Ukraine-Krieg: Von Sanktionen zum Embargo

Seite 3: Politische Paralyse

Schon jetzt greifen die explodierenden Energie- und Rohstoffkosten massiv auf die Wirtschaft über. Seitdem die Liberalisierung des Gasmarktes Anfang 2021 wirksam wurde, treiben die steigenden Energiekosten die Inflation in die Höhe, energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie geraten ins Rutschen, in den ostdeutschen Bundesländern ist mit dem Ölembargo die Treibstoffversorgung gefährdet.

"Die Inflation ist nicht vom Himmel gefallen, sondern das Ergebnis von einem eklatanten Politikversagen hier in diesem Land", eröffnete Sahra Wagenknecht ihre Rede am vergangenen Freitag im Bundestag. Seit dem Beginn des Krieges würde die Zockerei regelrecht boomen, so Wagenknecht mit Blick auf Energie- und Lebensmittelkosten.

Sie verweist unter anderem darauf, dass die sozialistisch geführten Regierungen in Spanien und Portugal die Preissteigerungen mit einem Preisdeckel unter Kontrolle behalten. Die deutsche Bundesregierung hatte einen entsprechenden Ansatz in Brüssel für die gesamte EU abgelehnt.

Dieses Beispiel unterstreicht, dass es natürlich politische Handlungsspielräume gäbe, um zu verhindern, dass mysteriöse unsichtbare Hände, die angeblich irgendwelche Märkte bestimmen, zum Vorteil einzelner Branchen wie der Energie- oder der Rüstungsindustrie die gesamte wirtschaftliche Entwicklung ruinieren.

Allein, außerhalb der Linken scheint dies gegenwärtig niemand auch nur in Erwägung zu ziehen. Deren Fraktion brachte am vergangenen Donnerstag einen Antrag ein, der die Regierung aufforderte, nachdrücklich eine diplomatische Regelung des Ukrainekonfliktes zu unterstützen und Waffenlieferungen sowie die Ausbildung ukrainischer Militärs zu unterlassen. Die Obfrau im Verteidigungsausschuss, die Hamburger Linken-Politikerin Zaklin Nastic, wies darauf hin, dass zusätzliche Waffen eben nicht dazu führen, dass dieser Krieg endet (Der "gesicherte Bereich der Nichtkriegsführung").

Im Gegenteil riskiere die Bundesregierung eine gefährliche Ausweitung des Krieges, vielleicht sogar nach Deutschland. Interessant ist, dass Nastic und andere Linken-Politiker dabei die mutmaßliche Position von Olaf Scholz im Kabinett unterstützen, der selbst in der Öffentlichkeit mehrmals vor einer Ausweitung und Eskalation des Ukraine-Kriegs gewarnt hat.

Die Reaktionen auf den Linken-Antrag fielen so aus, wie es die öffentliche Debatte aktuell erwarten lässt. Die Sprecher der Regierungsfraktionen befeuerten sich in moralischer und völkerrechtlicher Rechthaberei.

Wie im berühmten Sandkasten erklärten sie sich lauthals gegenseitig, dass ja die anderen angefangen hätten und Schuld an der Situation seien. Dabei besteht in dieser Frage längst ein Konsens unter allen Fraktionen, niemand stellt die Verantwortung der russischen Regierung für diesen Krieg infrage.

Den etwas weitergehenden Fragen, welche die Linksfraktion aufgeworfen hatte, wie nämlich eine friedliche Regelung des Konflikts zu erreichen ist, welche die Gewalt in der Ukraine möglichst schnell stoppt, und wie sicherzustellen wäre, dass die EU nicht noch weiter in diesen Konflikt hineingezogen wird, gingen die Redner der anderen Fraktionen standhaft aus dem Weg.

Das Fenster für Diplomatie hat sich geschlossen, die Regierung ist bereit, der Wirtschaft und der Bevölkerung unbestimmbare Kosten zuzumuten. Die Orientierung des Kanzlers, man werde nichts unternehmen, was Deutschland "mehr beeinträchtigt als Russland", ist in diesem Zusammenhang keineswegs beruhigend.