Trump setzt auf Gentechnik zur Förderung des ländlichen Raums

Seite 3: Jedes vierte Kind auf dem Lande lebt in Armut

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Der ehemalige Düngemittelhändler und jetzige Landwirtschaftssekretär Sonny Perdue leitet die neu gebildete Task Force. Er ist mit dem Agrarbusiness und großen Nahrungsmittelkonzernen aufs Engste verknüpft. Seiner Meinung nach hinke das ländliche Amerika den städtischen Gebieten bei der Erholung von der Rezession 2008-2009 hinterher. Eins von vier Kindern auf dem Lande lebe in Armut, eine so schlechte Quote wie seit dreißig Jahren nicht mehr.

In der Task Force weiß man, dass die Entwicklung des ländlichen Raums nicht mit einer Urbanisierung gleichzusetzen ist. Man will stattdessen die vorhandenen Gegebenheiten der ländlichen Gebiete nutzen, um zu mehr Wohlstand zu kommen, das Zauberwort: Deregulierung. Denn bisher leide "Rural America" unter lästigen Vorschriften.

Perdue gab bekannt, dass die Task Force vier Arbeitsgruppen haben wird und dass ihre Mitglieder 22 Ministerien und Behörden vertreten werden. Ende Oktober wird ein erster Zwischenbericht erwartet. Die gesammelten Ideen sollen Eingang ins Landwirtschaftsbudget des kommenden Jahres finden, so Perdue.

Leere Versprechen für die Wählerschaft vom Lande?

Die neue Initiative soll der ländlichen Wählerschaft Trumps suggerieren, dass ihre Nöte wahrgenommen werden. Und dass die Werkzeuge für eine Besserung der Situation bereitstehen: Immer wieder werden die Vorteile von GVO-Kulturen für den ländlichen Raum und einer nachhaltigen Entwicklung in den USA hervorgehoben.

Doch die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen eher das Gegenteil. Eines der Hauptversprechen - die Drosselung des Pestizideinsatzes - hat sich als Fata Morgana erwiesen. GVO-Kulturen sind vor allem das Geschäft der Saatgut- und Pestizidhersteller: GVO haben die Konsolidierung der Saatgutindustrie durch Patente und Verträge vorangetrieben. Ein Großteil des Farmlands der Vereinigten Staaten ist heute mit GVO-Pflanzen wie Mais, Soja und Baumwolle bestanden, deren Anbau von Patentrichtlinien beherrscht wird - Tendenz steigend.

So werden mittlerweile 92% der 38 Millionen Hektar Maisanbaufläche der USA mit GVO- Mais bestellt. Der überwiegende Teil davon ist Mais mit gleichzeitiger Herbizid-Toleranz und insektiziden Merkmalen. Das Saatgut kommt heute zu einem großen Teil zusätzlich mit einem prophylaktischen Neonicotinoid-Beizmittelbelag aufs Feld (Neonicotinoide auf dem Prüfstand). Die Neonicotinoid-Anwendung als Beizmittel hat in den letzten fünf bis sechs Jahren stark zugenommen, insbesondere auf den Mais- und Soja-Anbauflächen.

Einige Beobachter glauben, dass sich GVO-Kulturen durchaus positiv auf ökologische und soziale Belange auswirken können, so lange sie unter Bedingungen entwickelt werden, die den Anforderungen des Umweltschutzes, den Gegebenheiten der ländlichen Gesellschaft und der Ernährungssouveränität Rechnung tragen und nicht einseitig der Gewinnmaximierung einiger weniger dienen. Doch diese Bedingungen seien in den allermeisten Fällen derzeit nicht gegeben.

Seitdem GVO auf die Felder drängen, hat sich der Grad der Industrialisierung und der Trend zu Monokulturen mit wenigen Sorten verstärkt. Die Pflanzen werden in der Folge anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Ein Bericht der National Academy of Sciences (NAS) kam im vergangenen Jahr zum Schluss, dass GVO weder die Produktivität erhöhten, noch die Intensität der Bodenbearbeitung verringerten.

Soziologische Studien untersuchen seit langem die Effekte industrieller Landwirtschaft auf den ländlichen Raum: Sie sind überwiegend abträglich für das Wohlbefinden der anliegenden Gemeinden. Das beginnt bei der durch Rationalisierung freigesetzten und dann brachliegenden Arbeitskraft, die zu Landflucht führt. GVO beispielsweise benötigen weniger Arbeitsaufwand je Hektar und reduzieren so die Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem Lande - im Gegensatz stehend zu dem, was im Trump-Dekret gefordert wird.

Die Verkörperung der Probleme der modernen industriellen Landwirtschaft ist der zunehmende Verlust der herbiziden Wirkung von Unkrautvernichtungsmitteln im Zusammenspiel mit herbizidresistenten GVO-Saaten. Die überbordende Nutzung von Glyphosat hat zu einer Unkraut-Epidemie geführt, die sich nicht länger allein damit kontrollieren lassen. Neue Lösungen der Industrie setzen auf die Reaktivierung von Altherbiziden wie Dicamba, denn die Forschung an neuen Pflanzenschutzmitteln ist teuer und aufwendig. Aus einigen Unternehmen ist sie deshalb fast verschwunden. Eine Folge: Seit 25 Jahren kamen keine Herbizide mit prinzipiell neuen Wirkmechanismen mehr auf den Markt.

Mit der Dominanz von GVO sind die Netto-Farmgewinne jetzt ähnlich niedrig wie um das Jahr 2000, doch im gleichen Zeitraum sind die Kosten für den Anbau dieser Kulturen stark gestiegen: Mehrausgaben für Land, zunehmend teurer werdendes Industrie-Saatgut, Pestizide. Kritiker glauben unterm Strich nicht, dass dies die Erfolgsformel für die Entwicklung von Wohlstand im ländlichen Raum sein kann, vielmehr würden die Landwirte zunehmend durch starke wirtschaftliche Interessen ausgequetscht.