Venezuela: "Riss in der internen Machtstruktur des Chavismus"

Seite 2: "Fake-News"-Vorwürfe im venezolanischen ARD-Äquivalent

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Julio Borges, vom Oppositionsbündnis Mesa de la Unidad Democratica (MUD), wertete diese Übernahme der Legislative durch die Judikative als "Staatsstreich" und warf Präsident Maduro vor, hinter der Entscheidung der Richter zu stecken, die seinem Vorgänger Henry Ramos Allup nach die venezolanische Verfassung "nach Gutdünken auslegen". Regierungsstellen und regierungsnahe Medien wie das venezolanischen ARD-Äquivalent Telesur nannten diese Vorwürfe "Fake News".

Luis Almagro, der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, berief nach der Entmachtung des venezolanischen Parlaments eine Sondersitzung des OAS-Rates ein. Vertreter Brasiliens, Kolumbiens und Mexikos äußerten öffentlich Besorgnis - und Peru zog sogar seinen Botschafter ab. Ein Vertreter der EU forderte lediglich Klarheit darüber, wann in Venezuela wieder gewählt wird, während ein Sprecher des US-Außenministeriums die Gerichtsentscheidung als "Usurpation" und "ernsthaften Rückschlag für die Demokratie" verurteilte.

Noch kein Termin für verschobene Gouverneurswahlen

Schärfere Reaktionen aus den USA wie beispielsweise die Einstufung des Landes als "Sicherheitsrisiko" durch Präsident Obama und waren in der Vergangenheit häufig von der venezolanischen Staatsführung genutzt worden, um eine angebliche Steuerung der Opposition durch Washington geltend zu machen. Damit hatten US-Politiker Maduro Munition geliefert, ohne das zu wollen, wie Ed Krayewski in Reason konstatiert (vgl. Venezuela: Bitcoin gegen Staatsversagen).

Die gestrigen Demonstrationen der Opposition in Caracas und anderen Städten erreichten ersten Meldungen nach nicht das Ausmaß der großen Proteste von 2014. Beobachter führen das darauf zurück, dass sich Maduro und seine PSUV in der Vergangenheit weder von solchen Kundgebungen noch von ausreichend Stimmen für ein Absetzungsreferendum beeinflussen ließen, sondern stattdessen auf Zwangsmaßnahmen setzten, um trotz der weltweit höchsten Inflation und einer verheerenden Wirtschafts- und Versorgungslage an der Macht zu bleiben (vgl. Wahlbehörde in Venezuela setzt Abwahlreferendum aus und Hungerdemonstrationen in Venezuela).

Neben dem Absetzungsreferendum verzögert die Staatsführung derzeit auch die 23 Regionalgouverneurswahlen, die regulär im Dezember stattfinden hätten sollen. Einen neuen Wahltermin hat sie bislang nicht bekannt gegeben. Kritiker sehen darin einen Versuchsballon für die Verschiebung der Präsidentenwahl, die spätestens im Dezember 2018 stattfinden müsste.

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