Über die Wirksamkeit von Flavonoiden

Wissenschaftler wollen herausgefunden haben, dass erst die Milch die Schokolade ungesund macht

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In Zeiten, in denen Verbraucher nach dem Vorbild der Tabakprozesse gegen die Lebensmittelfirmen klagen, weil ihre Produkte zur Fettleibigkeit führen und damit das Risiko von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krebs deutlich erhöhen (vgl. Massenverfettungswaffen) und ein Konzern vor den Folgen seiner eigenen Produkte warnt (Fremde fette Welt), wird vielen Süßwarenherstellern die Nachricht von der gesunden Schokolade sicher gut gefallen.

Bild: Info-Zentrum Schokolade

Aber leider sind ihre erfolgreichsten Produkte nicht die gesündesten. Pro Kopf verspeisten die Bundesbürger im Jahr 2002 rund acht Kilo Schokolade, überwiegend gefüllte Tafeln und Pralinen (vgl. Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie).

Mauro Serafini, Rossana Bugianesi, Giuseppe Maiani, Silvia Valtuena und Simone DeSantis vom römischen Istituto Nazionale di Ricerca per gli Alimenti e la Nutrizione sowie Alan Crozier von der University of Glasgow berichten in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals Nature über ihre Studie zur Aufnahme von Antioxidantien. Antioxidantien neutralisieren die freien Radikalen, die im Körper zu Zellschäden führen. Es ist seit längerem bekannt, dass in Schokolade so genannte Polyphenole enthalten sind, die sowohl die Entstehung von Krebs wie Herzerkrankungen hemmen. Dieser Stoff findet sich auch in Rotwein (vgl. In vino sanitas), er senkt den Cholesterin-Spiegel und entspannt die Blutgefäßwände. In Schokolade wurde speziell Epicatechin nachgewiesen, das die Überproduktion von Blutplättchen (Thrombozyten) bremst.

Das italienisch-schottische Team um Serafini verabreichte 12 gesunden Freiwilligen dunkle Schokolade, Milchschokolade oder dunkle Schokolade mit einem Glas Milch. Die glücklichen Versuchspersonen aßen jeweils 100g zartbittere oder 200g Milchschokolade, weil letztere grundsätzlich weniger Polyphenole enthält. Nach einer Stunde wurden die jeweiligen Blutwerte der Probanden gemessen. Dabei ergab sich, dass die Edelbitterschokolade-Konsumenten einen um 20 Prozent erhöhten Antioxidantien-Spiegel aufweisen, während bei den anderen keine Veränderung feststellbar war. Die Forscher schließen daraus, dass Milch den Organismus daran hindert, die Polyphenole aufzunehmen. Wahrscheinlich gehen die Milchproteine und die antioxidativ wirkenden Stoffe eine sekundäre Bindung ein. Milchschokolade enthält also gesundheitsfördernde Stoffe, aber sie können vom Körper nicht verwertet werden.

Alan Crozier kommentiert die Studie:

Ich kann mir vorstellen, dass dies gute Nachrichten für die Schokoholiker sind, die dunkle Schokolade bevorzugen. Aber natürlich möchte ich betonen, dass wir von einem moderaten Maß des Verzehrs sprechen! Auf der wissenschaftlicheren Ebene wirft unsere Forschung ein Schlaglicht auf die Möglichkeit, dass die Wirksamkeit von Flavonoiden [Polyphenolen] durch andere Bestandteile von Nahrungsmitteln verschlechtert oder reduziert wird. Es kann gut sein, dass weitere Lebensmittelkombinationen ebenfalls den schützenden und positiven Effekten der Flavonoide entgegenwirken.

Die Produzenten der ersten Anti-Aging-Praline (Felice) haben es wohl geahnt und verwenden nur Sojamilch als Zutat zum hohen Kakaoanteil.

Falsch ist es nun nachweislich, sein Kakaopulver in Milch aufzulösen. Die Olmeken, Azteken und Mayas scheinen es gewusst zu haben (vgl. Eieiei van Houten), denn sie mischten das Pulver der kostbaren und der Oberschicht vorbehaltenen Früchte des Theobroma Cacao nur mit Wasser, gaben dann weitere Zutaten wie Chili, Vanille oder Honig dazu und genossen besonders den Schaum. Kakao galt ihnen als Aphrodisiakum und wurde als Heilmittel gegen Angstzustände, Müdigkeit oder Fieber eingesetzt.

Widerlegt sind inzwischen einige Mythen rund um den Schokoladengenuss. High wird man vom Naschen nicht, denn obwohl Kakao die Stoffe Anadamid und Phenylethylamin enthält, die auch in Haschisch und Morphium vorkommen, müsste man für einen kleinen Rausch mindestens 20 Kilo Vollmilchschokolade auf einmal zu sich nehmen, was doch eher akute Übelkeit verursachen würde (vgl. Schokolade und Gesundheit).

Wer noch mehr über Geschichte, Geschäft und Genuss der Schokolade erfahren will, kann sich darüber noch bis 31. Oktober im Leipziger Handelshof informieren .