Trump lehnt Hilfspaket ab und fordert deutlich mehr Helikoptergeld

Doch auch gegen den Verteidigungshaushalt hat er nun ein Veto eingelegt, womit mehr als 1,6 Billionen US-Dollar zunächst blockiert sind

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Der abgewählte US-Präsident Donald Trump begnadigt verurteilte Straftäter aus seinem Umfeld wie den ehemaligen Leiter seiner Wahlkampfmannschaft Paul Manafort, der nun um eine mehrjährige Haftstrafe wegen mehrfachen Finanzbetrugs herumkommt. Darüber hinaus versucht er, zentrale Vorhaben in den USA zu blockieren.

Begnadigt hat der amtierende Präsident etwa seinen Vertrauten Roger Stone, der wegen Falschaussagen und Behinderung der Justiz zu einer Gefängnisstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt wurde. Dessen Strafe im Rahmen der Russland-Affäre hatte Trump ohnehin schon im Sommer ausgesetzt. Auch der Vater seines Schwiegersohns Jared Kushner gehört zu 49 Personen aus seinem Umfeld, die gerichtlich verurteilt wurden und die Trump nun noch schnell begnadigt hat, bevor er aus dem Amt scheidet. Darunter auch Kindermörder im Fall der vier Blackwater-Söldner, die 2007 in der irakischen Hauptstadt Bagdad ein Massaker an 14 Zivilisten, darunter auch zwei Kinder, angerichtet hatten.

Auf politischer Bühne wirft der US-Präsident der neuen Regierung - wie auch seiner eigenen Partei - Stöcke zwischen die Beine. Nachdem er schon zuvor den hart errungenen Deal zwischen Demokraten und Republikanern über das Corona-Hilfspaket in Höhe von 900 Milliarden Dollar abgelehnt hatte, kam am späten Mittwoch der nächste Schlag, mit dem der (noch) Präsident dem Land weiter seinen destruktiven Stempel aufdrücken will.

Gegen die Mehrheit

Wie auf internationaler Bühne, zum Beispiel im Fall der Westsahara oder beim US-Truppenabzug, schüttet er an allen Ecken und Enden noch Öl ins Feuer. Nun hat er auch sein Veto gegen den Verteidigungshaushalt eingelegt. Denn der Gesetzesentwurf sieht unter anderem auch vor, dass der von Trump geplante Abzug von US-Truppen aus Deutschland darüber vorerst blockiert würde. Das sei verfassungswidrig, da er der Oberbefehlshaber der Streitkräfte sei. Die Entscheidung, wie viele Soldaten wo zum Einsatz kämen, liege bei ihm.

Auch in diesem Fall versucht er eine überparteiliche Mehrheit zu torpedieren, nur weil er damit nicht einverstanden ist. Allerdings handelt es sich, wie bei seinen absurden Versuchen, die Wahlen wegen angeblichem Wahlbetrug anzufechten, nur um einen weiteren Wutanfall. Anders als bei seinen Begnadigungen dürfte das Veto keine reale Auswirkung haben.

Denn der Kongress kann das Veto mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern überstimmen und das wird voraussichtlich noch vor Jahresende geschehen. Das dürfte, angesichts der Tatsache, dass sich seine Republikaner mit den Demokraten geeinigt haben, die nächste große Niederlage für Trump sein. Es wäre das erste Mal, dass der Kongress in seiner Amtszeit ein Veto des Präsidenten kippt.

Aber Trump wäre nicht Trump, wenn er in beiden Fällen nicht auch eigene Interessen im Auge hätte. Mit dem Veto zum Verteidigungshaushalt hatte er schon im Vorfeld im Rahmen seines Streits mit Online-Plattformen wie Twitter und Facebook gedroht. Sollte eine Regel (Section 230) beibehalten werden, werde er sein Veto einlegen, drohte er. Seit längerem wollte er die Regel abschaffen, die Onlinediensten weitreichende Freiheit bietet, gegen einzelne Beiträge vorzugehen.

Sturm gegen Section 230

Die Regel wurde 1996 mit dem geänderten Communications Decency Act (CDA) eingeführt. Section 230 schützt Unternehmen wie Twitter, Facebook und YouTube davor, für Äußerungen ihrer Nutzer haftbar gemacht zu werden.

Trump und seine Anhänger behaupten, dass die großen Tech-Unternehmen im Silicon Valley konservative Ansichten auf ihren Plattformen unterdrücken würden. Die Vorwürfe wurden stärker, als Twitter und Facebook begannen, auch gegen Fake-News und irreführende Informationen zum Coronavirus und zur US-Wahl vorzugehen. Dass auch Verlautbarungen von Trump mit Warnhinweisen versehen wurden, etwa seine haltlosen Behauptungen über einen Wahlbetrug, trieben Trump schließlich zum Sturm gegen Section 230.

"Unser Land kann niemals sicher werden, wenn wir zulassen, dass sie bestehen bleibt", schrieb Trump auf Twitter. Das sei "Corporate Welfare", also ein Geschenk zur Haftungsabschirmung an die Social-Media-Giganten. Zudem sei es eine "ernsthafte Bedrohung unserer nationalen Sicherheit und der Integrität von Wahlen", versuchte er erneut seine absurden Wahlbetrugsvorwürfe zu untermauern, für die er keinerlei Beweise vorlegen kann. Sollte Section 230 nicht vollständig gekippt werden, sehe er sich zu einem Veto gezwungen, hatte er schon Anfang des Monats angekündigt und nun umgesetzt.

