Teilmobilmachung in Russland: So sieht Eskalationsdominanz aus

Seite 2: Ist der Regierung und ihren "neuesten Erkenntnissen zu Corona" zu trauen?

Man mag es als Journalist ja nicht so sehr, wenn im letzten Moment eine Recherche gekippt wird. Am gestrigen Dienstag aber war das ganz gut. Und das kam so: Zu Wochenbeginn hatten wir beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Anfrage zur Hospitalisierungsrate nach Corona-Infektion gestellt.

Denn das BMG hatte mit aller Macht seiner Deutungshoheit (und mit Hilfe von ein paar Grafikern der Agentur Scholz & Friends Berlin) Datenblätter erstellt, auf denen sich in deren letzter Ausgabe diese Aussage fand: "Etwa zehn Prozent der in Deutschland erkrankten Personen werden aufgrund eines schweren Covid-19-Verlaufs im Krankenhaus behandelt." Klare Aussage zur Rate also. Und alles im Präsens.

Damit lagen das BMG und die mitzeichnenden Institutionen, unter ihnen das Robert-Koch-Institut, krass daneben. Denn die Quelle ist fast ein Jahr alt. Die Daten hinter der Aussage sind bis zu zwei Jahre alt.

Wir hatten also am Montag angefragt und gestern vormittags sollte der Text online gehen. Und siehe da: Kurz vor Publikation war der fragliche "Fakten-Booster" aus dem Netz verschwunden. Kurzer Anruf beim Ministerium: Ja, nach seiner Information sei das Dokument offline genommen worden, so der Sprecher, der am Vortag noch recht ausweichend auf unsere Anfrage geantwortet hatte.

Am Nachmittag dann die Nachricht vom Ministerium. Der Satz sei "missverständlich formuliert" gewesen. Man habe die Kampagne korrigiert. Der dritte "Fakten-Booster ist nach wie vor offline.

Es bleiben Fragen. Einige davon haben wir dem Ministerium gestellt, aber (noch) keine Antwort erhalten: Genügt es, eine Berichtigung über eine Mailingliste zu versenden, wenn die Falschinformation für Millionen Euro Steuergelder schon republikweit geschaltet wurde? Was wird an der Qualitätskontrolle verändert? Die Opposition hat dazu ein paar Worte zu sagen. Was, das lesen Sie demnächst Telepolis.

Die Sache zeigt übrigens auch die Bedeutung unabhängiger, oder, wenn Sie so wollen, alternativer Medien. Denn offenbar hat kein Nutznießer der fünf Millionen Euro schweren Anzeigenkampagne mit Falschinformationen zur Korrektur der Sache beigetragen.

Es war der Handelsblatt-Journalist und Blogger Norbert Häring, der auf den Fehler hingewiesen hat. Es war das Online-Magazin hintergrund.de, mit dem Telepolis zusammenarbeitet, das den Fall aufgegriffen hat.

Und es waren womöglich unsere Anfragen. Oder, wie das Bundesgesundheitsministerium schrieb: "Aufgrund von Hinweisen Dritter hat das BMG die Kampagne korrigiert."

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