USA: Der nationale Sicherheitsapparat wurde zur Dauereinrichtung

Seite 2: General Atomics und das Geschäft mit Drohnen

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Neal und Linden Blue sind seit ihrer Kindheit unzertrennlich. Sie dienten in der Luftwaffe, kauften in Nicaragua eine Plantage, um Bananen und Kakaobohnen anzupflanzen, und stiegen in Colorado ins Immobilien-, Bau-, Erdöl- und Gasgeschäft ein. Jahre später wurde Linden Blue Spitzenmanager bei Lear Jet und Beech Aircraft. 1986 waren die Brüder in der Lage, General Atomics zu kaufen, eine Tochterfirma für Nukleartechnologie des gewaltigen Rüstungskonzerns General Dynamics, die später ausgegliedert wurde.

General Atomics wechselte mehrfach den Besitzer und wurde von einem Ölkonzern an den nächsten weitergereicht, bis Chevron zustimmte, die Firma für 50 Millionen an die Blue-Brüder abzustoßen. Das erwies sich für Letztere als ziemlich gutes Geschäft.

Unterdessen wurden die Blue-Brüder zu bedeutenden Größen im Uranbergbau und Immobiliengeschäft. In beiden Geschäftsfeldern stellten sie ihre Neigung unter Beweis, mit harten Bandagen zu kämpfen. Blues Unternehmen bekam es mit Ermittlungen wegen radioaktiver Verseuchung durch eine Uranfabrik im Indianerreservat in Oklahoma zu tun. Außerdem wurden Klagen über Uranlecks in einer geschlossenen Mine im coloradischen Golden laut. Eine weitere Stätte zur Uranproduktion in Colorado wurde von den Behörden zum Dekontaminationsgebiet erklärt. In Australien wurde das Uranimperium der Blue-Brüder beschuldigt, seine Kunden zu täuschen, um aus ungünstigen Verträgen auszusteigen.

Selbst mit General Atomics geriet Blue, wie der San Diego Reader berichtete und spätere Prozessdokumente bezeugen, kurz vor den Anschlägen vom 11. September 2001 in Schwierigkeiten, da die Firma beschuldigt wurde, Verträge zum Vorteil eines Unternehmens manipuliert zu haben, das Neal Blues Söhnen gehörte.

Doch der 11. September änderte für die Blue-Brüder alles und verwandelte ein gemischtes Geschäftsportfolio in ein Imperium - dank der amerikanischen Bundesregierung. Die Spitzen der nationalen Verteidigung und Nachrichtendienste konnten die Brüder nicht schnell genug mit Geld überhäufen und sahen über die Kontroversen um ihre Geschäftspraktiken geflissentlich hinweg.

Bewaffnte Drohnen als Ersatz für Soldaten

Es war Nicaragua, das Neal Blue zuerst auf den Gedanken von Drohnen brachte. In den 1980er Jahren wurde es bei ihm zur fixen Idee, über Wege nachzugrübeln, wie die Sandinisten, die 1979 an die Macht gekommen waren, aus dem Amt getrieben werden könnten. (Spätestens seit Linden Blues Flugzeug über Kuba zur Landung gezwungen und er dort zwölf Tage im Gefängnis verbracht hatte, waren die Blue-Brüder eingefleischte Gegner sozialistischer Bewegungen in Lateinamerika.) Neal Blue sagte einem Journalisten später, ihm sei die Idee gekommen, unbemannte Fluggeräte mit Sprengstoff zu beladen, um Treibstofflager und andere Ziele in Nicaragua in die Luft zu jagen. Der Einfall von Kampfdrohnen blieb bei ihm hängen.

1990 kaufte General Atomics den kleinen Drohnenhersteller Leading Systems. Washington hatte damals nur geringes Interesse an Drohnen, und Leading System hatte finanziell zu kämpfen, weil es seiner Zeit voraus war. Ende der 1990er Jahre, als Drohnen auf dem Balkan zur Luftüberwachung eingesetzt wurden, belebte sich das Geschäft langsam - die Vereinigten Staaten sträubten sich, mehr amerikanische Soldaten und Agenten am Boden einzusetzen als irgend nötig. Drohnen erwiesen sich als nützlicher Ersatz.

Nach der Jahrhundertwende begannen US-Luftwaffe und CIA auf die Entwicklung von raketenbestückten Drohnen zu drängen, um jedes Ziel unter Feuer nehmen zu können, das ihnen vor die Linse kam. Die Anschläge vom 11. September gaben ihrer Entwicklung enormen Schwung. Es dauerte nicht lange, da tauchte am Himmel über Afghanistan zum ersten Mal eine mit Hellfire-Raketen bestückte Predator-Drohne auf.

Dem Predator von General Atomics folgte die größere und noch schlagkräftigere Reaper-Drohne, und die auf Piloten fixierte Luftwaffe, die unbemannte Fluggeräte immer abgetan hatte, las die Zeichen der Zeit und machte sich daran, bemannte Fluggeschwader in Drohnengeschwader umzuwandeln. Heute bildet die amerikanische Luftwaffe mehr Soldaten zur Steuerung von Drohnen als von bemannten Flugzeugen aus.

Die Luftwaffe lieferte sich anhaltende Grabenkämpfe mit der CIA um die Kontrolle der staatlichen Kampfdrohnenflotte. Letztlich ging es darum, wer den Blue-Brüdern das meiste Geld geben konnte. 2013 wurde berichtet, dass Obama die meisten Drohnenoperationen von der CIA zur Luftwaffe verlagern wolle, sich also auf die Seite des Pentagons stellte, aber die CIA schlug zurück und weigerte sich, ihre zentrale Rolle bei den Drohnenschlägen aufzugeben. Unterdessen hat das Heimatschutzministerium seine eigenen Predators zum Grenzschutz erhalten, und General Atomics bekam die Genehmigung, unbewaffnete Predators ins Ausland und sogar in den Nahen Osten zu verkaufen.

Natürlich haben die Blue-Brüder und General Atomics auch ihr Bestes getan, um sich in Washington einzuschmeicheln. 2006 zum Beispiel ermittelte das Center for Public Integrity, eine gemeinnützige Organisation zur Aufdeckung von Machtmissbrauch und Korruption, dass General Atomics mehr als jedes andere Unternehmen Reisen von Kongressmitarbeitern bezahlt hatte.

Doch die Blue-Brüder sind nicht der Meinung, von der Wohlfahrt der Bundesregierung zu leben. 2011 firmierte Linden Blue als Koautor einer wütenden Kritik gegen Barack Obamas freizügige Ausgabenpolitik - während die staatlichen Aufträge für General Atomics in neue Höhen schossen. In einer Kolumne des konservativen Hudson Institute klagte Blue, dass "viele Leute, viel zu viele Leute glauben, es sei Aufgabe der Regierung, sich um sie zu kümmern".

Da General Atomics ein Unternehmen in Privatbesitz ist, sind die genauen Zahlen seiner erwirtschafteten Gewinne - und dem privaten Reichtum, der den Blue-Brüdern daraus zufällt - nicht öffentlich bekannt. Die realen Kosten der Abhängigkeit des Staats von General Atomics lassen sich hingegen bemessen, und zwar nicht nur in Dollar: Amerikas moralische Position in der Welt wurde durch die Sucht der Obama-Administration nach dem Drohnenkrieg schwer beschädigt.

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