US-Vorwahlen: Rennen praktisch gelaufen - Cruz gibt auf

Trump und Sanders siegen in Indiana - [Update: Auch Kasich steigt aus]

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Bei den gestrigen Vorwahlen im US-Bundesstaat Indiana haben Donald Trump und Bernie Sanders Siege davongetragen. Trump gewann mit 51 Prozent klar vor Ted Cruz, der darauf hin seinen Ausstieg aus dem Rennen erklärte. Mit den 57 Winner-Take-All-Delegierten, die Trump aus Indiana mitnimmt, ist der exzentrische Milliardär noch etwa 230 Wahlmänner von einer absoluten Mehrheit auf dem Nominierungsparteitag in Cleveland entfernt.

Siegt er in Kalifornien (wo er in den Umfragen mit 54 Prozent vorne liegt) und in New Jersey (wo in der letzten Erhebung 52 Prozent für ihn, 24 Prozent für Kasich und 18 Prozent für den jetzt ausgeschiedenen Cruz stimmen wollen), dann reichen ihm dafür wenige weitere Delegierte aus den Bundesstaaten Washington, Oregon und New Mexico, wo die Wahlmänner proportional zum Stimmenanteil vergeben werden. Nach dem Ausscheiden von Cruz ist jedoch gut möglich, dass er auch die ländlich geprägten Bundesstaaten Nebraska, West Virginia, Montana und South Dakota gewinnt.

Cruz hatte darauf gesetzt, dass Indiana nicht nur ein Rust-Belt-Bundesstaat, sondern in weiten Teilen auch ländlich geprägt ist. In solchen ländlich geprägten Gegenden kommt er vor allem bei religiösen Wählern gut an. Manche von ihnen waren möglicherweise verunsichert, als der ehemalige republikanische Repräsentantenhausführer John Boehner Cruz am Freitag als "Lucifer in the Flesh" - als "leibhaftigen Satan" bezeichnete und sich für Trump als kleineres Übel aussprach. Der Tea-Party-Texaner versuchte, die Charakterisierung mit dem Hinweis zu entkräften, dass ihn Boehner eigentlich kaum kenne und nur ein paar Mal mit ihm telefoniert hätte.

Bild: Zach Rudisin/CC-BY-SA-3.0

Hypothek Fiorina?

Ebenfalls seinen Ruf beschädigt haben könnte eine Geschichte des National Enquirer, auf die unter anderem Donald Trump Bezug nahm. Danach handelt es sich bei einer Person, die auf einem Foto neben mutmaßlichen Kennedy-Attentäters Lee Harvey Oswald steht, um Cruz' Vater - einem Exilkubaner, der schon unter dem Diktator Batista floh und damals noch Fidel Castro unterstützte. Beweise, dass es sich bei der Person auf dem Foto um Rafael Cruz handelt, legte die Boulevardzeitung allerdings ebenso wenig vor wie Belege für die Behauptung, Ted Cruz habe seine Frau betrogen. Trump fragte trotzdem: "Was hat er da gemacht, mit Lee Harvey Oswald, kurz bevor der starb?"

Möglicherweise schadete dem 45-Jährigen aber auch, dass er am 28. April die ehemalige HP-Managerin Carly Fiorina zu seiner Vizepräsidentschaftskandidatin machte. Fiorina, die optisch und vom Habitus her etwas an die Serienfigur Livia Soprano erinnert, war am 10. Februar aus dem Präsidentschaftsrennen ausgestiegen, weil trotz viel Präsenz und zahlreicher wohlwollender Berichte in Mainstreammedien kaum ein Vorwähler für sie stimmen wollte.

Ob Fiorina Cruz in ihrem Heimat-Bundesstaat Kalifornien mehr genutzt hätte als in Indiana, ist fraglich: Als sie 2010 kalifornische Senatorin werden wollte, verlor sie unter anderem deshalb krachend, weil ihre demokratische Gegenkandidatin Barbara Boxer im Wahlkampf thematisierte, was passierte, nachdem die Italo-Amerikanerin HP-CEO wurde: Sie setzte 30.000 der damals 85.000 Mitarbeiter frei, während sie sich selbst 100 Millionen Dollar und eine Luxusjacht und dem Management fünf neue Firmenjets gönnte. Trotzdem (oder gerade deshalb) verfehlte das Unternehmen Gewinnprognosen und der Aktienkurs ging in den Keller.

