USA: Von Putsch, Rebellion und Aufruhr
Nach der Unruhen in Washington: Muss Trump für das Geschehen mit einer Haftstrafe rechnen, wie er es für solche Fälle einst selbst einforderte? Ein Kommentar
Es war der abgewählte US-Präsident Donald Trump, der am 27. Juli 2020 über Twitter Demonstranten, die er "Anarchisten, Agitatoren oder Protestierende" nannte, vor "mindestens zehn Jahren im Gefängnis" warnte, sollten sie Bundesgebäude beschädigen. Da der Twitter-Account des Ex-Präsidenten derzeit gesperrt ist, hat der Partei-Europaparlamentarier Martin Sonneborn einen Screenshot des Tweets zur Erinnerung getwittert.
Angesichts des Sturms seiner Anhänger auf das Parlament in Washington, zu dem Trump die Menge zuvor faktisch aufgerufen hatte, müsste er eigentlich sofort wegen Aufruhrs und einem Putschversuch angeklagt werden (Liveticker zum "Putschversuch" in Washington). Alles spricht dafür, dass Trump zielgerecht auf die Vorgänge seit Wochen hingearbeitet hat, (Trump am Ende: Kommt jetzt der Staatsstreich?) ja sogar schon vor Monaten, als er schon vor der Abstimmung von einem Wahlbetrug fabulierte.
Vermutlich wird das aber nicht passieren. Dafür spricht auch das zaghafte Vorgehen gegen die gewalttätige Truppe, die ganz offensichtlich gut geplant vorgegangen ist. Dass die, die das Parlament gewaltsam gestürmt und geplündert haben, es wieder haben verlassen dürfen, ohne dabei festgenommen zu werden, spricht genauso eine klare Sprache. Es ist verstörend, dass lediglich 52 Menschen aus dem Mob festgenommen wurden, der zum Teil bewaffnet war, sogar zwei Rohrbomben wurden gefunden.
Dass Trump alles versucht hat, um auf allen Ebenen größtmöglichen Schaden anzurichten, ist auf der nationalen und internationalen Bühne längst deutlich geworden. Deshalb müsste nun alles dafür getan werden, um ihn schnellstens aus dem Amt zu jagen, um weiteren Schaden abzuwenden. Er müsste sofort für die Vorgänge juristisch zur Verantwortung gezogen werden. Möglich ist das, wie auch der britische Guardian feststellte. Trump kann direkt über den 25. Verfassungszusatz wegen Amtsunfähigkeit abgesetzt werden. Der Vorgang ist deutlich schneller als über ein zweites Empeachment-Verfahren. Die britische Zeitung zitiert auch den Verfassungsrechtler Frank Bowman, der davon ausgeht, dass Trump einen "Aufruhr geschürt" habe.
Tatsächlich haben wir nun einen Aufruhr gesehen. Er wurde sich gewaltsam öffentlich erhoben. Das ist ein anderer Vorgang als in der Region Katalonien im Nordosten Spaniens im Herbst 2017. Katalanische Politiker und Aktivisten wurden damals sogar für das Aufstellen von Wahlurnen wegen Rebellion angeklagt und schließlich wegen Aufruhr zu bis zu 13 Jahren verurteilt hat, für den Richter in ganz Europa allerdings auch keinen Hinweis fanden und deshalb Auslieferungen von Exil-Katalanen verweigerten (Wahlurnen friedlich aufzustellen, ist in Spanien nun "Aufruhr").
Klar ist auch, dass wir nun nicht einmal in Washington eine Rebellion gesehen haben, obwohl man von einem Putschversuch sprechen kann. Denn auch dabei fehlte der Einsatz von Kriegswaffen durch Militärs, wie sie beim Putschversuch 1981 in Spanien eingesetzt wurden, als die Guardia Civil das Madrider Parlament stürmte und Panzer in den Straßen auffuhren (Der letzte Putsch in Europa).
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