Spahn: "Wir müssen wissen, was in den Moscheen passiert"

Seite 3: Der Rückzug ist eine bequeme Position, nicht zeitgemäß

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Nötig wäre, dass sich die Moscheen-Vereine und die Dachverbände besinnen und sich der Diskussion stellen. Mit "Besinnen" ist gemeint, dass sie ihre altvorderne, auf Nischen angelegte Öffentlichkeitsarbeit hinter sich lassen und die Diskussion darüber, was als Predigt-Inhalt im Haus akzeptiert wird, mit sehr viel mehr Offenheit austragen und sich der Kritik aussetzen. Jeder Pfarrer muss das.

Der Eindruck, den die Moscheenvereine in der größeren Öffentlichkeit machen (intern mag das anders sein, das weiß der Autor nicht), ist, dass sie die Auseinandersetzung über bestimmte Grenzbereiche, die sich auf die Religion des Islam beziehen, scheuen und sich auf Floskeln ("Wir sind demokratisch, wir distanzieren uns von Gewalt") zurückziehen. Ihre Öffentlichkeitsaktivitäten zeichnen sich durch Zurückhaltung aus.

Aktives Interesse in eine Diskussion einzugreifen - die sich nicht defensiv auf Bestätigung der Verfassungstreue und der Friedenliebe bei Talkshowauftritten prominenter Dachverbandsvertreter beschränkt - ist wenig zu bemerken. Als ob die sogenannte und zu Teilen unsäglich vereinnahmte und verkitschte "Wertediskussion" nur Angelegenheit der sogenannten Mehrheitsgesellschaft wäre.

Die Haltung, die ihnen der Autor dieses Artikels unterstellt, ist, dass viele, wenn es um Glaubensangelegenheiten geht, in einer Position "Wir da, ihr dort" verhaftet sind. Und dass sie im Nahbereich der Gemeinde oder der Bekannten zu viel Nachsicht gegen Strömungen oder Personen zeigen - wie dies der Moscheereport nahelegt -, die mit Ansichten hantieren, die in die radikale Richtung gehen. Weil der vielzitierte "Generalverdacht" gegen Muslime dazu führt, dass man sich mit der "eigenen Seite" derart zu solidarisieren hat, dass Abweichler mit radikalen Tönen gegen die Feindbild-Angriffe von außen in Schutz genommen werden.

Das ist wie gesagt eine Annahme, die vom Autor selbst nur anekdotisch, nur von Einzelbeobachtungen gestützt wird. Dieses Verhalten ist im Prinzip nicht unähnlich dem mancher linken Gruppen zu Zeiten des RAF-Terrorismus, ist also kein irgendwie "genuin muslimisches". Es wäre gut, wenn die Moschee-Diskussion dazu führt, dass sich das konservative, auf Rückzug bedachte Lager dem stellt, was in der Öffentlichkeit meist nur unter Nicht-Muslimen diskutiert wird. Nämlich die öffentliche Diskussion darüber, ab welchem Punkt bestimmte Anschaungen nicht mehr akzeptabel sind.