Die Autorennbahn von Indianapolis auf einem Plakat von 1909

Die Techniker, die sie zugunsten der Manager entmachtete, werfen ihr vor, dass sie dem IT-Konzern damals die Innovationskraft nahm und deshalb langfristig massiv schadete. Technology Review schrieb 2005, nachdem Fiorina schließlich selbst entlassen wurde, tanzten die HP-Angestellten "wortwörtlich in ihren Büros". Auf die Frage nach eigenen Fehlern meinte die entlassene Managerin lediglich, sie hätte noch früher noch mehr Leute entlassen sollen (vgl. Anti-Trump Carly Fiorina).

Auch am Wochenende machte Fiorina eine eher unglückliche Figur und stürzte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Lafayette von der Bühne. Trump fragte sich dazu, warum Cruz' ihr nicht sofort zu Hilfe eilte und scherzte: "Selbst ich hätte ihr geholfen".

Mit seiner bei einer Wahlkampfrede in Indiana vorgetragenen Metapher, China "vergewaltige" die USA, zeigte der exzentrische Milliardär erneut, wie gut er es versteht, Aufmerksamkeit zu erregen und diese für sich zu nutzen. Manch ehemaligen Arbeiter aus der Stahl- und Autoindustrie dürfte er mit dem Vorwurf gegen das ostasiatische Land aus der Seele gesprochen haben.

Dass Cruz über Trump verbreitete, der Baulöwe sei "völlig amoralisch", ein "pathologischer Lügner" und ein "Schürzenjäger", der die Wähler "ausnutzt", scheint Trump nicht geschadet zu haben. Vielleicht auch deshalb nicht, weil sich die Wähler längst an diesen Tonfall gewöhnt haben.

[Update: Am Abend meldeten US-Medien unter Berufung auf John Kasichs Wahlkampfteam, dass auch der letzte verbliebene Trump-Konkurrent bei den Republikanern das Handtuch geworfen habe. Damit steht der Milliardär praktisch als republikanischer Kandidat fest.]

Sanders trotz Sieg weiter chancenlos

Dass bei den Demokraten Bernie Sanders die Vorwahlen in Indiana (anders als die Umfragen vorhersagten) mit 52,7 zu 47,3 Prozent gewann, mindert Hillary Clintons Chancen, dort nominiert zu werden, nur sehr bedingt, weil die Delegierten nicht nach dem Winner-Take-All-System, sondern überwiegend proportional vergeben werden: Wollte er sie tatsächlich noch überholen, dann müsste er bei den noch ausstehenden Vorwahlen mit über 67 Prozent siegen und danach noch genug Parteifunktionäre und Amtsträger der Demokraten davon überzeugen, der Kandidat zu sein, der ihren eigenen Karrieren am besten nutzt. Das ist ausgesprochen unwahrscheinlich.

Bereits letzte Woche hatte der unabhängige Bewerber, der bei den Demokraten antritt, eine dreistellige Zahl an Wahlkampfhelfern entlassen und das damit begründet, dass er sich auf die Vorwahl in Kalifornien konzentrieren wolle. Liest man Sanders' Tweets mit, ergibt sich der Eindruck, dass er selbst so realistisch ist, nicht mehr mit einer Nominierung zu rechnen, und es stattdessen auf politische Verhandlungsmacht abgesehen hat.

Als Grundforderung nannte er gestern das, was der ausgebootete Bewerber Lawrence Lessig im letzten Jahr ebenfalls als Kernelement seiner Kandidatur geschildert hat: Dass das System der Politiker- und Parteienfinanzierung durch private Spender durch ein System ersetzt wird, bei dem sich weniger problematische Abhängigkeiten ergeben (vgl. Creative-Commons-Miterfinder will bei Vorwahlen der Demokraten antreten).

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