patrols totally stoned." Hicks, who volunteered at the age of 17, said, "We're killing the wrong people all the time, and mostly by accident. One guy in my squadron ran over a family with his tank.::Probing a Bloodbath

Piloten bezeichnen die Speed-Tabletten als "go-pills". Um nach dem Einsatz wieder abschalten und einschlafen zu können, werden dann "no-go pills" bei der Rückkehr genommen, also Sedativa wie Ambien oder Restoril. Im Afghanistan-Einsatz erhielten die Piloten jeweils 10 mg Dexedrin. Während des ersten Irak-Kriegs hatte man noch 5 mg verabreicht. 60 Prozent der Piloten hatten sich damals mit Speed aufgeputscht, in manchen Einheiten, die besonders häufig Einsätze flogen, bis zu 96 Prozent, also nahezu alle. Wie das heute ist, wo auch im Irak, meist von der Weltöffentlichkeit nicht wahrgenommen, noch immer zahlreiche Einsätze geflogen werden und die Zahl der Bombardierungen zunimmt, ist unbekannt.

Nach der Drug Enforcement Administration wäre allerdings von der regelmäßigen Einnahme, wie sie bei Piloten und wahrscheinlich auch bei anderen Soldaten im Einsatz der Fall ist, von Amphetaminen abzuraten:

What are some consequences of methamphetamine and amphetamine use?

  1. Effects of usage include addiction, psychotic behavior, and brain damage .
  2. Withdrawal symptoms include depression, anxiety, fatigue, paranoia, aggression, and intense cravings.
  3. Chronic use can cause violent behavior, anxiety, confusion, insomnia, auditory hallucinations, mood disturbances, delusions, and paranoia.
  4. Damage to the brain cause by meth usage is similar to Alzheimer's disease, stroke, and epilepsy.

Amphetamine wurden bereits reichlich im Zweiten Weltkrieg von Soldaten eingenommen, um die Strapazen durchzuhalten. Was derart aufgeputschte Soldaten, die sowieso unter Adrenalin stehen, mit ihren Waffen unter Kriegsbedingungen anrichten können, wenn Menschenleben wenig zählt, ist gar nicht wirklich vorstellbar. Die Auflistung der möglichen Nebenfolgen der DEA kann dafür reichlich Hinweise geben.

Aufgrund einer Eingabe nach dem Informationsfreiheitsgesetz wurde am 1. Juni bestätigt, dass auch britische Soldaten im Irakeinsatz regelmäßig auf Speed gesetzt werden. Soldaten und die Besatzung von Flugzeugen erhalten vom britischen Verteidigungsministerium Wachmacher. Dazu gehören Amphetamine wie Dexedrin oder Ephetrin, aber auch Kava (Rauschpfeffer), das Leberschäden verursachen kann und beruhigend bzw. euphorisch wirkt, oder Melatonin. Möglicherweise nehmen Kava vor allem Soldaten, die von den Fidschi-Inseln stammen, weil es dort traditionell konsumiert wird. Es werden nach den Dokumenten zwar nur geringe Mengen an Amphetaminen vom Verteidigungsministerium gekauft, sie reichen aber für zahlreiche Einsätze.

Nach einem von der Zeitung Scotland on Sunday erhaltenen geheimen Dokument prüft das Verteidigungsministerium gerade in einem aufwändigen Test, ob Soldaten im Einsatz regelmäßig zur Schlafbekämpfung Modafinil erhalten sollen, das jetzt offenbar schon in größeren Mengen eingesetzt wird. Das Medikament wird gegen Müdigkeit und Erschöpfung verwendet, normalerweise bei Narkolepsie, schweren Schlafstörungen, beim chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) und bei psychischen Krankheiten wie Depressionen.

Nach den Tests wurde letztes Jahr die Verwendung von Modafinil für Soldaten gebilligt, nachdem man herausgefunden hatte, dass eine Dosis es Menschen ermöglichte, mehr als 18 Stunden ohne größere Nebenwirkungen wach zu bleiben. Grundlage der Untersuchung war der Hinweis auf Erfahrungen bei kanadischen und französischen Soldaten, die mit Modafinil bis zu 60 Stunden ohne Schlaf ausgekommen seien. Getestet wurde auch Ephedrin. Beide Mittel gelten als Dopingmittel und sind für den Sport verboten. Allerdings hatten andere Untersuchungen ergeben, dass Modafinil Schwindel oder ein zu großes Selbstvertrauen verursachen kann.

Das Verteidigungsministerium hat seit 1998 größere Mengen an Modafinil (Provigil) gekauft, aber angeblich nur zu medizinischen Zwecken. Vizeadmiral Ian Jenkins erklärte, dass Provigil nicht verwendet wurde, um bei Einsätzen oder Übungen die Leistung zu verbessern und den Schlafentzug zu kompensieren. Auch eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums betonte, dass die Soldaten bislang keine Stimulantien erhalten würden. Offiziell möglicherweise nicht, aber was die Soldaten selbst und unter Duldung der Vorgesetzten machen, ob sie Speed, Drogen oder Alkohol oder alles zusammen benutzen, um das Leben im Irak oder in Afghanistan auszuhalten, ist sicher eine andere Frage.