Von Bombenbauern und Klimaverträgen

Seite 3: Zahlungsunwillig - das Verursacherprinzip scheut man in Washington, Brüssel und Berlin

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zu den negativen Aspekten des Abkommens gehört neben der unklaren Verbindlichkeit sicherlich auch, dass es weiterhin keine wirkliche Klarheit über die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen und klimafreundlicher Entwicklung in den Ländern des Südens gibt. Die Industriestaaten weigern sich, die Kontrolle über die Finanzflüsse an einen Fonds zu übertragen, Forderungen der Umweltschützer und Bürgerrechtler aus den Entwicklungsländern nach Mitsprache bei der Vergabe fanden keinerlei Gehör.

Auch der Umfang, der mit 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr ab 2020 schon sicher schien, ist nun eher ungewiss. Die Summe findet sich nur, und das auch nur in verklausulierter Form, in der langen Vorrede, aber nicht im Abkommen selbst.

Als Plus ist dagegen anzusehen, dass im Rahmen der jährlichen UN-Klimakonferenzen künftig auch regelmäßig über die durch den Klimawandel verursachten Verluste und Schäden gehen wird. Thema sollen aber eher die - sicherlich sehr sinnvollen - Frühwarnsysteme und ähnliches sein. Die Industriestaaten haben die Formulierung "Verlust und Schaden" ("Loss and Damage") aber nur unter der Bedingung zugelassen, dass sie das nichts kostet. In den Beschlüssen wird sehr eindeutig und überhaupt nicht verklausuliert festgehalten, dass es dabei nicht um Kompensation geht. Das Verursacherprinzip scheut man in Washington, Brüssel und Berlin wie der Teufel das Weihwasser. Unterm Strich also nur ein ganz kleines Plus.

Ein größeres Plus verdient die Tatsache, dass erstmalig in einem Klimavertrag davon die Rede ist, dass die globale Erwärmung auf nur 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden sollte. Allerdings ist es anders, wie die Berichterstattung zum Teil glauben machte, nicht als eindeutiges Ziel formuliert, sondern eher als eine Kann-Bedingung, die jedoch im weiteren Verhandlungsprozess noch verfestigt werden könnte.

Ein dickes Minus gibt es weiterhin dafür, dass die versprochenen Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichen, dieses Ziel zu erreichen. Nach unterschiedlicher Zählung werden sie uns eher in eine Welt führen, die im globalen Mittel 2,7 bis drei Grad Celsius wärmer als das 19. Jahrhundert sein oder in etwa 1,7 bis zwei Grad Celsius über den heutigen Verhältnissen liegen wird.

Jenseits von Paris

Immerhin aber enthält der Vertrag einige Vorkehrungen und Mechanismen, mit denen die Maßnahmen in Zukunft verschärft werden können. Und die Tatsache, dass alles nur auf freiwilligen Selbstverpflichtungen basiert, mag zwar zahnlos erscheinen, ist aber angesichts ohnehin fehlender Sanktionsmechanismen und -möglichkeiten nicht unbedingt ein Rückschritt. (Die Bewertung dieses Punktes hängt wohl letztlich vom Grad des Pessimismus des Betrachters ab.)

Sie verdeutlicht zumindest, dass der Klimaschutz ohnehin vor allem eine politische Auseinandersetzung auf der jeweiligen nationalen Ebene ist und bleiben wird. Dort muss der Einfluss der Öl-, Auto- und Energiekonzerne zurückgedrängt werden, dort muss der Ausstieg aus der Kohlenutzung und der Ausbau der erneuerbaren Energieträger durchgesetzt werden. Wie die jüngsten Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zeigen, stehen Deutschland schon in den nächsten Monaten wichtige Entscheidungen und Kämpfe bevor.