US-Regierung scheitert an Blockade des Zusatzprotokolls zur Anti-Folter -Konvention

Um keine Besuche unabhängiger Beobachter in Gefängnissen oder Gefangenenlager wie dem auf Guantanamo zulassen zu müssen, wollte die Bush-Regierung das Abkommen verhindern

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Gestern hat die US-Regierung ihr Vorhaben nicht durchsetzen können, ein Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention zum Scheitern zu bringen, da die Mehrheit der Länder gestern für dessen Annahme votierten. Zusammen mit anderen Staaten wie Kuba, Iran, China oder Nigeria sollte ein Abstimmung im UN Economic and Social Council über das von Costa Rica eingebrachte und von vielen Ländern unterstützte Protokoll verhindert werden, um neue Verhandlungen beginnen zu können. Die US-Regierung wollte verhindern, dass Kontrollbesuche in amerikanischen Gefängnissen, vor allem im Gefangenenlager in Guantanamo durchgeführt werden können.

Das Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention, die neben der Folter auch andere "grausame, unmenschliche oder entwürdigende Behandlungen oder Bestrafungen" verbietet, sieht die Einrichtung eines internationalen Gremiums vor, das dem Komitee zur Bekämpfung der Folter untersteht und Untersuchungen in Gefängnissen oder anderen Orten, an denen Gefangene festgehalten werden, ausführen kann. Besuche müssen allerdings angemeldet werden, so dass betroffene Regierungen auf Vorwürfe reagieren können. Überdies ist die Teilnahme am Zusatzprotokoll auch für die Länder nicht verpflichtend, die die Anti-Folter-Konvention ratifiziert haben, so dass nur die Staaten, die das Protokoll freiwillig ratifizieren, ihre Gefängnisse für Kontrollbesuche öffnen müssten. Der Versuch der US-Regierung, dennoch das Protokoll nach zehnjährigen Verhandlungen scheitern zu lassen, anstatt es einfach nicht zu ratifizieren, ist deswegen höchstens verständlich, dass man so vielleicht nicht mit Folterländern in einen Topf geworfen werden könnte, da man ja nicht dagegen ist, sondern nur neu verhandeln wollte.

In der Abwehr internationaler Abkommen, die die USA Verpflichtungen unterwerfen und die ungebundene Souveränität des Handelns beschränken würden, scheute die US-Regierung allerdings auch bislang nicht davor zurück, damit in Reihe mit Staaten zu treten, die von ihr selbst als "Schurkenstaaten" bezeichnet und der "Achse des Bösen" zugeordnet werden. Das war so bei der Ablehnung der Verifikationsmaßnahmen für das Abkommen über das Verbot von Biowaffen oder des Internationalen Gerichtshofs. Auch jetzt war die US-Regierung einig mit Staaten wie dem Iran oder China, in denen gefoltert wird, und auch mit dem Erzfeind Kuba.

Der US-Regierung ging es primär darum, keine unabhängigen Beobachter in das Gefangenenlager Guantanamo in Kuba zulassen zu müssen. Hier befinden sich mehr als 500 Gefangene, die angeblich der al-Qaida zugehören und aus fast 40 Ländern stammen. Sie werden von den USA als "illegale Kämpfer" bezeichnet, die daher nicht den Schutz der Genfer Konventionen genießen und auch ansonsten kaum Rechte haben (Das Recht auf Willkür im Krieg). Festgehalten werden sie, ohne konkreter Taten beschuldigt zu werden. Als die ersten Bilder von der Behandlung der Gefangenen in die Öffentlichkeit gelangten, kam es zu weltweiter Kritik (Kuba Transfer). Als weiterer Einwand wurde von der US-Regierung angeführt, dass Kontrollbesuche in Gefängnissen gegen amerikanisches Recht verstoßen würden, wenn es um Gefängnisse geht, die nicht der Regierung, sondern den Bundesstaaten unterstehen.

Der Antrag der USA auf Wiederaufnahme der Verhandlungen über das Protokoll wurde gestern im EcoSoc zurückgewiesen, so dass das Protokoll nun zur UN-Vollversammlung geht. Dort muss es von einer Mehrheit gebilligt werden und tritt in Kraft, sobald es von 20 Staaten ratifiziert wurde. Von den 190 Mitgliedsstaaten haben 130 die 1989 in Kraft getretene Anti-Folter-Konvention ratifiziert.