Steuerprüfer ohne Grenzen

OECD-Länder. Dunkelblau: Gründungsmitglieder. Mittelblau: Weitere Mitglieder. Karte: Cflm001 / Emuzesto / Simon Eugster / Vardion. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Finanzbeamte aus entwickelten Ländern sollen Entwicklungsländern helfen, ihre Einnahmen zu steigern

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Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und das United Nations Development Programme (UNDP) haben am 13. Juli in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba die Initiative "Tax Inspectors Without Borders" (TIWB) vorgestellt. In ihrem Rahmen reisen Helfer aus den 35 OECD-Ländern (und aus anderen Ländern, wie man beim UNDP gegenüber Telepolis betont) in Entwicklungsländer, wo sie der örtlichen Finanzbeamtenschaft helfen sollen, das Steueraufkommen zu erhöhen.

Die Helfer können sich online bewerben. Leser, die hoffen, auf diese Weise alte Rechnungen mit international tätigen Telekommunikationskonzernen oder Hardwareherstellern begleichen zu können, werden allerdings enttäuscht sein: Die OECD nimmt nämlich ausschließlich Experten, die mindestens fünf Jahre Erfahrung als Steuerprüfer oder in einer ähnlichen Rolle mitbringen. Dabei hat man vor allem pensionierte Finanzbeamte im Auge - aber auch aktive dürfen sich bewerben, wenn ihr Arbeitgeber das erlaubt. Jede TIWB-Hilfe dauert mindestens eine Woche. Typisch sollen acht bis 12 Wochen Unterstützung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten sein.

OECD-Länder. Dunkelblau: Gründungsmitglieder. Mittelblau: Weitere Mitglieder. Karte: Cflm001 / Emuzesto / Simon Eugster / Vardion. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Vor dem Start des Programms wurde es erfolgreich in mehreren Pilotprojekten und von anderen Organisationen getestet: In der Pressemitteilung hebt man dabei Kolumbien hervor, wo TIWB ein Pilot-Steueraufkommen innerhalb von drei Jahren angeblich verzehnfachen konnte. Ähnlich erfolgreich war die United States Agency for International Development (USAID) in El Salvador: Sie holte in sechs Jahren mit 5,3 Millionen Dollar Aufwand 350 Millionen Dollar pro Jahr an Mehreinnahmen heraus.

In Burundi - einem Land, dessen Zoll- und Steuerbehörde 2010 die von Transparency International zusammengestellte Liste der korruptesten Organisationen und Einrichtungen in Ostafrika anführte - gelang es mit Hilfe des britischen Department for International Development (DFID), die Einnahmen vom Januar bis zum Juni 2011 um 37 Prozent und von Juli bis September um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau zu steigern. Im Nachbarland Ruanda, wo das DFID an der Ausarbeitung von Steuergesetzen und -vorschriften mitwirken konnte, gelang innerhalb von zehn Jahren eine Versechsfachung des Aufkommens. In Äthiopien, wo das DFID am Kapazitätsausbau der Steuerbehörden mitwirkte, vergrößerten sich die Steuereinnahmen zwischen 2010 und 2017 um 87 Prozent.

Ein Schwerpunkt des TIWB-Programms sollen internationale Steuerangelegenheiten sein. Angeblich hat man bei der Bekämpfung von Verrechnungspreismissbrauch bereits Erfolge erzielt: In einem nur als "Country A" bezeichneten Land sollen für jeden in die Überprüfung gesteckten Dollar 170 Dollar an zusätzlichen Steuern zurückgeflossen sein. Dass TIWB-Helfer den Missbrauch durch Steuervermeidungsmodelle wie dem Dutch Sandwich und dem Double Irish unterbinden können, ist allerdings wenig wahrscheinlich: Das gelang auch in Europa nicht, so lange die Politik nicht mitspielte.

Besonders willkommen sind dem TIWB-Programm Spezialisten für die Bereiche Bodenschätze, Finanzdienstleister, Telekommunikation und Elektronischer Handel. Aber auch erfahrene Beamte aus anderen Bereichen können beispielsweise bei der Auswahl von Fällen, die man genauer überprüft, helfen - damit vermieden wird, dass knappe Ressourcen in Arbeit gesteckt werden, die absehbar zu nichts führt. Und beim Austausch von Überprüfungstechniken könnten vielleicht nicht nur Steuerprüfer in Entwicklungsländern etwas lernen, sondern auch die Helfer.

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