Tornado-Nachfolge: Teuer und gefährlich für uns alle

Seite 2: F-35 schlägt F-18

Wie bereits angedeutet: Schon als Verteidigungsministerin Christine Lambrecht Anfang des Jahres die gesamte Tornado-Nachfolge noch einmal einem Prüfauftrag unterzog, war eigentlich klar, dass die bisherige Festlegung keinen Bestand haben dürfte. Am Ende seiner Regierungserklärung, die vor allem aufgrund des 100 Mrd. Euro Sondervermögens für die Bundeswehr im Gedächtnis bleiben dürfte, beendete Kanzler Scholz mit einem letzten Halbsatz faktisch die Debatte um die Tornado-Nachfolge: "Der Eurofighter soll zur electronic warfare befähigt werden. Das Kampfflugzeug F-35 kommt als Trägerflugzeug in Betracht."

Diese Entscheidung wurde dann vorgestern auch offiziell bestätigt: Es sollen nun 35 F-35 für die Nukleare Rolle und weitere 15 Eurofighter für die Elektronische Kampfführung angeschafft werden. Nach der Ankündigung, den Geldhahn für die Bundeswehr sperrangelweit aufzudrehen, scheinen nun genug Mittel vorhanden zu sein, um so ziemlich alle Interessen auf einmal zu befriedigen.

So werden hiermit einmal die Interessen von Airbus und seinem Betriebsrat bedient, die nun 15 Eurofighter zusätzlich verkaufen können, die sie aber erst noch teuer für die Fähigkeit zur Elektronischen Kampfführung aufrüsten müssen, über die die F-18 bereits verfügt hätte.

Gleichzeitig stellt der Mittelabfluss in die moderne F-35 keine Gefahr mehr für das FCAS dar, weil Scholz für dessen Finanzierung in seiner Regierungserklärung vom 27. Februar faktisch ebenfalls eine Entwicklungsgarantie abgab:

Darum ist es mir zum Beispiel so wichtig, dass wir die nächste Generation von Kampfflugzeugen und Panzern gemeinsam mit europäischen Partnern – und insbesondere mit Frankreich – hier in Europa bauen. Diese Projekte haben oberste Priorität für uns. Bis die Flugzeuge einsatzbereit sind, werden wir den Eurofighter gemeinsam weiterentwickeln.

Und die Luftwaffe erhält ihr ersehntes topmodernes Kampfflugzeug – Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz:

Auf Putins Aggression gibt es nur eine Antwort: Geschlossenheit in der Nato und glaubwürdige Abschreckung. Gerade deshalb ist die Entscheidung für die F-35 ohne Alternative. Die F-35 ist das modernste Kampfflugzeug weltweit, viele unserer europäischen Partner haben sich ebenfalls für dieses Flugzeug entschieden. Es stärkt unsere Fähigkeit, gemeinsam mit ihnen den Nato-Luftraum zu sichern und das Bündnis zu verteidigen.

Mit der F-35 beschaffen wir ein marktverfügbares Kampfflugzeug der 5. Generation. Auf dem Markt verfügbare Systeme sind beispielgebend für eine Beschleunigung der Modernisierung unserer Streitkräfte. Zusammen mit der Weiterentwicklung des Eurofighters für den Elektronischen Kampf machen wir einen wichtigen Schritt, um die Luftwaffe und damit die deutschen Streitkräfte für die Zukunft aufzustellen.

Bei der vorgestrigen Entscheidung handelt es sich also um eine Art Maximallösung aller infrage stehenden Varianten, die vor allem eins werden dürfte: teuer.

Kostenfresser

Ein konkretes Preisschild klebt noch nicht am geplanten F-35-Ankauf – ein Blick auf vergleichbare Deals mag aber helfen. Als aktueller Preis wird gerne auf Angaben von rund 80 Mio. Dollar verwiesen, also etwa 73 Millionen Euro. Das ist in etwa die Kragenweite, die Polen mit 87 Mio. Dollar pro Stück für seine 32 Anfang 2020 georderten F-35 bezahlen muss, macht 2,784 Mrd. Dollar.

Üblicherweise wird dabei aber gleich noch eine Art kostspieliges Servicepaket dazu gebucht, was den Gesamtpreis im Falle von Polen auf insgesamt 4,6 Mrd. Dollar oder 143 Mio. pro Einheit hochschnellen lässt.

Berichten zufolge dürfte Deutschland wohl die aktuell in Entwicklung befindliche aufgebohrte F-35-Variante Block 4 ordern. Über die hieß es allerdings bereits Mitte letzten Jahres, für sie sei mit deutlichen Preissteigerungen zu rechnen.

Von dieser F-35-Variante orderte Finnland im Februar 2022 64 Stück zu einem Gesamtpreis von 9,4 Mrd. Dollar (inklusive "Servicepack"), was aufgrund der hohen Bestellmenge einen Gesamtstückpreis von 147 Mio. Dollar ergab. Insgesamt scheinen die Verträge aber doch sehr zu schwanken, Norwegen zum Beispiel bestellte kurz zuvor im Januar 2022 52 F-35, konnte aber nur einen Gesamtpreis (also inklusive "Servicepack") von 197 Mio. Dollar pro Einheit aushandeln.

Wie auch immer: Als eigentliche Kostenfresser dürfte sich die langfristigen Wartungskosten für die fehleranfällige F-35 erweisen, die Verträge scheinen so gestrickt zu sein, dass diese nur die ersten zehn Betriebsjahre beinhalten (und hier wohl auch nicht alles).

Bereits im Juli 2021 berichtete das U.S. Government Accountability Office, eine Art US-Rechnungshof, über perspektivisch deutlich steigende Wartungskosten. Schon haben erste Besteller ihre Prognosen nach oben korrigieren müssen, Dänemark etwa schraubte seine Schätzungen für die erwartbaren Wartungskosten seiner F-35 von rund 8 Mrd. auf 12 Mrd. Euro gleich 50 Prozent in die Höhe.

Die Tatsache, dass Deutschland mit nur 30 Flugzeugen eine relativ schwache Verhandlungsposition hat, legt insgesamt nahe, dass der schlussendliche Preis hier über dem Norwegens liegen dürfte. Was die tatsächlichen langfristigen Kosten anbelangt, lassen sich diese derzeit so gut wie überhaupt nicht abschätzen.

Sicher lässt sich aber sagen, dass nun mit der F-35-Eurofighter-Kombilösung die mit Abstand teuerste Variante gewählt wurde – aber das scheint wie gesagt kein Problem darzustellen, Geld für Rüstung scheint aktuell schließlich im Überfluss vorhanden zu sein.