Stirbt Russlands Kohleindustrie an westlichen Sanktionen?

Borodino, Region Krasnojarsk, Russland: Offener Grubenbergbau bei der Sibirischen Kohleenergiebehörde (SUEK). Ein Mitarbeiter überprüft den Baggerrotor

(Bild: Alexander Manzyuk / Shutterstock.com)

Russlands Kohlesektor steckt in der Krise. Über die Hälfte der Unternehmen schreibt rote Zahlen, Zechen schließen, Kumpel streiken. Doch der Westen könnte die Rettung sein.

Der Kohlebergbau in Russland leidet am stärksten unter Sanktionen. Über die Hälfte der Kohleunternehmen ist unrentabel, sodass es zu Hungerstreiks und Zechenschließungen kam. Jetzt scheint sich Licht am Ende des Tunnels abzuzeichnen. Der größte Abnehmer China erhöhte seine Kohleeinfuhren aus Russland wieder. Dazu könnten Sanktionserleichterungen dafür sorgen, dass möglicherweise wieder Kohlezüge nach Europa rollen.

Kohleindustrie mit enormen Verlusten

Der Anteil der Unternehmen im Kohlebergbausektor mit Verlusten stieg innerhalb nur eines Jahres nach Daten von Rosstat von 31,5 Prozent 2023 auf 53,3 Prozent 2024 gestiegen. Das markiert den Spitzenplatz unrentabler Unternehmen im Bergbausektor und in allen anderen Wirtschaftszweigen in Russland.

So betrug der Anteil unrentabler Unternehmen im Bergbausektor im letzten Jahr im Vergleich dazu 34,1 Prozent gegenüber 31,4 Prozent 2023. Auch in anderen Wirtschaftszweigen wie in der Elektrizitäts- und Gasbranche oder im Groß- und Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen und Motorrädern stieg die Verlustquote, aber erreichte nicht das hohe Niveau wie die Kohleindustrie.

Der Gewinn in der Kohleindustrie sank 2024 um 68,3 Prozent auf 140,4 Milliarden Rubel, und die Verluste stiegen um das 2,6-fache auf 253 Milliarden Rubel. Damit war das Finanzergebnis, Gewinn abzüglich Verluste vor Steuern, mit 112,6 Milliarden Rubel im Minus. 2023 war es mit 374,7 Milliarden Rubel im Plus.

Sanktionen und Wirkungen

Westliche Sanktionen gegen russische Kohle und Schwierigkeiten bei der Suche nach alternativen Käufern in Asien hätten die Region Kemerowo, die wichtigste Kohleförderregion in Russland, in eine schwere Krise gestürzt, berichtete die Moscow Times am 3. März. Auf diese Region entfielen rund 60 Prozent der gesamten Steinkohleproduktion des Landes und rund 80 Prozent der Kokskohle.

Aufgrund finanzieller Probleme hätten acht Kohleunternehmen in der Region ihren Betrieb eingestellt, und mehrere Hundert Bergleute hätten seit Monaten keinen Lohn erhalten. Das berichtete Gouverneur Ilja Seredjuk bei einer Sitzung des Kusbass-Parlaments.

"Wir arbeiten unter schwierigsten Bedingungen. Aufgrund der Sanktionen westlicher Länder verändert sich die Struktur unserer Export- und Importlieferungen. Der Preisverfall auf den Weltmärkten, Probleme beim Kohleexport, Personalmangel und ein erhöhter Leitzins sind zu einer ernsthaften Herausforderung für die Kohleindustrie geworden", sagte Seredjuk und betonte, dass "viele Kohlebergbauunternehmen eine negative Rentabilität verzeichneten".

Noch im letzten Herbst hatte er abgestritten, dass die Sanktionen sich auf die Arbeit der Kohleunternehmen im Kusbass nicht auswirken würden. Zugleich kam es zu Hungerstreiks, weil Löhne nicht gezahlt wurden, worüber russische Medien im letzten Oktober berichteten. Jetzt scheint sich eine Art Licht am Ende des Tunnels abzuzeichnen, indem der größte Kohlekunde China wieder mehr russische Kohle importiert und Gerüchte über Sanktionslockerungen umgehen.

China mit Rekordwert

In den ersten beiden Monaten dieses Jahres legten die russischen Kohlelieferungen nach China zu und erreichten einen Rekordwert von 76 Millionen Tonnen, sprich eine Million Tonnen mehr als im Vorjahr. Darüber informierte das Institut für Energie und Finanzen IEF am 7. März auf Telegram. Im vergangenen Jahr hatte China den Kohlebezug aus Russland um 7,8 Prozent von 102 im Jahr 2023 auf 94 Millionen Tonnen Kohle eingeschränkt, während die Kohleimporte insgesamt zugelegt hatten.

Die IEF-Analysten führten den Importanstieg jetzt auf Chinas-Absicht zurück, Kohle zu erwerben, bevor der Preis auf den Weltmärkten steigt. Seit März sind die Kohlepreise gefallen, auch für die australische Sorte Newcastle, was sich negativ auf die Rentabilität des Kohlebergbaus in China auswirke und den Import aus Russland stimuliere.

Geflüster um Sanktionslockerungen

Im Verlauf der russisch-amerikanischen Bemühungen zu einem Frieden zwischen Russland und der Ukraine kamen Medienberichten zufolge zudem Gerüchte über Sanktionslockerungen auf. Im März hieß es etwa bei Reuters, dass die US-Regierung derzeit Möglichkeiten zur Lockerung der Sanktionen gegen den russischen Energiesektor prüfe.

Dies sei Teil eines umfassenden Plans, der Washington in die Lage versetzen soll, rasche Hilfe zu leisten, falls Moskau sich bereit erklärt, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Dies hätten zwei Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, geäußert. Diese Hilfe würde dem gebeutelten Kohlesektor sehr entgegenkommen.

Wenn dann auch wieder Kohlezüge gen Westen nach Europa rollen könnten, wäre das ein Hauptgewinn. Das setzt allerdings voraus, dass die Europäische Union den USA folgt und ihre Sanktionen gegen russische Kohleimporte aufhebt.