Umdenken der US-Regierung?

Offenbar erwägt Außenminister Powell nun eine Beteiligung an einer UN-Friedensmission in Liberia, während gerade ein Gesetzesvorschlag für den Rückzug aus der UN im Repräsentantenhaus abgelehnt wurde

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bislang war die Sprachregelung der US-Regierung für eine Friedensmission in Liberia, dass man, sobald Charles Taylor außer Landes ist, möglicherweise mit einer kleinen Truppe die ECOWAS-Soldaten unterstützt und eine UN-Mission vorbereite. Keinesfalls aber wolle man sich direkt bei einer UN-Mission beteiligen (Die Bush-Regierung, das Pentagon und Liberia). Offenbar aber haben mit den Schwierigkeiten im Irak nun die Falken mit ihrer unilateralen Politik an Boden verloren und ist der Druck groß, dass die US-Regierung nicht wieder eigene Wege geht. Vom US-Außenministerium wurde bereits eine Resolution vorbereitet, die jetzt auch eine Beteiligung von US-Soldaten an einer UN-Mission vorsieht.

Die US-Regierung steht in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der UN unter Druck. Konservative fordern, dass sich die USA ganz aus der UN zurückziehen sollen. Erst am Mittwoch ist der vom republikanischen Abgeordneten Ron Paul im Repräsentantenhaus eingebrachte Gesetzesvorschlag "American Sovereignty Restoration Act" abgelehnt worden. Das Gesetz sah vor, dass die USA aus der UN austritt und ihr kein Geld mehr gibt. Immerhin stimmten 74 für diesen Gesetzesvorschlag, 350 aber dagegen.

Das Gesetz hätte auch jede Zusammenarbeit mit der UN untersagt und sogar den Vertrag von 1947 gelöst, mit das Hauptquartier der UN nach New York kam. Weder sollte es mehr Geld für humanitäre Aktionen der UN oder mit ihr zusammenarbeitende NGOs geben noch für militärische Friedensmissionen. Mitarbeitern der UN sollte die diplomatische Immunität in den USA entzogen und aus allen Abkommen oder Verpflichtungen ausgetreten werden.

Ron Paul ist texanischer Abgeordneter, ein Libertärer und verficht ein "Project Freedom". Er tritt für weniger Staat ein, auch für eine "non-nation-building" Außenpolitik und sieht sich daher von der Bush-Regierung getäuscht, die den Staat aufgebläht hat. Scharf wendet er sich gegen die Kriegspolitik der Bush-Regierung und die Macht der Neokonservativen. Die UN fördert für ihn antiamerikanische Stimmungen. Sie "verschendet nicht nur Steuergelder, sondern ist gegenüber Amerika aktiv feindlich". Außen- und Innenpolitik müssen nach Paul vollständig in der Hand der Amerikaner bleiben, die UN hingegen sei bereits der Ansatz einer Weltregierung:

Die UN will zunehmend mehr unsere Umwelt-, Handels-, Arbeits-, Waffen und Steuergesetze bestimmen. Sie will unsere Bill of Rights missachten und amerikanische Bürger in ihren internationalen Schwindelgerichtshöfen anklagen. Sie will die Macht des Kongresses über Kriegsentscheidungen übernehmen und unsere Soldaten um die ganze Welt schicken, um als UN-'Peacekeepers' zu kämpfen. Irgendwann wird sich das amerikanische Volk zwischen der amerikanischen nationalen Souveränität und einer zunehmend mächtigen UN-Weltregierung entscheiden müssen.

Trotz solcher Differenzen in den Reihen der Konservativen hat offensichtlich das Versagen der Kriegsbefürworter, die weder in Afghanistan noch im Irak Pläne zur Wiederherstellung des Friedens und zum Aufbau einer demokratischen Regierung ausgearbeitet hatten, bereits zu einem gewissen Umdenken geführt. Auch im Kongress werden die Stimmen lauter, die die Einbeziehung der Nato und der UN im Irak fordern, auch wenn das oft nur der durchsichtige Versuch ist, Kosten und Verantwortung für die von der US-Regierung betriebene Invasion auf weitere Schultern zu wälzen.

Wie die Washington Times berichtet, wurde im Außenministerium bereits eins Resolutionsentwurf ausgearbeitet, der auch die Beteiligung von US-Truppen in Liberia vorsieht. Sie sei aber noch zurückgehalten worden, weil das Pentagon sicherstellen wollte, dass die US-Soldaten Immunität gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) haben. Der Text lautet allerdings so, dass die Soldaten aller an der Friedensmission beteiligten Staaten nur deren jeweiliger Jurisdiktion unterworfen sind, wenn diese nicht das Statut von Rom ratifiziert haben. Die Resolution soll in den Sicherheitsrat eingebracht werden, falls US-Präsident Bush sich für die Entsendung von US-Soldaten nach Liberia entscheidet.

Viele Politiker sprechen sich aber derzeit nicht für einen weiteren Auslandseinsatz aus, den das Außenministerium zu befürworten scheint. Schon jetzt ist die Kapazität des Militärs durch den Irak-Einsatz am Rande und gärt es bei den Soldaten. Manche Abgeordnete, wie der Republikaner Saxby Chambliss von Georgia sehen in Liberia auch kein nationales Sicherheitsinteresse. Die Demokraten neigen eher zu einer Friedensmission. Powell will mit einem UN-Einsatz, der von Kofi Annan dringend gefordert wird, vermutlich auch die Kritiker an der unilateralen US-Politik besänftigen und dürfte wohl damit von der UN Hilfe für den Irak erwarten.