Türkisches Militär für Waldbrände im Nordosten verantwortlich

Seite 2: Vom Verschwinden Oppositioneller, neue Foltervorwürfe und harte Gerichtsurteile

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In letzter Zeit mehren sich Berichte, dass Oppositionelle bei Polizei-oder Militäraktionen "verschwinden". Die Südwestpresse berichtet, dass es allein in Ankara seit Januar elf solcher mysteriösen Entführungen gab. Diese Berichte wecken Erinnerungen an die 1990er Jahre: Damals wurden in der Türkei hunderte Menschen entführt. Fast 1.400 Fälle von "Verschwindenlassen" sind aus jenen Jahren dokumentiert, so die SWP:

Die Opfer waren vor allem kurdische und linke Bürgerrechtler. Manche fand man Tage, Wochen oder Monate nach ihrer Entführung tot in irgendeinem Straßengraben, oft mit Spuren von Folter. Andere Entführungsopfer blieben bis heute verschollen.

Südwestpresse

Aus der Provinz Hakkari, im Dreiländereck Türkei/Irak/Iran wird berichtet, dass die türkischen Einsatzkräfte, bestehend aus Militär und Spezialeinheiten, zahlreiche Bewohner des Dorfes Şapatan festgenommen und gefoltert haben. Anlass war ein Gefecht zwischen türkischen Einheiten und der Guerilla, bei dem am 6. August ein Polizist getötet wurde. Kurz danach überfielen Polizei und Militär das rund 1.000 Einwohner zählende Dorf und misshandelten ihre Bewohner.

Rund 100 Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, sollen nach Berichten der Partei HDP, die eine Delegation in das Gebiet entsandte, auf dem zentralen Dorfplatz zusammengepfercht und anschließend von den Sicherheitskräften verprügelt worden sein. 36 Personen wurden ohne Angabe von Gründen festgenommen und auf die örtliche Polizeistation gebracht. 20 der Festgenommenen wiesen nach ihrer Entlassung schwere Folterspuren auf.

Unter den Folteropfern befindet sich auch eine 89 Jahre alte Frau. Ihnen allen wird ohne Beweise vorzulegen pauschal vorgeworfen, die PKK unterstützt zu haben. Eine weitere Form der Demütigung ist die Schändung und Zerstörung von Friedhöfen. Der Bezirk Derik in der Provinz Mardin war bis zum Genozid 1915 ein überwiegend armenischer Bezirk. Bis heute existieren in der Region zahlreiche armenische Friedhöfe und Kultstätten. Nach 100 Jahren sind auch sie heute von der Zerstörung bedroht.

Der Forscher Eyyüp Güven berichtet, dass die Armenier seit mindestens 400 Jahren in diesem Gebiet lebten - also lange bevor die Turkvölker einfielen. Heute gäbe es nur noch eine Familie, die hier wohnt. Vor 1915 waren es Tausende. Es gab vier große armenische Friedhöfe in Derik. Der Friedhof von Dêra Sor (Mezelê Dêra Sor), der Friedhof von Newalê (Mezelê Dêr a Newalê), der Aşikê Remê Friedhof (Wassermühlen Friedhof) und der Korta Vinyards Cemetery (Mezelê Korta). Sie wurden alle zerstört, es sind nur noch 50 Gräber übrig. Es wurde nichts unternommen, um diese Friedhöfe zu bewahren. Nach und nach werden so durch die Bebauung der verfallenden Friedhöfe die letzten Zeichen armenischer Vergangenheit entfernt.

Auch andere Friedhöfe und Grabmale, wie z.B. die der gefallenen Guerillas oder von Kämpfern und Kämpferinnen der YPG/YPJ wurden geschändet, wie unlängst in Viransehir geschehen Menschen, die an Beerdigungen vermeintlicher PKK-Mitglieder teilnahmen, werden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Ein Beispiel dafür ist die HDP-Politikerin Nursel Aydogan.

Der Abgeordneten aus Diyarbakir wird vorgeworfen, "Straftaten im Namen einer Terrororganisation" begangen zu haben. Die Straftat war die Teilnahme an Beerdigungen von vermeintlichen PKK-Mitgliedern vor sechs Jahren. Das Gericht verhängte dafür eine Haftstrafe von mehr als viereinhalb Jahren. Aydogans Anwalt Gülec kündigte Berufung an und sagte der Presse: "Nursel Aydogan hat in ihrer Funktion als Abgeordnete an den Beerdigungen teilgenommen. Das Gericht behandelt sie trotzdem wie eine bewaffnete Verbrecherin."