Venezuela: Ein Massaker, über das die westliche Welt nicht redet

Seite 2: Alte Rezepte und Verdrängung von Massakern

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Vor hundert Jahren, im März 1919 wies die sozialdemokratischen Reichsregierung an, dass mit Schießbefehl und Massenmord gegen streikende Arbeiter vorgegangen wurde. Arbeiterviertel wurden aus Flugzeugen bombardiert.

Es gab 1.200 Todesopfer und trotzdem wurde das Massaker lange Zeit allerhöchstens als Fußnote der Geschichte behandelt bei der Beschreibung der angeblichen Demokratie von Weimar. Der Historiker Dietmar Lange hat 2013 mit seinen Buch Massenstreik und Schießbefehl das Massaker wieder in den Blickpunkt gerückt und er hat jetzt auch eine Ausstellung dazu kuratiert.

In Venezuela aber war das Massaker von 1989 nicht vergessen. Es hat zu seinem Zyklus städtischer Kämpfe geführt. Der Aufstieg der bolivarianischen Bewegung und die Unterstützung, die sie bis heute in Teilen der armen Bevölkerung hat, ist auch aus diesem Ereignis heraus zu erklären.

Wenn die Staaten, die vor 30 Jahren zu dem Massaker in Caracas schwiegen und sich hinter die dafür verantwortliche Regierung stellen, heute die Maduro-Regierung vor Gericht bringen wollen, weil die sich weigert, bei der politischen Show um die Hilfslieferungen mitzuspielen, brauchen sie nicht auf Unterstützung der armen Bevölkerungsteile zählen.

Dass die angeblichen Hilfslieferungen eine politische Show waren, wird niemand bestreiten. So unbestritten es ist, dass in Venezuela Mangel an bestimmten Lebensmitteln und Alltagsgegenständen herrscht, so gehört die Überdramatisierung der Versorgungskrise seit jeher zum Konzept der venezolanischen Rechten , um die US-Regierung und die ultrarechten Regierungen Südamerikas auf ihre Seite zu ziehen.

Auch hier greift man auf alte Rezepte zurück. Es waren in den Jahren 1972 und 1973 Frauen der chilenischen Oberschicht, die mit leeren Kochtöpfen auf Demonstrationen klapperten und so signalisierten, es gäbe unter der sozialistischen Regierung nichts zu essen.

Diese Bilder haben 1973 wesentlich mit dazu beigetragen, dass in Chile ein Klima für den Putsch entstanden ist. Dabei hatten Komitees der armen Bevölkerung gehortete Gebrauchsgegenstände in Lagern entdeckt und der Allgemeinheit zugänglich gemacht.