Stehaufmännchen Sánchez: Blinkt gerne links und überholt dann rechts
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Da sein Erfolg bisher auf Glück und halsbrecherischem Vorgehen gebaut war, wandelt er weiter auf diesem Weg. Er versucht nun sogar eine Minderheitsregierung mit nur 84 Sitzen, die von 22,6 Prozent der Wähler gestützt wird. Er stößt Podemos vor den Kopf, die ihn mit Katalanen und Basken an die Macht gebracht haben. Und erneut versucht er offenbar, rechts zu überholen. Seine Gesten und die Ernennung von rechten Hardlinern wie Fernando Grande-Marlaska zum Innenminister und Josep Borrell zum Außenminister, lassen vermuten, dass es weder den versprochenen "Dialog" mit Katalonien, noch einen "Linksschwenk" geben wird, sondern er erneut die Nähe zu den rechten Ciudadanos sucht.
Allerdings blinkt er derweil wieder links, lässt seine Ministerinnen wilde Ankündigung machen, die sogar einen Kohle- und Atomausstieg versprechen und gibt sich international als Flüchtlingsretter. Als eine erste wichtige Entscheidung hat er die Aufnahme der Flüchtlinge auf dem Rettungsschiff Aquarius angekündigt, das nun auf Kurs nach Valencia ist.
Kultusminister musste wegen Steuerhinterziehung zurücktreten
Doch seine kurze Regierung wird auch schon von einem ersten Skandal überschattet. Dass die Ernennung des Kultusministers kein Glücksgriff war, ist längst auch Sánchez klar. Màxim Huerta war schon mit frauenfeindlichen, rassistischen und katalanophoben Tweets aufgefallen. Die hat er zwar nach der Ernennung gelöscht, sie wurden aber gesichert. "Ich scheiße auf den verhurten Unabhängigkeitsbefürworter", hatte er zum Beispiel erklärt oder gefragt, ob es "in Frankreich nur noch Schwarze gibt". Nun wurde bekannt, dass er ein Steuerhinterzieher ist und im vergangen Jahr in zwei Verfahren verurteilt wurde, da er 220.000 Euro hinterzogen hat. Im Knast landete er nicht, da in Spanien das erst strafbar ist, wenn man mehr als 120.000 in einem Jahr hinterzieht.
Das könnte nun ein Ansatzpunkt sein, an dem der Sozialdemokrat Sánchez Hand anlegen könnte. "Es kann keine demokratische Regeneration geben, wenn wir die Namen derer nicht kennen, die Steuern hinterzogen haben. Das ist die Verantwortung von Rajoy", hatte Sánchez einst erklärt Er hatte jetzt die Möglichkeit, einen Fehler zu korrigieren. Die Zeichen, dass er Huerta schasst, standen zunächst eher schlecht, obwohl auch die Podemos-Unterstützer die sofortige Entlassung fordern. Denn die rechte Hand von Sánchez hatte sofort eine Erklärung gefunden, die man viele Jahre über von den korrupten Vorgängern der PP gehört hatte. Er habe ja seine Strafe bezahlt, habe keine Schulden mehr beim Finanzamt und damit sein "Problem gelöst", erklärte Adriana Lastra. Zunächst sah es auch so aus, als würde auch Sánchez an ihm festhalten, denn aus dem Regierungspalast tönte es zunächst, man habe die Erklärungen des Steuerbetrügers als "fundiert" akzeptiert.
Was dann im Laufe des Nachmittags geschah, ist noch unklar. Klar ist, dass sich Sánchez schwer damit tat, den Fehler zu korrigieren, einen Betrüger zum Minister gemacht zu haben. Doch letztlich schmiss er ihn doch aus dem Kabinett. Huerta durfte offiziell zurücktreten: "Ich gehe, damit der Lärm der Meute nicht das Projekt von Sánchez zerstört." Noch am Vormittag hatte er den Rücktritt kategorisch abgelehnt. Er wurde der Minister, der bisher die kürzeste Zeit auf einem solchen Posten weilte.
In seinem Grusel-Kabinett findet sich aber auch der Innenminister Fernando Grande-Marlaska, der auf einem solchen Posten ebenfalls nicht für das Bild der Erneuerung steht. Denn Grande-Marlaska ist tief im Foltersumpf verstrickt und erinnert eher an die Zeit, als unter der PSOE die staatlichen Todesschwadrone GAL unterwegs waren und Menschen bis zum Tode folterten und dann in ungelöschtem Kalk verschwinden ließen. In sechs von neun Fällen, in denen Spanien seit 2004 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen Folter und Misshandlungen verurteilt wurde, standen die Gefangenen unter dem Schutz dieses Ermittlungsrichters.
Daran hatte die Anwältin Amaia Izko nach dessen Ernennung sofort erinnert, die vor dem Gerichtshof schon einige Klagen gegen den spanischen Staat gewonnen hat. Und der Ermittlungsrichter, der später von der PP in den Justiz-Kontrollrat gehoben wurde, hat nicht gegen Folterer ermittelt
Mit dem Außenminister Josep Borrell gibt es noch einen zweiten rechten Hardliner, der einer Regenerierung im Weg steht. Er saß schon in der Regierung unter Felipe Gonzalez, als die GAL für die Regierung tödlich aktiv war. Und auch er war einst in einen Betrugsskandal mit zwei seiner engsten Mitarbeiter und seiner früheren Frau verwickelt und musste deshalb als PSOE-Präsidentschaftskandidat zurücktreten. Borrell ist ein Ultranationalist, der Katalonien "desinfizieren" will, ist Mitglied der sogenannten "Katalanischen Zivilgesellschaft" SCC, die von der faschistischen Gruppe Somatemps gegründet wurde und immer wieder mit gewalttätigen Altnazis und Neonazis in Katalonien demonstriert.