Natürlich wäre Trump auch nicht Trump, würde er nicht auch populistisch argumentieren und die bekannten Feindbilder bedienen. Sein Veto begründete er auch damit, dass der Gesetzesentwurf der Außenpolitik seiner Regierung und der nationalen Sicherheit widerspreche. "Es ist ein 'Geschenk' für China und Russland", schrieb Trump. In wieweit das der Fall sein soll, erklärte er natürlich nicht. Meint er vielleicht, dass China und Russland und Twitter, Facebook und Youtube kontrollieren?

Wie schon die plötzliche Anerkennung der Souveränität Marokkos über die Westsahara sind viele Republikaner über diesen Vorgang entsetzt. Das Gesetz sei seit 59 Jahren jedes Jahr verabschiedet worden, da es "für unsere nationale Sicherheit und unsere Truppen absolut notwendig ist", erklärte Senator Jim Inhofe. "Dieses Jahr darf keine Ausnahme sein", fügte der republikanische Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Senat an. Dabei ist auch Inhofe dafür, etwas an Section 230 zu ändern. Das Junktim mit dem Verteidigungshaushalt hält er für falsch. Er plädiert für eine Regelung mit einem eigenständigen Gesetz.

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses nannte das Trump-Veto einen "Akt von atemberaubender Verantwortungslosigkeit, der unseren Truppen schadet, unsere Sicherheit gefährdet und den Willen des überparteilichen Kongresses untergräbt". Die Demokratin Nancy Pelosi fügte an, Trump wolle das Land in den letzten Zügen seiner Amtszeit noch ins "Chaos" stürzen. Sie kündigt an, dass das Repräsentantenhaus das Veto schon am Montag überstimmen werde.

Es gilt als undenkbar, dass das Militärbudget im 60. Jahr erstmals nicht verabschiedet werden könnte. Insgesamt hatte Trump in acht Fällen in den vergangenen vier Jahren sein Veto eingelegt. Bisher wurde er aber niemals vom Kongress überstimmt, wie es sich nun dagegen deutlich abzeichnet.

Helikopter mit Corona-Hilfspaket

Die zweite Front, die für Trump letztlich ebenfalls im Desaster enden dürfte, ist seine Ablehnung des neuen Corona-Hilfspakets im Umfang von 900 Milliarden Dollar. Allerdings könnte er, mit seiner Weigerung das Gesetz zu unterschreiben, Millionen Bürgern zwischenzeitlich schweren Schaden zufügen. Neun Monate nachdem das erste Hilfspaket am 26. Dezember auslaufen soll, hatten sich Republikaner und Demokraten in zähen Verhandlungen auf eine Verlängerung geeinigt, die nun in Frage steht. Es handelt sich dabei um einen klassischen Kompromiss.

Aber läuft das Programm aus, würden mit einem Schlag etwa 12 Millionen Menschen jede Unterstützung verlieren. Das Paket sieht deshalb vor, ihnen bis Mitte März befristet wöchentlich 300 Dollar eine Arbeitslosenhilfe auszuzahlen, was die Republikaner eigentlich verhindern wollten. Aber auch damit soll eine Räumungswelle abgewendet werden, denn zahllose Menschen könnten ihre Mieten nicht mehr bezahlen.

Für Mietzahlungen sind im Paket zusätzlich 25 Milliarden Dollar vorgesehen. Eine Räumung droht geschätzt etwa fünf Millionen Familien, wenn das Paket nicht durchkommt. Eine Räumungswelle soll zunächst auch durch ein Mietmoratorium verhindert werden, das bis Ende Januar verlängert werden soll.

Wie im ersten Hilfspaket, das allerdings mit einem Umfang von gut 2,2 Billionen deutlich größer ausfiel, sollen nun alle Bürger mit einem Jahreseinkommen unter 75.000 Dollar einen Scheck mit Helikoptergeld von 600 Dollar unter dem Weihnachtsbaum vorfinden, 1.200 für Paare und weitere 600 für jedes Kind. Das ist die Hälfte der Summe, die auf viele Familien im Frühjahr herabgeregnet ist, um die darbende Konjunktur in der Corona-Krise zu stärken. Diese 600 Dollar, der Vorschlag kam von Trumps Finanzminister Steven, bezeichnete der aber als "lächerlich wenig".

Ein Dorn im Auge ist für Trump, dass die geplante zweijährige Aussetzung der Steuer auf Bewirtungsaufwendungen "nicht genug" sei, um der von der Pandemie schwer getroffenen Gastronomie zu helfen. Er fordert populistisch nun, sogar 2.000 Dollar pro Person, 4.000 für Paare, aus Helikoptern über den Bürgern abzuwerfen. Interessanterweise bläst er damit aber ins Horn der Demokraten. Die hatten ebenfalls höhere Direkthilfen gefordert, die aber von Trumps Republikanern verhindert wurden.

"Ich bitte den Kongress, die verschwenderischen und unnötigen Teile" des Hilfspakets sofort zu streichen. Werde ihm keine "geeigneter" Gesetzesentwurf vorgelegt, "muss die nächste Regierung ein Corona-Hilfspaket verabschieden", drohte Trump. Der bisherige Entwurf sei "eine Schande". Offensichtlich hat er allerdings nicht realisiert, dass die Posten für Entwicklungshilfe, Zuschüsse für Kultureinrichtungen und Fischerei-Auflagen, die er vor allem als Beispiele anführt, nichts mit dem Hilfspaket zu tun haben. Sie stammen nämlich aus dem parallel dazu verabschiedeten Haushaltsgesetz mit einem Umfang von 1,5 Billionen Dollar.